Früher, schneller und konsequenter als jeder andere europäische TV-Broadcaster hat die Viaplay Group ihr Geschäft in den letzten Jahren in Richtung Streaming umgebaut, die Expansionspläne waren enorm. 2023 hätte der Dienst eigentlich auch in Deutschland starten sollen. Diese Pläne wurden allerdings Ende vergangenen Jahres dann erstmal auf Eis gelegt, auch wenn man inzwischen einige Inhalte in Partnerschaft mit der Telekom nach Deutschland bringt.

Dass sich das Tempo der Expansion verlangsamt hat, liegt offensichtlich auch daran, dass Werbekrise und Inflation dem Unternehmen stark zusetzen. Nun hat sich die Situation noch weiter eingetrübt: Für das zweite Quartal erwartet man nun ein Minus auf EBIT-Basis zwischen 250 und 300 Millionen Schwedischen Kronen, umgerechnet also zwischen 21,5 und 25,8 Millionen Euro. Bei den Werbeeinnahmen erwartet man einen organischen Rückgang um 12 bis 16 Prozent, zudem würden generell steigende Lebenshaltungskosten auch zu geringeren Erlösen aus dem Streaming-Geschäft führen  - und Preiserhöhungen hätten auch noch die Kündigungsrate nach oben getrieben.

Dem sollte eigentlich ein Kostensenkungsprogramm entgegenstehen, das allerdings weniger schnell wirkt als man das erhofft hatte. Angesichts all dieser schlechten Nachrichten hat Anders Jensen nun seinen Rücktritt als Group CEO eingereicht, der vom Board of Directors auch angenommen wurde. Die Führung des angeschlagenen Unternehmens wurde stattdessen nun Jorgen Madsen Lindemann übertragen - früherer CEO von MTG, des früheren Mutterkonzerns von Viaplay.

Den mittel- und langfristigen Ausblick hat das Unternehmen nun erstmal kassiert - würde man den aktuellen Trend fortschreiben, dann wird der Profit aus dem heimischen skandinavischen Markt die Verluste aus dem internationalen Geschäft in diesem Jahr nicht mehr decken. Einen aktualisierten Ausblick will man bei der Vorlage der Geschäftszahlen fürs 2. Quartal am 20. Juli vorlegen.

Pernille Erenbjerg, Vorsitzende des Boards: "Die Aussichten für die Märkte, in denen wir tätig sind, haben sich erheblich und sehr schnell verändert, die Kosteneinsparungsprogramme haben die Auswirkungen nicht ausreichend abgemildert. Der makroökonomische Gegenwind erfordert, dass wir unsere Strategie anders umsetzen. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Unterhaltungsindustrie und in der Führung nordischer und internationaler Unternehmen hat Jorgen das richtige Profil, um diese Arbeit zu leiten. Die strategische Gesamtausrichtung des Unternehmens bleibt unverändert, und Jorgen wird gemeinsam mit dem Vorstand und seinem Führungsteam den Bedarf an strukturellen, operativen und kapitalbezogenen Verbesserungen für die Umsetzung der Strategie prüfen."

Anders Jensen, der das Unternehmen seit 2018 geleitet hatte, dankte sie für die "Entwicklung unseres einzigartigen Inhalte-Angebots". Der sagte, dass er "nach wie vor zuversichtlich" mit Blick auf den Erfolg des Unternehmens in der Zukunft sei. "Ich bin aber auch der Meinung, dass dem Unternehmen angesichts der aktuellen Herausforderungen am besten gedient ist, wenn ich zurücktrete, und habe mich daher entschlossen, dies zu tun." Jorgen Madsen Lindemann erklärte: "Ich kenne die Viaplay Group gut und habe die Entwicklung des Unternehmens über die Jahre natürlich genau verfolgt. Ich bin begeistert von dem enormen Potenzial der Gruppe. Ich freue mich sehr auf die Gelegenheit, die Viaplay Group durch die gegenwärtig schwierigen Zeiten zu führen und die nächste Phase ihrer Entwicklung voranzutreiben."

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