Als Kabel Eins-Chef Marc Rasmus am Mittwochabend zu Gast war beim Producers Club von DWDL.de in Köln, beanspruchte den Talk of the Town eigentlich grad ein anderer Sender aus München, der Fast-und-dann-doch-nicht-Wendler-Sender RTLzwei, der es mit seiner „Lausbubenhaftigkeit“ mal wieder extrem übertrieben hat. Aber für zwei intime Stunden waren all eyes and ears on Kabel Eins und einem anderen berühmten Protagonisten-Paar des deutschen Fernsehens, über das Marc Rasmus einen herzerfrischend deftigen Satz sagte, den wir hier zitieren dürfen: „Die Reimanns passen zu uns buchstäblich wie Arsch auf Eimer.“

Und während man dem Gedanken hinterherdachte, wer denn der Arsch ist und wer der Eimer und ob dieses Bild auch auf das ebenso berühmte Kabel Eins-Paar Bud Spencer und Terence Hill passt oder man nicht besser, Halleluja, von „wie die Faust aufs Auge“ sprechen sollte – da drängte sich diese zentrale Frage auf:

Was sind eigentlich Marc Rasmus und Kabel Eins für eine Paarung?

Fakt ist: So lange wie dieser TV-Manager war bislang niemand Chef von Kabel Eins. Andreas Bartl, aktuell der Chef-Lausbub von RTLzwei und selbst ernannte „Garant für Guilty Pleasure“, brachte es auf sechs Jahre (von 2000 bis 2006) und Rasmus‘ direkte Vorgängerin Katja Hofem auf drei. Von ihr übernahm der Mann mit der langen Mähne im März 2016 die Kabel Eins-Leitung. Und krempelte den Laden um, aber nicht mit der Faust, sondern mit sanften Pfoten.

Marc Rasmus links © Seven.One/Florian Bachmeier
„Rosin-Sender“ wurde über Kabel Eins damals gespottet, weil die Restaurant-Rettungen des Sternekochs aus Dorsten dort seit 2009 rauf und runter gesendet wurden (und noch werden). Außer Frank Rosin tobte sich zwar noch der Glatzkopf Peter Giesel von „Achtung Abzocke“ im Kabel Eins-Programm aus und der Pferdeflüsterer Tamme Hanken, der kurz nach Rasmus‘ Sendereinstieg tragischerweise starb. Sonst war aber gefühlte Monokultur, was Eigenproduktionen betraf.

Eine seiner ersten Taten: Rasmus schaffte 2016 den „Kabel Heinz“ ab, diese dunkel bebrillte, bärtige Marketingerfindung, die vor und nach der Werbung nervte. Die Bud-Spencer- und anderen alten Filme behielt er bei, weil sie für „heile Welt und wohlige Nostalgie“ stehen, verbreiterte aber dafür das Programm-Portfolio mit Doku-Soaps. Es kamen peu à peu hinzu: die „Truckerbabes“, die jugendlichen Hedonisten, die „Ab ins Kloster“ mussten, die Wohnmobilbesitzer mit ihrem Schlachtruf „Yes, we camp“, die ebenso Grillfleisch liebenden „Schrebergärtner“ . . . Also alles Formate, die im Prinzip um die Kernthemen Essen, Campen, Heimwerken und Autos kreisen. Und die das Senderversprechen auf den Schirm bringen sollen:

Bei Kabel Eins gibt es Fernsehen mit echten Menschen für echte Menschen.

Sie sind halt so echt wie Konny Reimann, der gelernte Schlosser aus Hamburg-Harburg, der mit der Damenschneiderin Manuela 2003 nach Texas auswanderte und seither für Millionen Zuschauer stellvertretend den Auswanderertraum lebt.

Bis 2021 nannten die Reimanns RTLzwei ihre Senderheimat. Aus welchem Grund auch immer fühlten sie sich dort nach acht gemeinsamen Jahren nicht mehr wohl. Und da ergriff Marc Rasmus die Chance, wobei ihm wichtig ist zu betonen: „Wir haben die Reimanns niemandem weggeschnappt. Wir wildern nicht. Es hat zusammengefunden, was zusammengehört.“ So hat er es ein paar Tage vor seiner Kölner „Arsch-auf-Eimer“-Rede gesagt.

Als er sich zum verabredeten Video-Call zuschaltet, erhascht man einen Hauch Bräune, die der Kabel Eins-Chef aus dem Urlaub mitgebracht hat. Er war, Hoppla, auf Hawaii. Und er hat sogar, nochmal Hoppla, an einem Morgen schnell ein paar Bahnen in Konny Reimanns selbstgebautem Swimming-Pool gezogen, der von einer 300-Quadratmeter-Holzterrasse umgeben ist. Was halt normale Leute so in ihrem Garten haben.

