Bei vielen ARD-Anstalten stehen in diesen Wochen Warnstreiks auf der Tagesordnung. Immer wieder werden die Sender bestreikt, weil die Gewerkschaften ihre Forderungen durchsetzen wollen - bislang auf breiter Front ohne Erfolg. An diesem Dienstag steht zwischen Gewerkschaften und dem Bayerischen Rundfunk (BR) die siebte Verhandlungsrunde an. Parallel dazu will der BR mit den Gewerkschaften eigentlich auch über einen Bürokratieabbau verhandeln - doch diese Gespräche stocken ebenfalls gewaltig. 

Hintergrund ist eine jahrzehntealte Stellensystematik für mehrere Tausend Beschäftigte im Unternehmen. Insgesamt werden 240 verschiedene Positionen detailliert und bürokratisch beschrieben, die Rede ist hier teilweise noch von Lochkarten und Stenografie. Der BR will das nach eigenen Angaben schon länger ändern - kann das aber offenbar nicht, weil die Gewerkschaften sich weigern, in entsprechende Verhandlungen einzusteigen. 

Albrecht Frenzel © BR/Markus Konvalin Albrecht Frenzel
Nun macht BR-Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel seinem Ärger gegenüber der dpa Luft. Der Nachrichtenagentur sagt er: "Wenn wir für moderne Berufe in Medien und IT attraktiv sein wollen, dann können wir nicht mit Tarifwerken aus den 70er Jahren antreten. Eine so veraltete Systematik ist für Bewerber absolut unattraktiv. Das muss dringend modernisiert werden. Die gesamte Online-Welt ist darin überhaupt nicht abgebildet."

Nach Angaben von Frenzel hätten die Gewerkschaften zwar Verhandlungen zugesagt, die eigenständig neben den Gehaltstarifrunden laufen sollten. "Aber seither tut sich nichts. Zehn bisher angesetzte Verhandlungstermine sind jeweils abgesagt worden. Da herrscht Stillstand - entgegen den Zusagen", so Frenzel gegenüber der dpa. Frenzel kritisiert vor allem Verdi. 

Bei Verdi kann man an dem Vorgehen nichts Verwerfliches erkennen. "Die Aufnahme von Verhandlungen zur Stellensystematik tritt bis zu einem absehbaren Tarifergebnis über Tariferhöhungen erstmal in den Hintergrund", sagt Verdi-Gewerkschaftssekretärin Annette Greca gegenüber der dpa. Ende September gibt es immerhin einen nächsten Gesprächstermin für eine Reform der Stellensystematik - das ist offiziell aber keine Verhandlungsrunde, sondern nur ein "Austausch", wie Greca betont. 

Dass parallele Verhandlungen nicht möglich sind, ist auch deshalb erstaunlich, weil auch die Gewerkschaften Reformbedarf sehen. Verdi-Gewerkschaftssekretärin Annette Greca spricht von einem "stark veralteten" System und auch der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) lässt gegenüber der dpa wissen, dass die Stellensystematik beim BR "nicht mehr zeitgemäß" sei. Zuletzt hatte der BR in der Sache vor einem Jahr einen Reformvorschlag gemacht. "Wir schlagen eine radikale Vereinfachung vor. Wir wollen moderner sein und deutlich weniger Bürokratie haben", sagt Frenzel. Verdi und BJV haben diesen Vorschlag des BR bislang aber nicht bewertet.