FHMSeit rund drei Jahren leitet Christian Kallenberg als Chefredakteur die Geschicke der "FHM". In der Redaktion des Titels aus dem Hause Egmont Cultfish ist er seit dem Jahr 2001 tätig. Mit einer Auflage von zuletzt 150.686 verkauften Exemplaren (IVW 2/2008) liegt "FHM" leicht vor Mitbewerber "GQ" aber weit hinter den Männer-Platzhirschen "Playboy" und "Men's Health".
 
Herr Kallenberg, der Markt der Männermagazine stagniert. Wie will sich „FHM“ seine Marktanteile sichern?

Unser ambitioniertes Ziel für das Heft lautet, bei einem schrumpfenden Markt unsere Auflage zu halten. Als kleiner Verlag können wir es uns auch nicht leisten, uns an den Großen im Magazin-Markt zu messen. Wir werden nach wie vor eine kleine, feine Nische bedienen. Expandieren wollen wir dagegen im digitalen Markt mit unserem Internetangebot. „FHM Online" entwickelt sich erfreulich, könnte aber noch mehr Freude machen. Unser Ziel heißt: Mehr Visits, mehr Klicks durch verschiedene neue Applikationen, die wir demnächst umsetzen.

Was haben Sie da konkret vor?


Wir launchen einen Video-Channel und bauen unseren Spiele-Channel weiter aus. Die Jungs – also unsere Zielgruppe – sollen über "FHM" alles im Netz bekommen, was sie interessiert. Wir können kein Youtube sein, können aber für unsere Zielgruppe das Beste aus den verschiedenen Plattformen rausziehen und aufbereiten.
 
Also eher eine Führung durch die Tiefen des Internets als die Erstellung eigener Inhalte?

Genau. Bei der Flut von Videos, die täglich neu auf die Plattformen kommen, braucht es jemanden, der sagt, was sich zu sehen lohnt. Wir werden mehr mit Fremd-Content arbeiten als mit eigenem. Das heißt aber nicht, dass wir auf eigene Inhalte verzichten werden. Wir werden nach wie vor alle unsere Shootings mit einer Videokamera begleiten. Das ist keine Neuerfindung des Rades, für uns aber schlau. Auch unsere Reportagen werden wir künftig alle mit Bewegtbild begleiten. Das ist ein ziemlicher Invest. Bei uns sind die Redaktionen von Print und Online schon eng miteinander verzahnt.
 

 
 
Vor einiger Zeit sind Sie im Internet auch selbst vor die Kamera getreten und haben im Internet mit „Kalle zeigt's Dir“ das jeweils neue Heft vorgestellt. Kommt Kalle zurück?

Das war ein ziemlich großer Aufwand. Vielleicht gibt es ein Special zu unserer 100. Ausgabe, die demnächst ansteht. Aber wenn ich ein gutes Heft mache, reicht mir das. Ich muss nicht unbedingt vor die Kamera.

Und in Sachen Print ändert sich nichts?


Ende des Jahres werden wir mit einem Spin-Off von "FHM" in den Markt eintreten. Je nach Erfolg wäre das dann auch als regelmäßiges Heft denkbar. Viel mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen, außer dass es mit unserer Kernkompetenz zu tun hat. (zeigt lachend auf eine junge Frau auf einem Heft-Cover)

Christian KallenbergMännermagazine haben zu kämpfen. Spärlich bekleidete Damen gibt es mittlerweile kostenlos an jeder Ecke im Internet. Wie kann man mit einem Print-Magazin noch punkten?

Mit Qualität! Frauenfotografie muss und wird in einem Männermagazin auch weiterhin Platz haben. Die Frage ist nur wie. Man braucht eine hochwertige Fotosprache und hochwertigen Fotos – und eben nicht die schöne Unbekannte von nebenan, die an jeder Ecke steht. Wenn Sie exklusive Inhalte von halbwegs prominenten Menschen haben, haben Sie keine Beliebigkeit mehr, sondern ein Argument, warum man 3,90 Euro für das Heft ausgeben soll. Bei den Texten muss man mit Autoren arbeiten, bei denen es Spaß macht, in Ruhe zu lesen.

Die Fotos von Jeanette Biedermann, die sie pünktlich zum Start der Sat.1-Serie "Anna und die Liebe" auf's Cover genommen haben, sind so ein exklusiver Inhalt. Wie hat sich das auf die Verkäufe ausgewirkt?

