Am 3. September 2020 vermeldete DWDL.de: "Discovery strafft Führung: Mehr Verantwortung für Aigner". Die Deutschland-Chefin von Discovery ist seither innerhalb des US-Medienkonzerns auch für die BeNeLux-Staaten verantwortlich. Im Zuge der Reorganisation mussten einige Personen in München das Unternehmen verlassen, die Zuständigkeiten wanderten nach Amsterdam. Das dürfte für Aigner ein erheblicher Abstimmungsaufwand gewesen sein - und umgesetzt hat sie das alles über digitale Kommunikationswege, wie sie jetzt gegenüber DWDL.de erklärt. 

Es störe sie und mache sie auch traurig, dass sie ihre neuen Kolleginnen und Kollegen in Amsterdam "bis heute nur digital ansprechen und erreichen kann", so die Discovery-Chefin. "Deshalb sehne ich mich bereits nach dem ersten gemeinsamen Lunchdate in unserem Amsterdamer Büro und danach, die neuen Kolleg:innen persönlich kennenzulernen." 

Grundsätzlich habe man als globales Unternehmen auch vor Corona schon in internationalen Teams und Organisationsformen zusammengearbeitet, von daher sei die Umstellung durch die Pandemie vielleicht nicht so groß gewesen wie bei anderen Konzernen. "Ob ich nun einen Call mit Kolleg:innen in den USA oder meinem Team vor Ort habe, um Geschäftliches zu besprechen, macht keinen großen Unterschied", sagt Aigner. Auch die Umstellung von Town Halls, Teammeetings und Jour-Fixe-Terminen sei einfach gewesen. "Nur, dass eben jetzt alles via Zoom stattfindet und es keine persönlichen Treffen in einem Meetingraum mehr gibt, war für uns wie für viele andere eine zunehmend anstrengende Herausforderung." Es fehle einfach der echte soziale Kontakt, der persönliche Austausch und auch die kurzen Gespräche in der Küche. 

Zoom-freie Tage können helfen

Um den Videocall-Overkill zu vermeiden, habe man einige Ideen entwickelt, sagt die Discovery-Chefin. "Die Kamera mal auslassen, Meetings auf 25 oder 50 Minuten statt die halbe oder volle Stunde anzusetzen, oder 'Zoom-Free-Fridays' können gut gegen dieses Phänomen der Videokonferenz-Ermüdung helfen." Themen wie das Onboarding neuer Kolleginnen und Kollegen oder auch die Team-Entwicklung seien durch die Pandemie aber schwerer zu managen als vorher, sagt Aigner. "Beim Mittagessen oder Espresso am Nachmittag lernt man sich einfach anders kennen, das kann kein noch so gut organisiertes Zoom-Event ersetzen."

Aber auch andere Medienunternehmen mussten sich mit der Frage beschäftigen, wie mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommuniziert wird, wenn sie nicht mehr jeden Tag ins Büro kommen. "Neben der reinen Vermittlung von Fakten und Informationen hat uns von Beginn an die Frage beschäftigt, wie wir unseren besonderen Spirit und unsere Kultur nicht nur erhalten, sondern auch an neue Mitarbeiter:innen weitergeben", sagt Christine Scheffler, Chief Human Resources Officer und Vorstandsmitglied bei ProSiebenSat.1. Durch virtuelle Meetings sei man sehr effizient geworden, so Scheffler. Ein Vorstandsmitglied eines börsennotierten Unternehmens müsste das naturgemäß freuen. Aber es gibt noch eine andere Ebene, sagt die Personalchefin des Unternehmens. "Für uns ist es als Unternehmen in der digitalen Transformation aber elementar, dass wir nicht in Silos denken und arbeiten, sondern mitbekommen und verstehen, was jenseits unseres eigenen Aufgabenbereichs passiert."

Effizienz steigt, aber das ist nicht alles

Um das zu gewährleisten, habe man virtuelle Events eingeführt, die den Wissenstransfer innerhalb des Konzerns sicherstellen und gleichzeitig auch den Austausch fördern. Als Beispiel nennt Scheffler drei Beispiele. In dem 90-minütigen Talk "Good Morning P7S1" etwa sei mit drei Gästen auf verschiedene Themen des Unternehmens geblickt worden. Darüber hinaus habe es monothematische Deep Dives in komplexe Themen gegeben und bei einem Mental Health Day wurde in Workshops und Vorträgen die mentale Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fokus gerückt. Auch Führungskräfte bekamen spezifische, virtuelle Angebote, um sich fortzubilden. 