Marc Rasmus bewohnt in München eine Etagenwohnung, vermutlich ohne eigenen Pool. Mit den Reimanns hat er aber insofern etwas gemeinsam, als dass auch er in seiner Fernsehkarriere schon von dem einen zum anderen Sender gehüpft ist.

Anfang 2000 stieg der Kölner Ex-Student bei RTLzwei ein und wurde einer der besagten „Lausbuben“, von denen der frühere RTLzwei-Chef Josef Andorfer kürzlich hier auf DWDL.de sprach. Die erste Aufgabe war, ein neues Format mit auf die Beine zu stellen, wo so zehn Leute in den Container gesperrt werden, rund um die Uhr von Kameras bewacht.

15 Stunden Zlatko

„Big Brother“ läutete die Stunde Null des Reality-Fernsehens ein. Die 100 Tage bis zum Finale verbrachte der Jungredakteur Marc Rasmus von morgens neun bis nachts um zwölf quasi in einer Zwangsehe mit Rainer Laux von der ausführenden Produktionsfirma Endemol. Er war Zeuge, wie der erste Star des Reality-Fernsehens (nach den Fussbroichs) geboren wurde, Zlatko hieß er, und er war notgedrungen auch sein Bodyguard. 7000 Menschen, die der Stadionsprecher des Kölner FC zuvor angeheizt hatte („nach dem Spiel fahren wir alle nach Hürth“), drängten auf das „Big Brother“-Gelände. Nur drei Security-Kräfte standen parat. Jeder, der gerade eine Hand frei hatte inklusive Rasmus, ging in den Container rein, um Zlatko heil durch die Menschenmassen hinauszuführen. Und dann ging der Hype erst richtig los.

Zlatko wurde von Talkshow zu Talkshow weitergereicht. Soldaten in Panzern kreuzten in Hürth auf. Das südkoreanische Fernsehen ebenso . . . Man könnte Marc Rasmus ewig zuhören. Aber die Geschichte, wie er überhaupt zum Fernsehen kam, ist auch erzählenswert.

Als Schüler jobbte er als Fremdenführer auf der Burg Eltz, die sich unweit von Wierschem in einem Tal aus dem Wald erhebt; in dieses Eifelkaff hatten ihn seine Eltern aus Berlin verschleppt. Eines Tages steckte ihm ein Gast einen Zehn-Mark-Schein zu, du bist gut, komm mal vorbei für ein Praktikum bei RTL. Den Bewirtungszettel,, auf den dieser Detlef „Deti“ Lampe genannte Mann die Kontaktdaten kritzelte, hat Marc Rasmus aufbewahrt. Alle paar Jahre überkommt es ihn, dann schreibt er „Deti“, wie dankbar er ihm immer noch sei, dass er ihn zum Fernsehen gebracht hat.

Marc Rasmus rechts © Seven.One/Florian Bachmeier
Die erste Fernseherfahrung – sie war allerdings ein Schock. Abends fuhr der Praktikant Marc Rasmus mit seinem VW-Käfer, den er zum Abitur geschenkt bekommen hatte, manchmal unter Tränen nach Hause, weil alles so laut und unecht war. Nicht dass er, das Kind aus der Eifel, mehr Großvieh als Einwohner, überfordert gewesen wäre. Was ihn schockte, war, „wie Schein und Sein auseinanderklafften“. In seinem Gedächtnis ist fest die Szene verankert, wie die RTL-Reporterin, die ihm gegenübersaß, „Hallo Schatzi“ ins Telefon flötete, und als sie auflegte, „du Arsch“ zischte.

Diese Spielart der Kommunikation kannte er nicht. Und vielleicht hat es etwas mit dieser frühen Erfahrung zu tun, dass er bei Kabel Eins „so auf das Echte und auf Authentizität achte“, küchenpsychologisiert Marc Rasmus. Mittlerweile wisse er aber auch, dass es „schon sehr extrem“ war, was er damals erlebt hat, und „nicht der Standard in unserer Branche“ ist.

Puh, da sind wir aber beruhigt.

Ende der 1990er suchte sich Marc Rasmus was Unterhaltsames. Er fand es in den Talk-Shows von Hans Meiser und Bärbel Schäfer. Und lernte wieder eine Lektion fürs Leben. Bei Meiser und Schäfer sei der Grundstein für seine wichtigste Erkenntnis gelegt worden, sagt er: „Das emotionale Erschließen einer Marke ist das A und O. Das heißt: Ich muss mich mit Respekt einer Zielgruppe nähern und ihre Bedürfnisse begreifen können. Was aber nicht heißt, dass man zwangsläufig zur Zielgruppe gehören muss.“

