Foto: Zeit VerlagSeit Jahren diskutiert jeder Branchengipfel die Zukunft der Printmedien und nicht selten wurden dabei düstere Zukunftsvisionen heraufbeschworen. Doch die Manie manches Internet-Fanatikers, dass das Gedruckte bald überflüssig ist, war nicht mehr als lautes Klappern: Die IVW-Zahlen für das 4. Quartal 2009 beweisen einen Trend, der sich schon im vorangegangenen Quartal abzeichnete. So abgedroschen dieser Spruch auch klingen mag: Qualität setzt sich durch. Einen Automatismus dafür gibt es nicht, aber immerhin die Erkenntnis, dass es sich lohnen kann, gut zu sein. Im völlig überversorgten deutschen Print-Markt bedeutet das natürlich, dass einigen Gewinnern auch weiterhin viele Verlierer gegenüber stehen.

Doch als Leser muss das aus publizistischer Sicht nicht sorgen. Unter den Verlierern sind viele Me-too-Produkte, die freundlich formuliert verzichtbar sind. Dass die Auflage aller in der IVW erfassten Print-Titel sinkt, ist also nicht bedrohlich oder diskussionswürdig. Entscheidend ist, dass die IVW Zahlen 4/2009 einmal mehr zeigen, dass sich erfolgreiche Konzepte durchsetzen können. Zulegen konnten beispielsweise einmal mehr "Die Zeit" und die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Giovanni di Lorenzo feiert die beste Auflage seiner Wochenzeitung in einem vierten Quartal seit Bestehen. Und die "FAS" steigert ihre Auflage erstmals auf über 350.000 verkaufte Exemplare.
 

 
Doch nicht nur bei den anspruchsvollen Wochenzeitungen gibt es Gewinner. Auch im trivialeren Boulevard-Markt kann etwa der Klambt-Titel "OK!" im Vergleich zum Vorjahresquartal um satte 26 Prozent zulegen. Gerade im Segment der Peoplezeitschriften bzw. Yello zeigt sich aber auch: Dem durch die Einbindung in ein internationales Netzwerk durchaus klar positionierten Titel von Klambt stehen zahllose kaum unterscheidbare Billighefte gegenüber - auch wenn sie sich selbst etwa gerne als "Premium Yellow" bezeichnen. Die großen monatlichen Frauentitel wie "InStyle", "Joy" oder "Cosmopolitan" hingegen verzeichnen ein deutliches Auflagenwachstum.

LandlustDer größte Gewinner der IVW-Zahlen ist jedoch wieder einmal in beinahe unheimlichen Ausmaße der Titel "Landlust". Ein Plus von 45,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf eine verkaufte Auflage von 648.866 Exemplaren ist sensationell - und sorgt auch gleich für eine Sensation. Denn damit hat "Landlust" mal eben den "Focus" überholt, der eine "bereinigte Auflage" von nur noch 579.787 Exemplaren ausweist. "Wir haben insbesondere den ökonomisch nicht mehr tragbaren Abo-Prämienwettlauf endgültig beendet", sagt "Focus"-Geschäftsführer Frank-Michael Müller zu dem Auflageneinbruch von 21,5 Prozent. Mit anderen Worten: Man hat aufgehört zu tricksen.

Schwacher Trost für den "Focus": Auch die anderen großen Generalisten verlieren. "Der Spiegel", "Stern", "Bunte" - auch sie verlieren, allerdings nur leicht. Das Minus beim "Stern", jetzt mit weniger als 900.000 verkauften Exemplaren, steht einem deutlichen Plus bei den Ableger "Neon" und "View" gegenüber. Während Gruner+Jahr also eher durchwachsene Zahlen ausweist, jubelt man beim Bauer Verlag und das nicht nur, weil die beiden Programmie-Flagschiffe "TV Movie" und "TV14" stabil bleiben bzw. zulegen können, während Springers "TV Digital" gleich 12,3 Prozent verliert.

Welt der WunderAuch die lange schwer angeschlagenen Jugendtitel "Bravo" und "Bravo Girl" legen in der IVW 4/2009 sogar zweistellig zu. Hier macht sich der "Twilight"-Boom deutlich bemerkbar. Und dann gibt es da noch die Zeitschrift zur TV-Sendung "Welt der Wunder". Sie lässt den Bauer Verlag jubeln: Ein sattes Plus von 42,6 Prozent macht den Titel zu einem der Gewinner der aktuellen IVW-Zahlen. Schwer angeschlagen bleibt allerdings weiterhin der Markt der IT-Presse. Computer-, Games- und Internetzeitschriften müssen auch diesmal beinahe durch die Bank alle herbe Verluste im nicht selten zweistelligen Prozentbereich hinnehmen.

Am Ende also gibt es ein ähnliches Bild wie schon bei den IVW-Zahlen 3/2009: Auch wenn manche Segmente weiterhin abstürzen, so geben die aktuellen Zahlen im Detail Hoffnung. Hoffnung darauf, dass sich gut gemachte Print-Produkte nicht um ihre Auflage sorgen müssen. Gefährlich wird es nur, wenn Eigenständigkeit fehlt oder die Konkurrenz aus dem Web für das spezielle Segment zu groß wird, wie etwa bei der Computer-Presse oder den Tageszeitungen. Für die betroffenen Titel und ihre Mitarbeiter ist das hart, doch aus Lesersicht kein Grund zur Besorgnis. Die Presse-Vielfalt in Deutschland ist nicht in Gefahr. Allenfalls die Überversorgung.

Und hier geht's weiter zur Analyse der Einzeltitel, sortiert nach Segmenten: