Auch bei ARD und ZDF hat man das "FAS"-Interview mit ProSiebenSat.1-Vorstand Conrad Albert genau gelesen, in dem dieser nicht weniger fordert als eine Beteiligung seiner Sendergruppe am Rundfunkbeitrag für sogenannte "Public-Value-Inhalte", also beispielsweise Informationssendungen (DWDL.de berichtete). Die öffentlich-rechtlichen Sender stören sich allerdings offensichtlich weniger an der Forderung als an den von Conrad verbreiteten Zahlen. So behaupetete er etwa, dass nur fünf Prozent der Zuschauer von ARD und ZDF unter 30 Jahre alt seien.

"Der Cheflobbyist des ProSiebenSat.1-Medienkonzerns verbindet seine Forderung an den Gesetzgeber mit Feststellungen über das ZDF und die ARD, die falsch sind", sagte ZDF-Sprecher Alexander Stock am Montag gegenüber DWDL.de und verwies darauf, dass die öffentlich-rechtlichen Programmfamilien bei den Zuschauern zwischen 3 und 29 Jahren zusammen einen Marktanteil von 19,8 Prozent erreichen. Die Diskrepanz rührt wohl daher, dass sich Conrad Albert auf die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen bezieht, während das ZDF in seiner Darstellung auch die kleinsten Zuschauer einbezieht, die die Öffentlich-Rechtlichen nicht zuletzt durch den Kinderkanal erreichen.

Zugleich widersprechen ARD und ZDF dem ProSiebenSat.1-Mann mit Blick auf dessen Behauptung, dass die ProSieben-Nachrichtensendung "Newstime" mehr Zuschauer im Alter zwischen 14 und 29 Jahren erreiche als "heute" und "Tagesschau" zusammen. Tatsächlich hätten die ProSieben-Nachrichten zwischen Januar und Mai im Schnitt 240.00 Zuschauer in diesem Publikumssegment erreicht, während die beiden Hauptausgaben von "Tagesschau" und "heute" zusammen auf 430.000 Zuschauer gekommen seien. Die Vermutung liegt nahe, dass ProSiebenSat.1 die "Tagesschau"-Reichweiten in den Dritten Programmen unterschlagen hat.

"Wie viele Zuschauer von den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen erreicht werden, hängt auch von der Anzahl dieser Sendungen ab."
ZDF-Sprecher Alexander Stock

"Beim Publikum, gleich welcher Altersgruppe, ist die 20-Uhr-'Tagesschau' die mit Abstand erfolgreichste Nachrichtensendung", betonte dann auch ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke. ZDF-Sprecher Alexander Stock betonte zugleich, dass die Öffentlich-Rechtlichen weitaus mehr Nachrichten bieten als nur um 19:00 Uhr und 20:00 Uhr. "Wie viele Zuschauer von den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen erreicht werden, hängt auch von der Anzahl dieser Sendungen ab. Sat.1 und ProSieben bieten in ihren Regelprogrammen lediglich eine Nachrichtensendung pro Tag an. Bei ZDF und ARD gibt es eine Vollversorgung rund um die Uhr", so Stock. In Unterföhring wird man wiederum vermutlich auf die Morgen-News im "Frühstücksfernsehen" verweisen.

Das ZDF lobt indes zwar die Bereitschaft von ProSiebenSat.1, publizistisch relevante Informationsangebote für jüngere Zuschauer anbieten zu wollen. "Dieser Verantwortung könnte der Konzern mit den enormen Renditen von deutlich über 30 Prozent, die er Jahr für Jahr erwirtschaftet, auch so ohne Weiteres nachkommen", so ZDF-Sprecher Alexander Stock. "Tatsächlich ist der Informationsanteil der kommerziellen TV-Sender kontinuierlich zurückgegangen." So sei der Informationsanteil bei ProSieben auf etwa acht bis neun Prozent zurückgegangen, während er vor gut 10 Jahren noch bei "deutlich über 20 Prozent" gelegen habe.

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