Das Warten auf die TV-Serie „Herzogpark“, die bereits für den vorigen Herbst angekündigt worden war, hat ein Ende: Am 3. Mai geht es auf RTL+ endlich los. Sechs Folgen lang soll das Publikum dann, so das verheißungsvolle Versprechen, in die „schillernde Glamourwelt“ von Münchens High Society eintauchen, die das gleichnamige Nobelviertel im Stadtteil Bogenhausen bewohnt. Am sehnlichsten dürfte den Starttermin jene Frau erwarten, die das Serienevent angeschoben hat: Yoko Higuchi-Zitzmann.

Auch sie wohnt wie die vier Luxus-Geschöpfe Annabelle, Elisabeth, Hannah und Marie aus dieser Hochglanzstory um Kabale und Liebe in München, wenn auch nicht im Herzogpark. Weniger schillernd im Sinne von erzählenswert ist Yoko Higuchi-Zitzmanns Leben freilich nicht.

Filmproduzentin ist sie von Beruf, da ist ein gewisser Glamour-Faktor eingepreist. Auch ihr Name, der das Beste aus Japan und Bayern in sich vereint, ist nicht gerade alltäglich. Apropos Name: Wer schon beim Lesen von „Higuchi-Zitzmann“ ins Stolpern gerät wie die Interviewerin beim Sprechen mit ihr, der nehme ebenso ihr Angebot dankend an: „Einfach Yoko“ und überlese den Rest.

Bei der Letterbox Filmproduktion arbeitete also „Yoko“ mit Felix von Poser von der Amalia Film mehr als zwei Jahre an der Realisierung von „Herzogpark“. Aus der Firma ist sie inzwischen raus. Zum 1. Februar wechselte sie in die Geschäftsführung der Pantaleon Films. Um im Serienbild zu bleiben: Es ist ein Aufstieg in die High Society des internationalen Film-Biz. Sie selbst nennt es „Heimspiel“.

Yoko Higuchi-Zitzmann © Pantaleon Films / S. Finger
Ihre Ko-Geschäftsführer, Dan Maag und Patrick Zorer, kennt Yoko schon viele Jahre; man gehört zur gleichen Münchner Film-Clique. Mit Zorer arbeitete sie schon bei der Constantin Film zusammen, wo sie als Leiterin des Filmeinkaufs und internationaler Koproduktionen Kinofilme wie „La vie en rose“ auf die deutschen Leinwände brachte. So glaubt man ihr aufs Wort, wenn sie sagt: „Ich war bei der Pantaleon Films innerhalb von drei Stunden integriert und fühle mich hier sehr wohl.“

Das soll mitnichten heißen, dass sie sich in ihrer vorherigen Position unwohl gefühlt hätte oder unzufrieden gewesen wäre. „Überhaupt nicht! Im Gegenteil“, stellt sie klar, „der Abschied von der Letterbox fiel mir extrem schwer.“ Aber von der Produzentin in die Geschäftsführung „einer so dynamischen Firma wie Pantaleon Films“ zu wechseln, sei für sie „einfach der nächste logische Schritt“ gewesen: „Hier habe ich die Möglichkeit, mehr zu bewegen und auch selber zu wachsen.“

„Dynamisch“ trifft es ganz gut, was die Pantaleon Films seit ihrer Gründung vor 13 Jahren auf die Beine gestellt hat: acht Nr. 1-Hits an den Kinokassen und in Summe mehr als 13 Millionen Kino-Zuschauer, dazu internationale Streaming-Blockbuster wie aktuell „Army of Thieves“ für Netflix. Diesen Erfolg will die noch immer ziemlich junge Firma, die Teil der Pantaflix AG ist, weiter ausbauen und sich dabei von ihrem Ko-Gründer und das US-Publikum erobernden Schauspieler Matthias Schweighöfer emanzipieren. Emanzipation heißt: Schweighöfer spielt nicht mehr unbedingt in jeder Kino- und Serienproduktion mit. Und Yokos Rolle dabei?

Ihr Fokus soll auf dem Produzentischen liegen. Oder mit Stephanie Schettler-Köhler, der COO von Pantaflix gesprochen: „Mit Yoko haben wir uns auf der inhaltlichen und der Sales-Ebene enorm verstärkt.“ Ein gutes Gespür für erfolgreiche und publikumswirksame Stoffe wird der so Gelobten schon länger nachgesagt. Sie selbst führt es auf ihr vorheriges Schaffen als Einkäuferin und Händlerin zurück. Hunderte Drehbücher musste sie lesen und hunderte Filme sichten. Und so wuchs in ihr der Wunsch, selbst Filme zu machen und Produzentin zu werden.

