Foto: Vanity FairAm 7. Februar fiel der Startschuss für die deutsche Ausgabe der „Vanity Fair“. Der Condé Nast Verlag wollte mit dem Blatt „ein neues Magazin für ein neues Deutschland“ an den Kiosk bringen. Ein Blatt, das "einen starken Bildjournalismus mit hervorragender, ernsthafter Schreibe vereint", kündigte der Verlag im vergangenen Oktober in seiner ersten Mitteilung zum Launch an. Als Zielgruppe nahm man bei Condé Nast eine "neue Generation der Leistungselite in diesem Land, urban, weltoffen, die heute nur eingeschränkt das wöchentliche Medienangebot nutzt und offen für Neues ist" ins Visier. Oder wie Chefredakteur Ulf Poschardt (Bild) es kurz und knapp ausdrückte: Die "Mover und Shaker" der Nation.

Gemovt und geshakt wurde allem in der Presselandschaft. Die Redaktion mit rund 80 Mitgliedern wurde besetzt, erste Kündigungen schon vor dem Start sorgten für Aufsehen. Man positionierte sich - dagegen oder dafür. Große Aufmerksamkeit wurde der Neueinführung zu Teil. Die ersten Kritiken fielen vernichtend aus. Für ein paar Tage im Februar hatte das Blatt in einem elitären Teil der Gesellschaft, die Relevanz, die es versprach.


Inzwischen stehen Spekulationen und Gegenargumente über die tatsächlichen Verkaufszahlen im Raum. Rund 120.000 Exemplare soll das Blatt derzeit absetzen, und damit liege man im Plan, tat der Verlag nach Ablauf der ersten hundert Tage „Vanity Fair“ in Deutschland kund. Das ist doch immerhin schon etwas. Stünde man nicht in der Tradition des amerikanischen Mutterblattes, das dort eine der wichtigsten Zeitschriften des Landes ist und hätte man nicht eine große Summe Geld, die auf rund 50 Millionen Euro geschätzt wird, in die Hand genommen: Es gäbe kein Problem.

„Gutes Heft, schlechte ‚Vanity Fair‘“ lautete das Urteil des Medienmagazins DWDL.de zu ersten Ausgabe im Februar. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Das amerikanische Mutterblatt vereint gekonnt die leichten bunten Themen mit harten Fakten. So gab es dort die ersten sehnsüchtig erwarteten Fotos von Nachwuchs der Familie Cruise/Holmes, aber auch die Enttarnung des Watergate-Informanten „Deep throat“. Hier zu Lande waren es exklusive Meldungen wie „Finanzminister Peer Steinbrück hält an Schuldenabbau fest“ oder "Aufschwung robuster und nachhaltiger als erwartet", die der Verlag als Pressemitteilung versendete. Das wäre „Spiegel-Online“, einem der schnellsten Nachrichtenfabrikanten im Lande, gerade mal eine kurze Meldung wert. Und für die kommende Ausgabe tickern gerade die Meldungen herein, die ihre Leser wissen lassen, dass Innenminister Wolfgang Schäuble dafür betet, dass es keinen Anschlag gibt und Handballtrainer Helmut Brand vielleicht lieber Fußballer geworden wäre.

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Auch mit Promi-Themen Relevanz zu erzeugen, will nicht so recht gelingen. Da war exklusiv zu erfahren, dass TV-Talkerin Bärbel Schäfer den Kurs der Familienminsiterin Ursula von der Leyen unterstützt und Meldungen wie diese: „Liz Hurley im Interview eine Woche vor ihrer Hochzeit: ‚Ich hasse es, aufzuräumen‘“. Mit wenig prominentem Personal in der ersten Reihe fällt es in Deutschland ohnehin schwer, Relevanz zu erzeugen. Da gibt es etablierte Fachtitel wie „Bunte“ und „Gala“, die das seit Jahren routiniert erledigen.

Lesen Sie auf der nächsten Seiten, womit "Vanity Fair" punktet.