Felix Wesseler © Filmpool Felix Wesseler
An diesem Montag startet Sat.1 um 18 Uhr die Neuauflage des einstigen RTL-Formats "Notruf", am 7. Mai meldet sich eine Stunde später auf dem Serienslot "Die Landarztpraxis" mit dann gleich 80 neuen Folgen zurück. Die über 100 Sat.1-Sendeminuten vor den Hauptnachrichten kommen dann aus einer Hand, von der Filmpool Entertainment, die mit Blick auf die "Auf Streife"-Re-Runs sogar an die acht Stunden Programm für Sat.1 beisteuern – und auf mehr als zehn Stunden wochentags kommen, rechnet man nächtliche Wiederholungen hinzu. Kaum zu glauben, dass es bei Filmpool vor etwa zwei Jahren selbst so eine Art "Notruf" gab: "Natürlich war es für uns ein Schock, dass wir 2022 nach über 20-jähriger Zusammenarbeit mit Sat.1 plötzlich komplett ohne Beauftragung dastanden. Im Jahr zuvor hatten wir teils noch fünf Formate beim Sender", erinnert sich Filmpool-COO Felix Wesseler, der diese Zäsur heute im Gespräch mit DWDL.de aber einen "Ansporn" nennt.

Nach dem Produktionsende von "Auf Streife", diversen Ermittler-Sendungen und der "Klinik am Südring" habe auch bei seinem Team ein Umdenken stattgefunden. "Wenn das, was wir dem Kunden bisher geliefert haben, nicht mehr das ist, was er haben möchte, müssen wir überlegen, welches andere Format wir entwickeln und produzieren können, das zur Marke und entsprechenden Zielgruppe passt." Im Falle von Sat.1, damals noch geführt von Daniel Rosemann, war das in erster Linie die hochwertig produzierte Daily "Die Landarztpraxis". "Ab Tag eins des Pitches war uns klar: Wir haben alles getroffen, was Sat.1 haben wollte. Insofern waren wir relativ sicher, dass wir eine Serie geschaffen haben, die die Sat.1-Zuschauerin sehen möchte", sage Wesseler – und die lineare wie non-lineare Resonanz gibt ihm Recht.

Früher Scripted Reality-Bude

Zusammen mit dem neuen Sat.1-Chef Marc Rasmus entstand jüngst die Idee, die Zusammenarbeit nochmals auszuweiten. Und endlich wurden sich Rasmus und Filmpool mal wieder handelseinig. "Marc Rasmus ist bekanntlich ein Freund des Factual", berichtet Wesseler und erzählt: "Früher wurden wir hauptsächlich als Scripted-Reality-Bude wahrgenommen. Wir haben uns regelmäßig getroffen, aber außer einer guten Unterhaltung kam nicht viel dabei heraus", auch wenn Geschäftsführer Vittorio Valente und er für Rasmus schon zu DMAX-Zeiten verschiedene Dokus produziert hatten. Von der neuen Sat.1-Führung vernahm die Filmpool-Entertainment-Spitze Interesse an Programmen, die echte Geschichten möglichst hochwertig erzählt.

Geboren war somit quasi die Neuauflage von "Notruf", dem RTL-Klassiker, von dem sie sich jedoch in einigen Punkten unterscheidet. Die Einsätze werden künftig von Schauspielerinnen und Schauspielern nachgespielt – die echten Rettungskräfte kommentieren aber ihre Einsätze. In Sachen Moderation folgt mit Bärbel Schäfer eine ebenfalls frühere RTL-Talkshow-Legende auf Hans Meiser. "Sie zeigt bei uns eine enorme Belastbarkeit, da merkt man sehr die Daily-Expertise. Und wir glauben, sie spricht die breite Masse an. Also haben wir uns eher gewundert, dass sie wirklich länger nichts mehr im Fernsehen gemacht hat", sagt Wesseler.

Auf Streife - Die Spezialisten © Sat.1 Mit unterschiedlichen "Auf Streife"-Re-Runs füllt Sat.1 wochentags noch immer viele Sendestunden.