Mit „Wolke unterm Dach“, „Oskars Kleid“ und „Geschichte der Menschheit neu erzählt“ bringt Pantaleon Films gleich drei neue, Corona-bedingt verspätete Filme in diesem Kinojahr heraus. Yoko war daran zwar noch nicht beteiligt, soll aber das Development weiterer Kino-Projekte mit vorantreiben und nicht nur die. Ihr Produzentenherz brenne auch für Serien, sagt sie: „Ich habe zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, die ich beide sehr liebe. Und genauso liebe ich auch Kinofilme und Serien gleichermaßen, ohne das eine dem anderen vorzuziehen.“

 

Die Referendarin heulte und ich dachte, das ist ja das Paradies!

 

Dass sie überhaupt in der Filmbranche gelandet ist, war nach ihrer japanischen Familientradition eigentlich so nicht zu erwarten. Anwälte und Ärzte brachten die Higuchis hervor und ihren Vater, einen Wirtschaftsmanager, der auch international tätig war. Und so kam es, dass die Familie um 1990 herum nach Deutschland übersiedelte und die achtjährige Yoko, die bis dato eine strenge Privatschule in der Kaiserstadt Kyoto besucht hatte, sich plötzlich in einer Klasse in Hamburg wiederfand, wo die Kinder auf den Tischen tanzten. „Die Referendarin heulte und ich dachte, das ist ja das Paradies“, erzählt sie lachend, „hier will ich bleiben – zumal ich plötzlich Klassenbeste in Mathe war.“ Schnell war sie „adaptiert“. Nach drei Monaten träumte sie schon auf Deutsch.

Ihr erstes, prägendes Kino-Erlebnis hatte sie mit Disneys „Dumbo, der fliegende Elefant“. Das zweite, Spielbergs „E.T.“, festigte ihren Berufswunsch. Doch die Eltern verlangten ein „richtiges“ Studium, was nicht verkehrt war. Das in Bonn, Lausanne und München erworbene Jura-Wissen konnte Yoko in ihrer ersten Anstellung beim Filmverleiher Prokino gut anbringen und auch später bei Vertragsverhandlungen für die Constantin und die Telepool.

Bei Ziegler Film, ihrer vorletzten Station, blieb sie acht Jahre. Auch heute noch staunt sie, wie die „beiden Ladys“ Regina und Tanja Ziegler sich in einer männerdominierten Branche als Produzentinnen und Unternehmerinnen über so viele Jahre erfolgreich behauptet haben. „Sie haben uns anderen Frauen viele Türen geöffnet“, sagt Yoko, „jetzt versuche ich, meine Erfahrung an die jüngere Generation weiterzugeben und die Pantaleon Films auf meine Art zu prägen.“

Nicht nur in feministischer Hinsicht scheint sie sich da einiges vorgenommen zu haben, auch in kulinarischer. Hatte sie nicht behauptet, dass „mit Sushi die Drehbuch-Ideen viel besser fließen“?

„Absolut!“, lacht Yoko. Wenn sie mit Autoren kreativ arbeite, achte sie darauf, dass sie gutes Essen bekommen. „Nur mit Leberkässemmeln kommen keine guten Ideen.“ Überhaupt wolle sie sich jetzt auch bei der Pantaleon Films um eine enge, vertrauensvolle und langjährige Zusammenarbeit mit allen Kreativen bemühen, faire Verträge inklusive: „Wir würden uns ins eigene Bein schießen, wenn wir Deals verhandelten, die die Kreativen im Regen stehen lassen.“

Ob es im Herzogpark gute Sushi gibt?

Laut Yoko auf jeden Fall tolle Italiener und einen Feinkostladen am Kufsteiner Platz, wo eben jene besagte Serie spielt, an deren Entstehung sie maßgeblich beteiligt war ebenso wie Patricia Riekel.

Muss man sich die „Herzogpark“-Erfinderin als fleißige „Bunte“-Leserin vorstellen? Geht sie regelmäßig mit der ehemaligen „Bunte“-Chefredakteurin und Serienberaterin Riekel einen Kaffee trinken? Oder wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

u.a. Yoko Higuchi-Zitzmann, Herzogpark-Präsentation © IMAGO / Future Image Regisseur Jochen Alexander Freydank, Drehbuchberaterin Patricia Riekel, Yoko Higuchi-Zitzmann und Studio-Hamburg-Chef Michael Lehmann im Februar 2020, als die Pläne für Herzogpark präsentiert wurden.

