Manche Fernsehproduzenten sind beratungsresistent. Immer noch hört man vor dem Beginn eines Panel zum Thema Social Media, hier in Washington diesmal unter dem Titel "You are tending. So what?", die Frage nach dem Nutzen. Doch anders als früher gibt es inzwischen auch Produzenten, die die Marketingkraft von Social Media erkannt haben und sie nicht allein den Sendern überlassen wollen. Leichter gesagt als getan: In Deutschland würde das mancher Produzent gerne, darf aber nicht. Doch Social Media ist in den USA nicht automatisch Sendersache - und Verständnis für den Effekt von Social Buzz kann nie schaden. Das mag sich also auch so manch Skeptiker gedacht haben.



Es war dann auch keine Überraschung, dass die Annäherung ans Thema beinahe bei Null begann. Doch dank interessanter Panel-Teilnehmer gab es am Ende einige wertvolle Erkenntnisse, die auch deutsche Produzenten bzw. Sender beherzigen könnten. Amüsant war zusätzlich der offene Diskurs über die Frage, ob nun Facebook oder Twitter relevanter sind. Von Google+ war gar nicht erst die Rede. Für Michael Haggerty, Senior Vice President Research beim US-Kabelsender Bravo, ist die Antwort klar: Twitter ist ergiebiger, weil dort eben fast alle Äußerungen öffentlich sind. Die Privatsphären-Einstellungen von Facebook geben dort nicht ausreichend Zugriff um "9am questions" zu beantworten.

Für ihn liefert Social Media ein besseres Verständnis von Einschaltquoten und Trends. Und das eben in Echtzeit. Darin sieht auch Meghann Sills Elrhoul von der Beratunsgsfirma WiredSet Trendrr den Vorteil von Twitter: Getwittert werde während dem TV-Konsum, bei Facebook wird meist erst danach diskutiert, was aber genauso wichtig sei ("Keep the conversation going"). Das halten von Zuschauerinteresse bis zur nächsten Sendung sei via Facebook weit effektiver als bei Twitter. Ein Facebook-Fan ist auch Guy Slattery, Marketingchef A&E Network. Hier könnten Produzenten auch mit wenig Knowhow anhand der automatisch zur Verfügung gestellten Statistiken bereits viel analysieren.

Dass Social Media eine Kopfsache ist, die Umdenken bedeutet, verdeutlicht er an User Generated Content, der basierend auf Formaten seiner Sender im Netz entstanden ist. Ein Fan-Video zur Dokusoap "Duck Dynasty" auf A&E Network sorgt für Lacher im Saal. Und Slattery warnt davor nach alter Denkweise gegen so etwas vorgehen zu wollen, gar das Video entfernen zu lassen bei YouTube: "Es könnte ihre günstiges Marketingkampagne aller Zeiten sein." Die gleiche Senudng nutzt er auch als Beispiel für einen seit einigen Monaten populären Trend bei Facebook: Markige Sprüche als Foto zu posten, die weitaus häufiger geteilt werden als ein geschriebenes Status-Update. 

Aber auch zu Twitter hat Slattery so seine eigenen Gedanken. Der Neugier-Effekt sei beispielsweise nicht zu unterschätzen. Wenn eine Sendung in den Trending Topics kommt, weckt das in erheblichem Maße die Neugier vieler Twitter-Nutzer, die wissen wollen, was da gerade los ist. Es sei sozusagen die Eilmeldung einer ganz neuen Generation von Mediennutzern. Richtig Glück habe man, wenn es prominente Fans der Serie gibt, die ihre Follower wiederum auf die Sendung hinweist. Wenn es aus Überzeugung geschieht, ist auch das ein wirksames kostenloses Marketing-Tool.

Einig sind sich jedoch alle: Egal ob man Social Media aktiv verfolgt oder passiv beobachtet - es kann beim Verständnis der Zielgruppe und der Meinung jener Zuschauerschaft helfen. Und auch wenn der Sender die Zügel bei den Social Media-Angeboten in der Hand hält, wie es in Deutschland oft der Fall ist, sollte man wenigstens beobachten. Und seine Lehren daraus ziehen. Voraussetzung dafür - und das ist eine unendliche Geschichte - ist jedoch zunächst einmal das Interesse an der Meinung der Zuschauer. Das klingt selbstverständlich, aber involviert Fernsehproduzenten gleichzeitig immer stärker in Marketing und Optimierung. Was um der unabhängigen Kreativität Willen auch seine Grenzen haben sollte.