Andere Comebacks sind derweil erst einmal nicht in Sicht – oder gar ausgeschlossen. Während RTL erst in dieser Woche mit einer "Blaulicht-Report"-Neuauflage (von RTL Studios) überraschte, gibt es in Sachen "Auf Streife" aktuell keine Pläne einer Wiederbelebung, bestätigt der Filmpool-COO. Er betont aber auch: "'Auf Streife' ist nach wie vor ein Format, an das wir glauben. Ein Format, das in der x-ten Wiederholung noch sehr solide Quoten holt. Never say Never." Nicht fortgesetzt wird zudem die zu RTLzwei abgewanderte "Südklinik am Ring", wie Wesseler bestätigt. Offen ist die Zukunft von "Full House" (Vox), das nach sehr guter erster Staffel in Staffel zwei einbrach und nur in der letzten Woche steigende Quoten verbuchte. Immerhin das gebe aber Anlass, an eine dritte Staffel zu denken, empfiehlt der Filmpool-COO.

Indes müssen Schliersee-Fans nicht mehr lange auf neue Geschichten der "Landarztpraxis" warten. Seit Ende Januar wird wieder in malerischen Orten in Bayern produziert. Vergangenes Jahr sorgte eine Mitteilung des Ortes Bayrischzell für Aufregung – die Produktion sei dort wegen der mit den Dreharbeiten einhergehenden Belastungen nicht mehr erwünscht, Drehgenehmigungen würden nicht mehr erteilt. Sat.1 fing die Aufregung schnell ein und verdeutlichte, dass gerade einmal zwei Tage lang in dem Ort gedreht wurde. Und auch Felix Wesseler sagt nun: "Wir fühlen uns am Schliersee sehr willkommen, auch in diesem Jahr. Wir lassen den Schliersee auch so schön wie er ist. Auch mit der Politik vor Ort kommen wir en gros gut aus – und auch die Gastronomen freuen sich glaube ich, dass unsere Teams und Zuschauer hin und wieder mal bei ihnen einkehren." Dass eine TV-Produktion aber immer auch eine "gewisse Belastung" sei, sei klar, gibt Wesseler zu.

 

Natürlich wollen wir als Produzent gerne immer mehr produzieren, bestenfalls eine dauerhafte Daily, wenn es gewünscht und möglich ist.

 

Belastung ist ein gutes Stichwort, denn "Die Landarztpraxis" befindet sich im Wandel. In Staffel zwei werden nun 20 Folgen mehr hergestellt. "Wir müssen uns also gut anschauen, wie wir die Geschichten erzählen, wie wir die Taktung und gleichzeitig die Wertigkeit halten." Und mehr ist definitiv möglich: "Natürlich wollen wir als Produzent gerne immer mehr produzieren, bestenfalls eine dauerhafte Daily, wenn es gewünscht und möglich ist." Zunächst bleibt's aber bei 80 Folgen, die dann im September durch die von der ndF kommende "Spreewaldklinik" abgelöst werden. Dass einige der bisherigen "Landarztpraxis"-Hauptfiguren, unter anderem die von Caro Frier gespielte Sarah König, in den neuen Folgen ein klein wenig mehr in den Hintergrund rücken und stattdessen einige neue Charaktere eher im Zentrum stehen, will Wesseler derweil nicht detailliert kommentieren. "Natürlich müssen wir den einen oder anderen Charakter neu etablieren – und das braucht Sendezeit."

Landarztpraxis S2 © Sat.1 / Marc Rehbeck Cast mit neuen Figuren: Staffel 2 der "Landarztpraxis"

Neu etablieren muss derweil auch RTLzwei eine Produktion um 18:05 Uhr. Nach über einem Jahrzehnt wird in einigen Wochen, ein genaues Datum steht noch aus, "Köln 50667" (vorläufig) zu Ende gehen. "Natürlich wollen wir den Nachfolger von 'Köln 50667' produzieren. RTLzwei war so fair, dass wir den ersten Schuss bekommen haben", erklärt Felix Wesseler nicht ohne darauf hinzuweisen, dass auch andere Firmen sicherlich gute Ideen hätten. Filmpool Entertainment habe für RTLzwei ein Programm vorbereitet, das keine Soap sei. Stattdessen warte man "mit einer bekannten Personality auf, die ihr absolut überfälliges TV-Comeback bei uns gibt", sagt Wesseler, ohne jedoch Details zu nennen.

Und ein Comeback von "Köln 50667"? Es ist kein Geheimnis, dass die Marke digital auch heute noch gut funktioniert. Wesseler spricht von einer Riesen-Community. "Heute gehen die Menschen von Social Media aber eben ohne Mediensprung oft zum Streamingdienst und schauen dort die Folgen." Auch in Sachen "Köln 50667" sei das letzte Wort noch nicht gesprochen, ist sich Wesseler sicher. Im Sat.1-Programm hat sich Filmpool ja bereits neu erfunden.

"Notruf", montags bis freitags um 18:00 Uhr in Sat.1