Serien zu gucken, das ist manchmal, als flaniere man durch eine Stadt - und entdeckt mal hier, mal dort ein Gesicht, das einem irgendwie bekannt vorkommt. Nicht der Eisverkäufer, bei dem man schon oft Eis gekauft hat. Oder die Sparkassen-Frau, bei der man hin und wieder die Auszüge abholt. Oder der betagte Nachbar, den man immer besonders freundlich grüßt. Sondern die Gesichter, die man sieht, und sich fragt: Woher kenn ich die? Verdammt WOHER??!? Beim Flanieren durch die Stadt hilft googlen nicht weiter - beim Seriengucken schon, manchmal zumindest. Doch ich habe da einen gewissen Ehrgeiz: Möglichst ohne Suchmaschine darauf zu kommen, woher ich dieses oder jenes Seriengesicht schon kenne. Da ich allerdings ein echt schlechtes Gedächtnis habe, wenn es um Namen und Gesichter geht, ist das manchmal eine Tortur für mein Hirn.

Bei folgenden Figuren habe ich in dieser Woche gestutzt: Rachel Stein aus "The Honourable Woman", Frances Pirsig, ebenfalls aus "The Honourable Woman" und Jordan Semyon aus "True Detective" 2. Wer Rachel Stein spielt, ist mir nach ein paar Minuten eingefallen - nach einem Close-Up auf das Gesicht mit dem besonderen Lächeln, den Grübchen und dem Leberfleck: Katherine Parkinson, die ich in der Rolle der Jen Barber in der Comedy "The IT Crowd" großartig fand. Bei der Figur Frances Prisig dagegen dauerte es drei Folgen, bis ich darauf gekommen bin - erst war ich mir gar nicht sicher, ob ich sie wirklich kenne, doch so nach und nach reifte die Erkenntnis: Sie spielt in der Comedy "Episodes" mit und zwar als Matt Blanchetts blinde Geliebte Jamie Lapidus und heißt Genevieve O'Reilly (ihren Namen musste ich allerdings googlen). Auch den Namen derjenigen, die Jordan Semyon in "True Detective" 2 spielt, musste ich googlen, während mir schon nach ein paar Minuten eingefallen ist, woher ich diesen Blick und die besonderen Lippen kenne: Kelly Reilly spielt auch Catherine Black, die Hauptfigur der Serie "Black Box". Ich fänd es übrigens ganz großartig, wenn mal jemand eine Gesichtserkennungssoftware mit einer Schauspieler-Datenbank koppeln könnte. Denn besonders nervig finde ich mein "WOHER KENN ICH DEN VERDAMMT NOCH MAL!!1!11!!!-Problem, wenn ich weder den Rollennamen noch Teile des echten Namens kenne. Dann muss sich mein Hirn manchmal zu sehr verrenken. Oder ich muss abwarten. Was absolut nicht meine Stärke ist.

Ob ich mich in dieser Woche auch mit etwas Wichtigem beschäftigt habe, fragen Sie? Ohja, natürlich: Ich war bei einer Lesung von George R. R. Martin. Und habe einen Bleistift mitgebracht:  

Ein kleines Begrüßungsgeschenk bei der Lesung von George R.R. Martin in Hamburg© Ulrike Klode

Den gab es für jeden der etwa 3000 Gäste, die dem großen Meister lauschen wollten. Als ich vor ein paar Monaten davon erfuhr, dass Martin in Hamburg liest, habe ich einfach mal auf gut Glück Karten gekauft. "Ach, um den Babysitter kümmern wir uns später. Das klappt schon irgendwie", sagte ich zu meinem Mann. Und genauso war es, das Babysitterproblem fügte sich quasi von selbst. Und wir saßen mit Opernglas bewaffnet - unsere Plätze waren sehr weit oben -, hielten unsere gekrönten Bleistifte in den Händen und wussten nicht, was uns erwartet. Es wurde ganz großartig: Der TV-Literaturkritiker Denis Scheck führte 45 Minuten lang ein wunderbares Gespräch mit Martin, das von der ersten Minuten an weit über eine nette Plauderei und Werbung für Martins Bücher hinausging. Neben einigen Anekdötchen aus Martins Leben gab es allerlei Stoff zum Nachdenken: Warum Science Fiction als Thema in der Popkultur derzeit von Fantasy verdrängt wird, was Drachen so besonders macht, warum er in der falschen Zukunft lebt. Besonders spannend: als Martin auf die Macht der Popkultur zu sprechen kam. Ich bin ja eine Verfechterin der These, dass die starken Frauen, die wir derzeit in Serien sehen, dazu führen, dass sich die Zuschauer an Frauen in Machtpositionen im wahren Leben gewöhnen. Martin sieht das offenbar ähnlich: Er sagte, Film und Fernsehen hätten der Ehe gleichgeschlechtlicher Paare in den USA den Weg geebnet - Serien wie die Comedy "Will & Grace" hätten dazu geführt, dass die Akzeptanz für Homosexualität in der US-Bevölkerung stark gestiegen sei. 

Was er gelesen hat? Das war für mich ehrlicherweise zweitrangig (ich muss nämlich gestehen, dass ich nur "Game of Thrones" kenne, nicht aber die Bücher der "Das Lied von Eis und Feuer"-Reihe). Doch es hat mir Spaß gemacht, seiner Stimme zu lauschen, als er ein Kapitel aus dem bisher noch unveröffentlichten sechsten Teil der Reihe vorgelesen hat. (Wie ich später erfahren habe, gibt es das Kapitel bereits online. Und zwar hier.) Ich konnte mit den vielen Namen und Zusammenhängen nichts anfangen, ein Großteil der Charaktere kommt in der Serie gar nicht vor. Versunken in der Geschichte bin ich trotzdem. Ich überlege nun, ob ich tatsächlich doch noch die Bücher lesen sollte ...

Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das alles gucken, über das ich schreibe?

"True Detective", Staffel zwei: Ist am 21. Juni bei HBO in den USA gestartet, läuft in Deutschland auf Sky immer zeitgleich, also Montagfrüh. Ist danach dort verfügbar. 

"The Honourable Woman": Gibt es bei iTunes. Und auf DVD. Ab 17. September zudem bei Sony Entertainment Television.

"Game of Thrones", Staffel fünf: Die Staffel ist am 15. Juni zu Ende gegangen. Läuft bei Sky. Seit 27. April zeigt Sky auch die synchronisierte Fassung. Die Staffel gibt es zum Beispiel auch bei iTunes. In den vergangenen Jahren hat RTL2 ein paar Monate nach dem US-Ende der Staffel die aktuellen Folgen kurz nacheinander gezeigt. Es ist davon auszugehen, dass das auch für die fünfte Staffel passiert.

"Will & Grace": Läuft sonntags beim Bezahlsender Sat.1 Emotions. Gibt es leider bei keinem Streaminganbieter, dafür aber natürlich auf DVD.

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