Yoko bleibt bei dieser Frage diskret. Entlocken lässt sie sich, dass die längst selbst zur Münchner Society zählende Society-Journalistin eine „absolute Menschenkennerin“ sei und überdies den Herzogpark sehr gut kenne: „Es ist ihr Viertel, ihre Hood, wo sie mit ihrem Lebensgefährten Helmut Markwort lebt.“ Die Story könnte in jeder anderen High Society spielen, es sei eine „universelle Geschichte“, für die sie nun aber diesen „sehr speziellen Ort mit seiner versteckten, geschlossenen Gesellschaft“ wählten.

In der Tat, es ist schon sehr „speziell“, wenn man in der „Bunte“ zum Beispiel nachliest, dass das teuerste Einfamilienhaus Münchens (2015 war es das zumindest noch), die Thomas-Mann-Villa an der Isarpromenade im Herzogpark, „für unglaubliche 30 Millionen Euro“ den Eigentümer wechselte. Der Investmentbanker Alexander Dibelius habe das Anwesen nach einem kostspieligen Scheidungskrieg an einen „Oligarchen“ verkauft, also an die in diesen Tag arg in Verruf geratene Spezies reicher Russe. „Verkauf stimmt, Nationalität des neuen Eigners ist falsch“, recherchierte die „FAZ“ hinterher und korrigierte damit die Darstellung des Promi-Fachblatts. Die „WirtschaftsWoche“ wiederum kriegte den Namen des Käufers heraus: Thomas Manns (ja, mit s wie schillernd!) aus Osterode im Harz. Aber Pardon, wir schweifen ab.

Yoko Higuchi-Zitzmann © Pantaleon Films / S. Finger
Reale Personen, betont Yoko, kämen nicht vor, „unsere Serie ist fiktiv“. Von zwielichtigen Immobiliengeschäften handelt sie gleichwohl schon. Ein Bau-Mogul (Heiner Lauterbach) plant Großes, und um ans Ziel zu kommen, erpresst er die von Felicitas Woll, Antje Traue und Lisa Maria Potthoff gespielten Ladys, die um ihr glamouröses Leben bangen und sich mit der Ex alias Heike Makatsch zur großen Rache verschwestern . . .

Vier Luxus-Weiber – die Konstellation der Story mag die eine und den anderen an die „Vorstadtweiber“ erinnern, jene desperate housewives aus Wien, von denen hierzulande die ARD die ersten drei Staffeln zeigte. Ein gedanklicher Transfer, den Yoko nicht mitgeht. Sie hätten (das „sie“ schließt unter anderen die Head-Autorin Annette Simon und das Drehbuch-Team um Regina Dietl mit ein) eine „Geschichte über unterschiedliche Lebensentwürfe“ erzählen wollen in einem Umfeld, „in dem Menschen viel zu verlieren haben“, nämlich in der High Society: „Es geht um den guten Ruf, um Gesichtswahrung, um gesellschaftliche Anerkennung. Es geht aber auch um viel Geld.“

Und viel Geld soll die Serie selbst natürlich auch abwerfen. Noch bevor hierzulande die erste Minute „Herzogpark“ öffentlich gezeigt wurde, läuft der internationale Verkauf über die Leonine nach Higuchi-Zitzmanns Kenntnisstand „sehr gut“. Überhaupt glaubt die Produzentin fest daran, dass das mit dem weltweiten Serien-Boom noch eine Weile andauern wird.

„Der Bedarf der Zuschauer an guten Serien ist keinesfalls gesättigt“, sagt sie, und das habe natürlich auch damit zu tun, dass nach den Pionieren Netflix und Amazon immer mehr Anbieter nach Deutschland kämen. (Insbesondere HBO Max scheint für europäische Produzenten Wunschpartner der Stunde zu sein.) Vom Streamer-Boom profitiere auch Pantaleon Films als starkes Content-House: „Der Markt braucht gute Geschichten. Wir kommen kaum hinterher mit dem Entwickeln und Drehen neuer aufregender Stoffe.“ Derzeit treffe sie jede Woche Autoren und Creator. Sie könne es kaum erwarten, „bald loszulegen“. Es werde „auf jeden Fall zeitnah“ ein Pantaleon Original geben.

Zeitnahe Ausstrahlung statt langem Warten ist ihr von Herzen zu wünschen.