Fast alle Personaler oder Geschäftsführer, mit denen DWDL.de in den vergangenen Wochen gesprochen hat, berichten davon, dass die Anzahl der Bewerber zuletzt zurückgegangen ist. Bei der Bewertung der Qualität der Bewerber sind sie sich aber uneins. Während Axel Kühn von Tresor TV sagt, die Qualität sei gestiegen, sieht Sylvia Fahrenkrog-Petersen, Geschäftsführerin der Good Times Fernsehproduktion das ganz anders.

Viele Bewerber hätten heutzutage keine Ahnung, welche Aufgabengebiete sie in den angestrebten Positionen hätten. "Auch eine korrekte Rechtschreibung ist nicht mehr angesagt", so Fahrenkrog-Petersen. Was die Produzentin aber besonders vermisst, ist die Begeisterungsfähigkeit junger Talente. "Meine Standardfrage bei allen Bewerbern ist: 'Was guckst Du gern im Fernsehen?'" Die meisten würden daraufhin sagen, dass sie eigentlich gar kein Fernsehen schauen. Zudem können viele Bewerber im Gespräch die aktuellen Produktionen der Firma nicht aufzählen. "Ihr macht doch so eine Trödelshow oder so ähnlich", heißt es dann oft.

Tatsächlich macht Good Times "so eine Trödelshow" - "Der Trödeltrupp" von RTL II stammt von der Firma und ist schon seit mehr als neun Jahren auf Sendung. Viele Bewerber hätten auch noch nie eine Sendung der Produktionsfirma gesehen, sagt Fahrenkrog-Petersen, die sich unter einer guten Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch etwas anderes vorstellt. Wenn man die Bewerber dann fragen würde, wieso sie überhaupt Fernsehen produzieren wollen, würden sie meist erklären, das man dafür ja nicht unbedingt auch Fernsehen schauen müsse. "Noch vor fünf Jahren haben von zehn Bewerbern, zwei wie oben geantwortet. Heute habe ich zehn Bewerber und neun antworten wie beschrieben." Da müsse man über Medienkompetenz und andere Qualifikationen nicht mehr nachdenken, sagt die Geschäftsführerin. Grundsätzlich habe die Arbeit im Fernsehen keinen so hohen Stellenwert mehr wie in den 90er Jahren.

"Es ist wirklich abenteuerlich, wie manche Leute hier ankommen. Man muss wahrlich die berühmte Stecknadel im Heuhaufen suchen", sagt Fahrenkrog-Petersen, die von den Bewerbern sehen will, wie sehr sie Fernsehen oder Bewegtbild allgemein lieben. "Das kann ein eigener Youtube-Kanal sein, Filme, die mit der Verwandtschaft realisiert wurden oder spannende Instagram-Stories." Die Good-Times-Chefin will Menschen sehen, "die gern Geschichten erzählen und dabei ein Leuchten in den Augen haben". Das klinge pathetisch, "aber wir haben bei uns einige solcher Leute, mit denen es wahnsinnig viel Spaß macht zu arbeiten."

Neben der Qualität von Bewerbungen und Bewerbern hat sich aber auch etwas an der Einstellung der jungen Talente geändert, bilanziert die Good-Times-Geschäftsführerin. Junge Menschen würden heute mehr Wert auf geregelte Arbeitszeiten, genügend Freizeit und allgemein auf ihre Work-Life-Balance legen. Außerdem habe sich die Frustrationstoleranz grundlegend geändert: "Junge Leute können heutzutage kaum noch mit Kritik umgehen. Wenn Dinge nicht funktionieren oder aber die Quote schlecht ist, schmeißen viele Leute einfach hin, statt daran zu wachsen." Das sei besonders deshalb schade, weil die Befriedigung extrem groß sei, wenn man an einem kritischen Zeitpunkt durchhalte und Hürden meistere.

Wer sich für ein bestimmtes Format bei Good Times bewirbt und schließlich zu einem Gespräch eingeladen wird, sollte außerdem nicht den Fehler machen, kategorisch auszuschließen, für andere Formate des Unternehmens zu arbeiten. Das sei ein No-Go, so Fahrenkrog-Petersen. "Ein weiteres No-Go ist, wenn Leute zuerst nach den Arbeitszeiten fragen und dann erst nach den Inhalten." Überzeugen will sie die jungen Bewerber mit einer niedrigen Hierarchie: "Wer wirklich gut ist, bleibt bei uns nicht unentdeckt und er kann in sehr kurzer Zeit sehr viel erreichen. Das unterscheidet uns von den großen Medienkonzernen."