 

"Für uns ist es als Unternehmen in der digitalen Transformation aber elementar, dass wir nicht in Silos denken und arbeiten, sondern mitbekommen und verstehen, was jenseits unseres eigenen Aufgabenbereichs passiert."
Christine Scheffler, Chief Human Resources Officer und Vorstandsmitglied bei ProSiebenSat.1

 

Julia Reuter, Geschäftsführerin Strategie, Personal & Kultur RTL Deutschland, sagt gegenüber DWDL.de, dass das Remote Arbeiten inzwischen zu einem "Normalzustand" geworden sei. Vor zwei Jahren war eine solche Aussage noch undenkbar, weil eben nicht in der Breite verfügbar. "Durch virtuelle Meetings haben wir Zeit gespart und konnten uns mehr auf das Wesentliche fokussieren", sagt Reuter. Zudem seien Dienstreisen weggefallen, was die Zeitgestaltung flexibler habe werden lassen. Um die Mitarbeitenden zu Hause "eng mitzunehmen", so Reuter, habe man viele Maßnahmen entwickelt, um das "Wir"-Gefühl zu stärken. In der Video-Reihe "Wir um 4" etwa konnten Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen über ihre aktuellen Themen und Projekte berichten.

Darüber hinaus gebe es Online-Fitnesskurse, Webinare, Achtsamkeits-Sessions und Gesundheitstipps. Außerdem hat RTL Deutschland virtuelle Weihnachts- und Karneval-Events angeboten. Grundsätzlich fehle der direkte Austausch aber, sagt Reuter. Zoom und Teams könnten keine persönlichen Beziehungen ersetzen. "Auch Kreativ-Meetings, die von persönlicher Reaktion und Interaktion leben, stoßen virtuell schnell an ihre Grenzen. Kommunikation findet eben auch über Mimik und Gestik statt, virtuelle Gespräche am Bildschirm filtern Emotionen", sagt Julia Reuter. 

Corona-Ticker und Home Stories bei der DW

Bei der Deutschen Welle wiederum war eine der besonderen Herausforderungen in der Kommunikation mit den Mitarbeitenden sicherlich die, dass man viele Personen im Team hat, die eben nicht deutsch sprechen. So habe man Beschlüsse und Meldungen des internen Krisenstabs zu Corona von Beginn an auf Deutsch und Englisch im Intranet veröffentlicht, sagt Gerd Vengels, Head of People beim Auslandssender. Zweisprachig war auch der "Corona-Ticker" der Deutschen Welle, in dem es aktuelle Informationen zu aktiven Infektionsfällen im Unternehmen gab. Die Nennung des Infizierten erfolgte anonym, angegeben wurden Arbeitsort und Hauptabteilung der Betroffenen. 

 

"Virtuelle Gespräche am Bildschirm filtern Emotionen."
Julia Reuter, Geschäftsführerin Strategie, Personal & Kultur RTL Deutschland

 

Um den persönlichen Austausch nicht zu kurz kommen zu lassen, habe man die interne Veranstaltungsreihe "DW Minds" digitalisiert, sagt Vengels. Die Sessions finden nun schon seit einiger Zeit virtuell statt. Darüber hinaus gab es Home-Office-Stories von Mitarbeitenden im Intranet. Damit habe man "alle möglichen Formen der Arbeit außerhalb des Büros auch auf teils unterhaltsame Weise" zeigen wollen. 

MDR sieht Chancen in "neuer Ansprache"

Der MDR räumt gegenüber DWDL.de ein, dass die gleichmäßige Ausstattung der Mitarbeitenden mit technischen Geräten aufgrund der "kurzfristigen Nachfrage" im vergangenen Jahr durchaus eine Herausforderung gewesen sei. Das habe man aber in den Griff bekommen. Neben den üblichen Kommunikationsformen wie dem Intranet oder auch der E-Mail seien neue Kommunikationskanäle entwickelt worden, etwa ein Unternehmenspodcast. Nach allen Geschäftsleitungssitzungen gibt es beim MDR eine Audio-Zusammenfassung der wichtigsten Entscheidungen durch einen Direktor oder eine Direktorin. Hinzu kommen digitale Mitarbeitendenversammlungen und ein regelmäßiger Newsletter der Intendantin. "Gerade die neuen Kanäle ermöglichen es, Themen breiter ins Haus zu tragen und das auf eine persönliche Art und Weise, denn gerade Audioformate erlauben eine ganz neue Ansprache", heißt es vom MDR. 

Alle Medienkonzerne haben ihre interne Kommunikation durch Corona massiv umstellen müssen. Das Ergebnis können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter letztlich wohl nur individuell bewerten. Hier und da war die Umstellung auf virtuelle Meetings sicherlich sinnvoll, weil dadurch eine große Zeitersparnis einherging. Für manche und gerade auf Dauer ist das Fehlen von persönlichem Austausch aber wohl nicht der Weisheit letzter Schluss. Susanne Aigner kann ein Lied davon singen - zwischen München und Amsterdam liegen Luftlinie fast 700 Kilometer. Am Ende arbeitet es sich wohl doch immer besser, wenn man sich zumindest einmal persönlich kennengelernt hat. Letztlich, da herrscht Konsens, ist die Medienbranche auch ein People Business. Da sitzt man sich eben auch mal gegenüber und schaut sich in die Augen.