Das Heft verkauft sich prima. Auch die Zugriffe auf unserer Webseite sind seit dem Erstverkaufstag und der Medienpräsenz sprunghaft angestiegen. Die richtige Frau zur richtigen Zeit treibt die Verkäufe in die Höhe – das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.

Was sich hingegen ändert, ist das jeweilige Ideal-Bild vom Mann, das in der einschlägigen Presse vermittelt wird. Gibt es eigentlich „den Mann“?

"Den Mann" gibt es nicht. Es gibt "die Männer". Männer lesen weniger als Frauen und sind verstärkt in Special-Interest-Titel aktiv. Der General-Interest-Markt für Männer ist bedeutend kleiner als der gleiche Markt für Frauen. Eine Männerzeitschrift muss ein klares Profil haben und darf nicht von allem ein bisschen bieten. Bei uns sind es nach wie vor die Kernkompetenzen sexy, funny, useful.

Jedes Männermagazin verkauft mir einen anderen Mann. Wer ist der "FHM"-Mann?

Der "FHM"-Mann ist sicher der jüngste von allen Männermagazin-Käufern. Er ist häufig Student oder im ersten Job. Er ist ein bisschen wilder als die anderen und noch nicht richtig sesshaft. Er vertreibt sich die Zeit mit den schönen Dingen des Lebens: Reisen, Festivals, vielleicht das erste eigene richtige Auto. Außerdem sind ihm Spaß und Humor sehr wichtig.

Wie wichtig ist der Beauty-Bereich? Das „FHM-Upgrade“, das im Frühjahr als Supplement gestartet ist, findet sich nun wieder als Rubrik im Heft.


Aufgrund der Resonanz haben wir festgestellt, dass unser „Upgrade“ etwas ist, das durchaus auch im Heft stattfinden kann. Darum haben wir es wieder rein genommen. Das „Upgrade“ beschäftigt sich in jeder Hinsicht mit dem Wohlbefinden des Lesers. Das bedeutet aber nicht, dass wir Schönheitsideale vorschreiben. Der "FHM"-Leser kann pickelig und dick sein, und wir lieben ihn dafür. Sollte er aber nicht mit sich zufrieden sein, hätten wir was, was man machen kann.

Sind die Beauty-Inhalte denn für den Leser wirklich wichtig oder ist das einfach nur ein schönes Werbeumfeld?

Ich wäre froh, wenn es ein schönes Werbeumfeld wäre! Man kann gerne darin werben, ich glaube aber auch, dass es ein Thema geworden ist, das für unsere Leser immer wichtiger geworden ist. Es ist ja nicht nur so, dass immer mehr Männer-Kosmetik auf den Markt geworfen wird, sondern es scheint tatsächlich auch Männer zu geben, die das kaufen. Dass ein "FHM"-Leser nicht unbedingt die Augenfalten-Creme braucht ist klar, aber es gibt auch für unsere Zielgruppe interessante Produkte.

Welche Rolle spielen bei der „FHM“ künftig die Gimmicks, die Sie dem Heft kostenlos beilegen?


Wir hatten eine Phase, in der wir eineinhalb Jahre lang jedes Heft verpackt haben. Wir waren – vorsichtig gesagt – ein Gemischtwarenladen. Es gab Rasierklingen, Deos und sogar eine Packung Erdnüsse. Das spielt alles keine Rolle mehr. Wenn wir heute dem Heft etwas beilegen, muss es passen. Unser Kalender zum Beispiel ist bei uns als Dreingabe vom Leser gelernt. Er ist immer gekauft worden und hat hoffentlich Befriedigung ausgelöst. Grundsätzlich gibt es noch Platz für Extras, es sollte dann aber aus Papier oder in dem Moment wahnsinnig relevant sein. Wir wehren uns natürlich nicht, wenn jemand mit unserer Hilfe sein Produkt auf den Markt bringen will. Wir gehen aber nicht mehr aktiv auf die Unternehmen zu.

Eine Frage bliebe noch zu klären. In einem Interview hat „Penthouse“-Chefredakteur Kurt Molzer die Condé Nast-Zeitschrift „GQ“ als „Schwulenmagazin“ bezeichnet. Teilen Sie diese Auffassung?


Ich würde vermuten, dass "GQ" den höchsten Anteil an schwulen Lesern in unserem Segment hat. Aber das macht es noch nicht zu einem Schwulenmagazin. Aber auch diese Zeitschrift ist in der Nische aktiv und eigentlich ein Modeheft.

Herr Kallenberg, vielen Dank für das Gespräch!