Seit Monaten wird beim Bayerischen Rundfunk an einer Reform von Bayern 2 gearbeitet. Diese Bestrebungen haben im Sommer für einige Aufregung gesorgt: Während der Sender von einer "Weiterentwicklung" sprach, fürchtete die BR-Kulturredaktion einen "Kahlschlag", weil viele lieb gewonnene Formate nicht mehr Teil des künftigen Programmschemas der Hörfunkwelle sein sollten, darunter das Büchermagazin "Diwan", das "Nachtstudio" und die "KulturWelt", die täglich um 8:30 Uhr eine halbe Stunde lang über aktuelle Feuilleton-Themen berichtete.

Tatsächlich finden sich diese Sendungen nicht mehr im künftigen Programm wieder, das Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur beim BR, am Dienstag zusammen mit Kulturchefin Ellen Trapp und dem Bayern-2-Chef Stefan Maier in einem Pressegespräch vorstellte. Vieles ist auf den ersten Blick neu, etwa eine Sendung namens "Die Welt am Morgen", die ab dem 2. April 2024, wenn das neue Schema in Kraft treten wird, montags bis freitags zwischen 6 und 9 Uhr zu hören sein wird.

Dass im Zuge dessen die "KulturWelt" wegfällt, wollen die Verantwortlichen nicht als Schwächung der Kultur verstanden wissen - im Gegenteil, schließlich sollen Kultur-Themen innerhalb der neuen Sendestrecke am Morgen künftig jeweils 15 Minuten vor der vollen Stunde einen Platz finden, also auch schon um 6:45 Uhr. Darüber hinaus ist in jeder Sendestunde ein flexibler Beitrag geplant. "Kultur in jeder halben Stunde", verspricht der BR. "Warum sollen die Leute bis 8:30 Uhr warten, bis sie Kultur bekommen?", fragt Stefan Maier und wird von seinem Programmdirektor bestärkt. "Kultur", sagt Björn Wilhelm, "darf nicht erst zum Ende der Primetime, sondern muss von Beginn an hörbar sein."

Auch sonst ändert sich vieles im Programmschema: So folgt ab 9:00 Uhr eine dreistündige Strecke mit dem Titel "Nah dran", die etwa "Radiowissen" und das "Gesundheitsgespräch" umfasst, um 14:00 Uhr soll die Sendung "Kulturleben" zudem einen festen Raum für Vertiefung und Hintergrund im Linearen bieten. Dazu zählen ein täglicher Schwerpunkt in der ersten Stunde, gefolgt von einem Kultur-Langformat und einer Art Tagesüberblick über aktuelle Kultur-Themen. Neu sind außerdem "Die Welt am Abend", die ab 17:00 Uhr als Drivetime-Show mit einer Länge von zwei Stunden angesetzt ist, sowie die Regionalsendung "Stadt Land Leute", die ab 13:00 Uhr eine Stunde lang regionale Themen aus ganz Bayern abbilden soll. Das "Tagesgespräch" bleibt indes ebenso im Programm wie der Talk "Eins zu Eins" und der "Zündfunk".

Ab 20:00 Uhr übernimmt schließlich der "Salon", der eine Stunde lang die Heimat von Lesungen, Hörspielen, Kulturpodcasts und Events sein soll. Samstags und sonntags ist diese Sendung ab 14:00 Uhr ebenfalls noch einmal einstündig im Programm von Bayern 2 zu finden. Veränderungen gibt es mit Blick auf das Religions-Format "Theo.Logik", das bislang montagabends zu hören war und nicht fortgeführt wird. Im Gegenzug ist im neuen Sendeschema jedoch sonntags ab 7:00 Uhr die zweistündige Sendung "Glauben Zweifeln Leben" vorgesehen, die der BR am Tag, an dem viele Menschen in den Gottesdienst gehen, besser aufgehoben sieht.

Investitionen in digitale Angebote

Björn Wilhelm © BR / Markus Konvalin Björn Wilhelm
Stärken will der BR indes vor allem die digitalen Angebote. So ist zusammen mit dem Hessischen Rundfunk ein Podcast zum ARD-Kulturmagazin "titel, thesen, temperamente" in Planung, zudem sollen etwa die täglichen "Kulturleben"-Blöcke zu Themen wie Literatur, Essay und Debatte in Zukunft ebenfalls als Podcasts bereitstehen. Dazu kommen ein neuer Literatur-Newsletter und Experimente bei TikTok sowie der Ausbau bereits erfolgreicher Formate, etwa des Mode-Podcasts "Iconic" mit Aminata Belli. Björn Wilhelm will das Angebot auf diese Weise "generationengerechter" machen, weil der Medienwandel unaufhaltsam sei, wie er sagt. "Dafür braucht es zwingend digitale Angebote und dafür braucht auch Geld." 

Perspektivisch sei es das Ziel, das Budget je zur Hälfte in Programme für Menschen unter und über 50 Jahren zu investieren - während aktuell noch ein Großteil des Geldes in Formate für ein älteres Publikum fließt. Und wie definiert Wilhelm künftig den Erfolg von Bayern 2? "Es kann sein, dass wir künftig auf Themen, die wir bislang zu Randzeiten gesendet haben, mehr Aufmerksamkeit lenken, Bayern 2 dadurch aber insgesamt einen schlechteren Marktanteil haben wird", räumt der Programmdirektor ein. "Aber ich habe natürlich die klare Erwartung, dass das nicht so sein wird." Er jedenfalls glaube daran, mit dem künftigen Programm Stammhörer ebenso zu erreichen wie neue Hörer.

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