Wenn es dem deutschen Fernsehen momentan an etwas nicht mangelt, dann sind es Castingshows. Gerade haben wir "Das Supertalent" überstanden, schon stehen "The Voice of Germany" und "Deutschland sucht den Superstar" auf dem Plan. Doch damit nicht genug: Am Donnerstag gesellte sich nun auch noch "Unser Star für Baku" hinzu - zu einem zumindest etwas fragwürdigen Termin, schließlich lief genau eine Woche zuvor auf demselben Sendeplatz noch "The Voice". Doch während man bei "The Voice" den Eindruck hat, dass die Live-Shows nicht mehr ganz das halten können, was die erste Phase zu versprechen schien, hat das Grand Prix-Casting bei ProSieben in vielerlei Hinsicht besonders gefallen.

Nur woran lag das? An den Kandidaten? Nur bedingt - abgesehen von zwei bis drei Künstlern waren nur wenige dabei, an die man sich in wenigen Wochen oder gar Monaten noch erinnern wird. Nein, die besondere Spannung kam einzig und alleine durch das neue Votingsystem zustande, das dem nach wie vor in der Jury sitzenden Stefan Raab angeblich erst vor wenigen Wochen beim Wintersport-Schauen auf dem Sofa gekommen ist. Der Clou: Während bei "DSDS" & Co. erst ganz am Ende feststeht, wer den Einzug in die nächste Runde geschafft hat, weiß man bei "Unser Star für Baku" auf Anhieb Bescheid. "Absolute Transparenz" nennt das Raab.

Die komplette Sendung über kann angerufen werden - und von Beginn an ist die Verteilung der Anrufe zu erkennen. "Wir holen die Blitztabelle ins Fernsehen", kündigte Raab bereits im Vorfeld an. Und er sollte Recht behalten: Zu sehen, wie sich weit hinten liegende Kandidaten durch ihren kurzen Auftritt plötzlich ganz nach vorne sangen - oder aber im Falle eines schwachen Songs allenfalls im Mittelfeld stecken blieben - hatte seinen Reiz. Allerdings trat für ProSieben auch der Idealzustand ein: Insbesondere am Ende lagen die ersten sechs Kandidaten nahezu gleichauf, was besonders deshalb spannend war, weil nur die besten fünf in die nächste Runde kamen. Im Studio herrschte entsprechend große Anspannung, nicht zuletzt bei den Juroren selbst.

Sie kämpften fast schon erbittert um die Stimmen des Publikums. Man mag das kritisieren, weil sich Stefan Raab und seine Kollegen zu sehr für einzelne Kandidaten stark machten - und doch war es schlicht emotional und vor allem ehrlich. "Den Roman nicht vergessen!", platzte es aus Raab heraus, als der zwischenzeitlich eindeutig als Favorit gehandelte Kandidat plötzlich sogar aus den Top 5 zu fallen schien. Am Ende reichte es für ihn, wohl auch dank der Unterstützung der Juroren, für den zweiten Platz. Doch trotz aller Spannung gab es in der Premieren-Show auch Längen: Insbesondere die Minuten nach dem letzten Gesangsauftritt zogen sich. Zumindest so lange, bis endlich feststand, dass nur noch 120 Sekunden zum Anrufen verblieben.