Als er zum Beispiel 2013 Sat.1 Gold übernahm, kam er mit Schlagern an und hatte den Ruf als Schlager-Fuzzi weg. Dabei hatte er mit Schlagern überhaupt nichts am Hut. Und seit er bei Kabel Eins Chef ist, wird er öfters gefragt, ob er privat auch gerne campen gehe und jeden dritten Abend den Grill anschmeiße. „Nein, tue ich nicht“, stellt Rasmus hier ein für alle Mal klar, „aber ich kann nachvollziehen, warum unsere Zuschauer das gerne tun.“

Der Traum vom Rockstar

Wenn er nicht campt und grillt, was macht Marc Rasmus dann sonst so privat? Na, er fotografiert (sehr ansehnlich). Und er hat, bis vor ein paar Jahren, Schlagzeug gespielt in verschiedenen Bands, „bis dann der schon immer unrealistische Traum, Rockstar zu werden, endgültig erlosch“. War vermutlich auch gut so: Als Schüler spielte er mit seiner Jazzrockband das erste und bis heute einzige Rock-Konzert in der 800-jährigen Geschichte auf Burg Eltz. Da stand die Gräfin Eltz mit den Fingern in den Ohren am Fenster und hatte Angst, dass die alten Fensterscheiben zersplittern.

Im August macht Marc Rasmus die 50 voll. Für eine Rockstar-Karriere ist es vermutlich dann sowieso zu spät. Weshalb jetzt unbedingt zu klären ist: Was hat er eigentlich noch vor bis zur Rente? Warum ist er nach sieben Jahren Kabel Eins, getreu dem Senderslogan „Hier seid ihr richtig“, noch immer richtig?

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Rasmus überlegt kurz, dann sagt er: „Ganz spontan: Weil ich mich hier wohlfühle. Ihre Frage könnte man natürlich auch so auffassen: Na, warum ist der Typ noch immer bei Kabel Eins?“

Ja, warum denn?

Er könne aus ganz tiefer Überzeugung sagen: „Ich mag die Marke Kabel Eins, wie ich sie seit mehreren Jahren erlebe und mitprägen darf, weil sie herrlich unverstellt, wahnsinnig griffig und zukunftssicher ist.“ Er sei froh, bei diesem Sender zu sein, und werde auch nicht nervös, dass er der dienstälteste Kabel-Eins-Chef ist. Und dann wiederholt er mantrahaft, was diese Marke ausmacht:

„Wir sind ganz nah dran an den normalen Menschen.“

„Wir versuchen, die Mitte der Gesellschaft in ihrer ganzen Breite anzusprechen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen.“

„Wir sind immer authentisch, glaubwürdig, bodenständig, geradeheraus und positiv – echte Typen und Macher eben.“

Und deshalb mussten die Reimanns eben unbedingt zu Kabel Eins kommen.

Auf dem neuen Sender waren die TV-Auswanderer vom Start weg ein Quotenerfolg, wie Marc Rasmus stolz erzählt. Nach einer ersten persönlichen Begegnung in München war es ihm wichtig, die neuen Sendergesichter auch mal in ihrem natürlichen Habitat zu erleben – „eben möglichst nah am Menschen zu sein, wie wir es bei Kabel Eins predigen“. Also flog er im Februar rüber nach Konny Island III und kann seither „nur davon schwärmen, was sich die beiden da auf Hawaii aufgebaut haben. Einfach bewundernswert“.

Schade eigentlich, das Team, das nach Rasmus‘ Abreise zum Drehen bei den Reimanns anrückte, verpasste die Poolrunden des Senderchefs. Das frische Filmmaterial wird im Herbst in fünf Folgen ausgestrahlt.

Sie hätten noch viel vor mit den Reimanns, sagt der Hawaii-Urlaubsrückkehrer noch, Konny Reimann gingen die Ideen nicht aus. Als er ihn besucht habe, baute der gerade aus Riesenstämmen eine Wendeltreppe hinauf zur Dachterrasse. Er könne sich auch gut vorstellen, dass sie irgendwann weiterziehen, sprich ein Konny Island IV irgendwo auf der schönen Seite der Welt errichten, natürlich mit neugieriger TV-Begleitung.

Und während Konny und Manu Reimann erstmal auf Hawaii weiter herumwerkeln, meldete sich am Dienstag dieser Woche übrigens ein weiteres berühmtes Protagonisten-Paar des deutschen Fernsehens (wir haben echt viele davon!) zu Wort: Von ihrem derzeitigen Arbeitsort Malediven aus drohten die Geissens ihrem Haussender RTLzwei mit „aufhören!“, sollte er den Wendlers in Florida eine Doku-Soap über ihr Baby-Glück spendieren. Bekanntlich kam es nicht zum Äußersten. RTLzwei zog fünf nach zwölf zurück.

Ob Marc Rasmus den Geissens Asyl auf Kabel Eins gegeben hätte, ob vielleicht auch sie wie Arsch auf Eimer zu seinem Sender passen würden – tja, das war leider nicht zu erfahren.