Noch ist der Anpfiff bei der Fußball-Europameisterschaft nicht erfolgt, da lenken ARD und ZDF den Blick bereits nach Rio de Janeiro, wo im August die Olympischen Spiele stattfinden werden. Es ist das erste Mal, dass das größte Sportereignis der Welt in Südamerika Station macht - und womöglich auf absehbare Zeit das letzte Mal, dass die Öffentlich-Rechtlichen derart umfangreich darüber berichten werden. In Hamburg gaben die beiden Sender am Dienstag im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz einen Ausblick auf ihre Pläne für Brasilien und wollte man diese mit nur drei Worten zusammenfassen, dann fiele die Wahl vermutlich auf: Jetzt erst recht.

Rund 325 Stunden werden beide Anstalten live aus Rio senden und damit noch einmal gut 60 Stunden mehr als bei den Olympischen Spielen in London vor vier Jahren. Rechnet man noch die bis zu sechs parallelen Livestreams hinzu, die über Computer, Smartphones oder auch Smart-TVs angesehen werden können, dann kommt man sogar auf über 1.000 Stunden - mehr als jeder Zuschauer jemals wird sehen können. Angesichts von mehr als 300 Stunden Live-Material, das pro Tag bei all den Wettkämpfen entsteht, haben ARD und ZDF aber dennoch die Qual der Wahl, was sie letztlich ausstrahlen werden. "Es ist die große Kunst auszuwählen, was für unsere Zuschauer interessant ist", betonte Anke Scholten, die Olympia-Chefin des ZDF.

Insgesamt 480 Mitarbeiter werden sich für ARD und ZDF um das Angebot kümmern und damit in etwa so viele wie schon 2012. Die Kosten werden jedoch nicht zuletzt angesichts der im Vergleich zu London deutlich größeren Entfernung steigen, wie die Verantwortlichen betonten - freilich ohne genaue Zahlen zu nennen. Die kritischen Stimmen werden also vermutlich nicht allzu lange auf sich warten lassen. Tatsächlich ist der Aufwand, dem eine dreijährige Planungsphase vorausging, gewaltig. Die Sender rechtfertigen ihn allerdings mit den zu erwartenden hohen Einschaltquoten. Werte, die bald schon der Vergangenheit angehören könnten. "Das wird, wenn Olympia nicht mehr bei uns läuft, nicht mehr so sein", mahnte ARD-Programmdirektor Volker Herres vorsorglich schon mal mit Blick auf den künftigen Rechteinhaber.

Wer genau zuhörte, konnte in Hamburg so manche Breitseite gegen die Kollegen von Discovery vernehmen, die vor einem Jahr mit dem Erwerb der begehrten Olympia-Rechte nicht zuletzt die Vertreter von ARD und ZDF überraschten. Mit einem gewissen Selbstbewusstsein könne man sich auf die Schulter klopfen, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz rückblickend auf all die übertragenen Olympischen Spiele. Wie schon in der Vergangenheit wolle man sich auch diesmal wieder auf die deutschen Athleten fokussieren. Dafür benötige es aber eben "mehr Personal und Technik als bei der Übernahme des Weltbildes", so Gruschwitz, der dann auch noch in den Chor der Mahner einstimmte: "Ich will kein Horrorszenario malen, aber es könnte auch anders werden." Für die Athleten werde das, so zeigte er sich überzeugt, "nicht vorteilhaft" sein.

Olympia fast rund um die Uhr

Doch wie sieht die Berichterstattung von ARD und ZDF nun konkret aus? Los geht es schon am 3. August und damit zwei Tage vor der offiziellen Eröffnung im Maracana-Stadion mit dem Frauenfußball-Turnier. Als Moderatoren der ARD fungieren Gerhard Delling und Alexander Bommes, der es als "nächsten großen Schritt" bezeichnete, nun nicht mehr bloß die Kurzmeldungen im "Olympia-Telegramm" zu verlesen. Das ZDF setzt unterdessen auf Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne. Durch die Zeitverschiebung, die Live-Übertragungen vom Mittag bis in die frühen Morgenstunden umfassen, werden beide Sender zusätzlich am Vormittag zwischen 9:00 Uhr und 12:00 Uhr dreistündige Highlight-Sendungen anbieten, die im Ersten gemeinsam von Jessy Wellmer und Michael Antwerpes sowie im ZDF von Sven Voss präsentiert werden.

Hinter den Kulissen wollen die Öffentlich-Rechtlichen dagegen auf Synergien setzen und sich etwa ein Panoramastudio im Olympia-Park teilen. Auch Produktion und Technik - von Schnittplätzen über Ü-Wagen bis zu den eigenen Kameras - sollen gemeinsam genutzt werden. Hinzu kommt die bewährte Zusammenarbeit bei der Kommentierung der Online-Livestreams: Dort sind an ARD-Olympia-Tagen die ZDF-Reporter im Einsatz und umgekehrt. Darüber hinaus stehen auch Versuche mit Virtual Reality bevor: Neben der Eröffnungs- und Schlussfeier gibt es jeden Tag ausgewählte Wettkämpfe live in 360 Grad und im VR-Format, ebenso die Highlights als Abrufvideo. Wer in den vollen VR-Genuss kommen will, benötigt jedoch eine entsprechende Brille, das 360-Grad-Angebot wird allerdings auch ohne VR-Brille nutzbar sein.

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