Am Dienstag veröffentlichte die IVW die Print-Auflagenentwicklung im 2. Quartal, das natürlich vor allem durch die Hoch-Phase der Corona-Einschränkungen geprägt wurde. Und diese Zahlen fallen für die Print-Titel alles andere als schmeichelhaft aus. Besonders hart getroffen sind dabei erwartungsgemäß alle Zeitschrifte und Zeitungen, die bislang kostenfrei auf Flügen verteilt wurden. Diese "Bordexemplare" gehen in die verkaufte Auflage mit ein, obwohl ihnen gar kein echter Einzelkäufer gegenüber steht und die Airlines allenfalls marginale Beträge dafür zahlen. Da die Fliegerei im 2. Quartal quasi völlig zum Erliegen kam, brechen Titel, die ihre Auflage so zuletzt noch besonders geschönt hatten, nun natürlich besonders drastisch ein.

Dem "Focus" etwa kamen allein durch den Bordexemplar-Effekt über 65.000 verkaufte Exemplare abhanden, was das monströse Auflagen-Minus von 30,5 Prozent zumindest teilweise erklärt. Betrachtet man nur die "harten" Auflagenbestandteile Einzelverkauf und Abo, dann lag das Minus immerhin nur bei 7,2 Prozent. Dem "Spiegel" fehlten 50.000 Bordexemplare, was den größten Teil des 9,3-prozentigen Auflagenrückgangs erklärt. Die harte Auflage blieb mit rund 530.000 verkauften Exemplaren hingegen konstant. Auch beim "Stern" sank die gesamte verkaufte Auflage mit -18,6 Prozent erheblich stärker als die harte Auflage, die nur um 3,2 Prozent zurückging.

Einen solchen Bordexemplar-Effekt gab's auch bei "Bild", hier ging deren Zahl um 58.000 zurück. Das erklärt das gesamte Auflagen-Minus im Vergleich zum Vorjahresquartal aber nur zu etwas mehr als einem Fünftel - es lag nämlich bei über 250.000 auf nun 1,15 Millionen. "Bild" mit seinen wenigen Abonnenten ist besonders davon abhängig, dass es beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit gekauft wird. Wenn aber plötzlich überwiegend aus dem Homeoffice gearbeitet wird, dann schadet das hier überdurchschnittlich. Der ohnehin schon seit langem steile Abwärtstrend verschärfte sich daher nochmal, das Minus der harten Auflage betrug heftige 17,4 Prozent. Am Kiosk wurden diesmal weniger als eine Million Exemplare abgesetzt.

Kauftitel mit der höchsten verkauften Auflage

  Verkaufte
2/2020
Verkaufte
2/2019
+/-
absolut
+/-
in Prozent
TV 14
1.799.246 1.907.761 -108.515 -5,7 %
TV Digital
1.159.452 1.256.689 -97.237 -7,7 %
Bild
1.149.649 1.402.230 -252.581 -18,0 %
Hörzu
865.132 929.030 -63.898 -6,9 %
TV Direkt
843.200 870.990 -27.790 -3,2 %
Landlust
832.998 797.679 +35.319 +4,4 %
Nur TV Plus
821.128 816.120 +5.008 +0,6 %
TV Movie
749.863 819.578 -69.715 -8,5 %
Bild Am Sonntag
659.496 752.614 -93.118 -12,4 %
Der Spiegel
641.741 707.459 -65.718 -9,3 %
TV Spielfilm
630.871 666.271 -35.400 -5,3 %
Auf Einen Blick
624.669 677.312 -52.643 -7,8 %
TV Pur
566.245 571.850 -5.605 -1,0 %
Bild Der Frau
553.403 619.406 -66.003 -10,7 %
Freizeit Revue
543.498 608.183 -64.685 -10,6 %

Noch locker getoppt wird das vom anderen Springer-Titel "Welt". Hier sackte die verkaufte Auflage sogar um 43 Prozent ab - und selbst die harte Auflage aus Einzelverkauf und Abo lag um 28,8 Prozent oder 20.000 Exemplaren unter dem Vorjahreswert bei nur noch wenig mehr als 50.000 Exemplaren. Und schließlich gehört unter den Zeitungen auch die "FAZ" zu den ganz großen Verlierern. Zwar schlug auch hier der Bordexemplar-Effekt zu Buche, doch auch die harte Auflage sackte um 13,8 prozent ab. Das "Handelsblatt" hingegen litt zwar auch unter fehlenden Bordexemplaren, trotzdem stieg die harte Auflage um 0,4 Prozent an, die "taz" steigerte ihre harte Auflage sogar um 1,6 Prozent, die "SZ" hielt das Minus mit -2,3 Prozent in engen Grenzen.

Die Verlage können im Gegenzug natürlich auf den massiven Run auf die Online-Angebote verweisen. Dort zog tatsächlich auch die Zahl der zahlenden Leser an - allerdings bei "Bild" nicht ansatzweise so schnell wie die Zahl der Print-Käufer schrumpfte. Im Juni hatte "Bild+" 484.000 zahlende Nutzer, das waren etwa 50.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die "Welt" kam auf zuletzt 128.000 zahlende Online-Nutzer, im Vorquartal waren es noch knapp über 100.000. Inzwischen gibt's auch Zahlen zu "SZ Plus", das zuletzt auf über 54.000 zahlende Nutzer stark gewachsen ist.

Eine tolle Erfolgsgeschichte legte unterdessen die "Zeit" hin: Sie stellte mit einer verkauften Auflage von 521.927 Exemplaren einen neuen Allzeit-Rekord auf. Das war ein Plus von 4,2 Prozent, die harte Auflage stieg sogar um 11,5 Prozent an. Der deutliche Zuwachs lässt sich vor allem durch digitale Abonnements erklären. Auch die "Welt am Sonntag" und "Der Freitag" legten bei der harten Auflage zu. "BamS" und "FAZ" sackten in Sachen harte Auflage hingegen erneut deutlich um 12,8 bzw. 9,8 Prozent ab.

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