Florian RuckertHerr Ruckert, wenn man sich die ersten Resultate der Währungsumstellung der AGF anschaut, stellt sich die Frage: Hat sich der Aufwand gelohnt? Allzu groß fallen die Sprünge in der Reichweite im Schnitt nicht aus.

Der Aufwand hat sich gelohnt, wenn man bedenkt, dass der Marktpreis im Fernsehen  durch die absolute Reichweite bestimmt wird. Ohne belastbare Zahlen haben sie im Werbemarkt keine Argumentation gegenüber dem Kunden. Bei der Außer-Haus-Nutzung liegt der Zuwachs durchschnittlich bei rund zwei Prozent. In der Spitze können das aber schon mal bis über zehn Prozent sein. Diese Reichweiten-Teile wurden den Kunden bisher geschenkt. Nehmen Sie die letzte Fußball-EM, bei der das Halbfinale in der Messung kurioserweise mehr Zuschauer hatte als das Finale – das dürfte einzig daran liegen, dass zum damaligen Zeitpunkt die Außer-Haus-Nutzung noch nicht erfasst wurde. Wir können jetzt mit Zahlen belegen, was wir immer schon geahnt haben.

Und das gilt auch für die doch eher geringen 0,2 Prozent Zuwachs durch die Ausweisung der zeitversetzten Nutzung?

Der geringe Zuwachs in der zeitversetzten Nutzung ist uns unter einem Aspekt sogar ganz recht: Vor einigen Jahren gab es das Bedrohungszenario, dass die Festplattenrekorder künftig dazu führen, das niemand mehr Werbung schaut. Jetzt belegen die Zahlen: So ist es zumindest noch nicht gekommen. Für die Zukunft des Fernsehens ist die Einführung der Messung der zeitversetzten Nutzung außerdem strategisch einer der bedeutendsten Schritte, wenn man bedenkt, dass neben der linearen Fernsehnutzung die nicht-linearen Nutzungsformen weiter zunehmen: beispielsweise über die Catch-up Angebote in Mediatheken. Hier rechnen wir langfristig mit deutlich größeren Zuwächsen.
 

 
Wann wird die Nutzung von Abrufinhalten – wie zum Beispiel über die Mediatheken der Sender – in die Messung integriert sein?

Wir gehen bei der AGF davon aus, dass wir in zwei Jahren die konkreten technischen Messlösungen umgesetzt haben und entsprechende Zahlen ausweisen können. Im ersten Schritt müssen jetzt zunächst die Definitionen erarbeitet werden. Darin legen wir fest, wie Fernsehnutzung verstanden wird, die für die Werbung relevant ist. Es haben schließlich alle ein großes Interesse daran, nicht künstlich die Reichweite hochzufahren, sondern daran, die Währung für die Werbung so hart wie möglich zu halten.

Steht ein Wechsel des Dienstleisters GfK zur Debatte, nachdem die Währungsumstellung im vergangenen Jahr nicht reibungslos geklappt hat?

Die eigentliche Umstellung verlief recht glatt. Wir hatten aber im Vorfeld erhebliche Verzögerungen und sogar einen Tag ohne Quoten. Allerdings war der Prozess auch hochkomplex: Es ging um die Einführung einer neuen Messtechnik, neuer Datenformate, neuer Prozesse im Rechenzentrum und eine neue Auswertungssoftware im kompletten Markt – alles zum Stichtag 1. Juli 2009.  Die GfK hat nach wie vor einen gültigen Vertrag. Mit dem Auslaufen dieses Vertrages bis Ende 2011 setzen wir uns selbstverständlich der Frage einer Fortsetzung auseinander und prüfen mit aller kaufmännischen Sorgfalt, ob dieser Partner nach wie vor die beste Option im Markt ist. Als langjähriger Partner bietet die GfK allerdings sehr gute Voraussetzungen für eine weitere gemeinsame Zukunft.

Bei der AG-MA hat man kürzlich die Grundgesamtheit erweitert und bezieht nun auch Nicht-EU-Ausländer, und damit die große Gruppe der in Deutschland lebenden Türken, mit in die Erhebung ein. Wird es im AGF-Panel auf absehbare Zeit ähnliche Veränderungen geben?

Wir haben das Thema auf dem Schirm, aber nicht an vorderster Stelle. Bei Werbetreibenden und Agenturen ist das derzeit nicht die Priorität. Hier stehen momentan Technologie-Themen ganz oben. Wenn der Markt es erfordert, könnten wir uns allerdings recht schnell darauf einstellen. Wir sehen momentan aber nicht die Notwendigkeit, über eine Vergrößerung der Grundgesamtheit eine höhere Reichweite auszuweisen. Das mag bei anderen Mediengattungen unter Umständen anders aussehen.
 
Florian Ruckert ist seit dem Jahr 2009 Vorstandsvorsitzender der AGF, in deren Auftrag die GfK die Fernsehreichweiten erhebt. Ruckert ist zudem Geschäftsführer Marketing bei RTL-Vermarkter IP Deutschland.