Herr Pflüger, müssen sich Ihre „Promi Big Brother“-Kandidaten ab Freitag jetzt eigentlich hinter Masken verstecken?

(lacht) Jedes Format hat seinen eigenen Charme und eigene Stärken. Bei „Promi Big Brother“ werden in der Tat Masken fallen, aber im übertragenen Sinne.

Die Stellschraube bei dem Format schien in den vergangenen Jahren eine immer drastischere Unterscheidung zwischen dem armen und reichen Bereich zu sein. An welcher Stellschraube haben Sie diesmal gedreht?

Bis zum vergangenen Jahr haben wir den Unterschied zwischen den Bereichen immer extremer werden lassen, das ist richtig. Aber schon im letzten Jahr sind wir davon abgewichen, weil auch der „arme“ Bereich einen besonderen Charme entwickeln muss, nicht zuletzt auch optisch. Für dieses Jahr haben sich das Team von Endemol Shine und unsere Redaktion wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Es gibt zum ersten Mal kein Haus. Es geht auf den Campingplatz. Freuen Sie sich also auf die Eröffnungs-Liveshow morgen Abend. 



Stichwort Live-Fernsehen: Was lässt sich denn von einem so großen Überraschungserfolg wie „The Masked Singer“ bei ProSieben als Erkenntnis für die eigene Arbeit mitnehmen?

Neben der Lust auf eine opulente Inszenierung und einer wirklich originellen Idee guckt die Branche jetzt natürlich gerade alle koreanischen Fernsehformate der letzten Jahre an und überlegt, was davon sich auch für uns in Deutschland eignen könnte (lacht). Aber im Ernst: Eines der wichtigsten Elemente ist sicher die hohe Interaktivität des Formats, das Ratespiel, das das Publikum so intensiv involviert hat. Dieses gemeinsame Rätseln, wer hinter den Masken steckt – ob mit der Familie und Freunden vor dem Schirm oder parallel dazu im Netz – das hat ein ganz großes Gemeinschaftsgefühl geschaffen. Und das demonstriert auch die Kraft des linearen Fernsehens. Glücklicherweise haben wir uns schon vor einiger Zeit ein Format gesichert, das dieses Gefühl stark triggert. Um die Produktion nicht zu gefährden, darf ich noch nicht darüber reden, aber der Erfolg von „The Masked Singer“ hat uns nochmal darin bestärkt, dieses Format zu machen.

„Promi Big Brother“ ist sicher das lauteste Format, das Sat.1 im Programm hat. Für 2020 haben Sie bei den Screenforce Days mehr Reality angekündigt. Muss Sat.1 also lauter werden?

Sat.1 muss ab und zu lauter werden, richtig. Wir sehen ja anhand des Erfolgs von „Promi Big Brother“ jedes Jahr, dass diese Lautstärke sehr gut zu Sat.1 passt und viele Zuschauer, die nicht tagtäglich unseren Sender gucken, in diesem Kontext zu uns finden. Und das hat uns sicher inspiriert, auch nach weiteren Formaten zu schauen, die diese Lautstärke entwickeln können. Deswegen werden wir 2020 mit mehr Reality überraschen. Im Herbst steht jetzt aber erst einmal ganz, ganz viel Show auf dem Programm. So viel Show war noch nie, könnte man sagen. Neben unseren Erfolgsmarken wie „The Voice of Germany“ oder „The Taste“ kommen zweite Staffeln von „The Voice Senior“ und „Dancing on Ice“. Und unser Ausnahme-Talent Luke Mockridge kommt mit seiner „Greatnightshow“.

Was steckt denn hinter der „Greatnightshow“?

Es wird die früheste und längste Late-Night-Show, die es je gegeben hat. Im Kern ist es eine Personality-Show rund um Luke, die er gemeinsam mit seinem Team, mit viel Spielfreude und tollen Gästen umsetzt. Wir wollen die Lebendigkeit von Fernsehen als Medium feiern und werden wochenaktuell produzieren.

Zu den neuen bzw. für Sat.1 neuen Shows gehört auch die Stand-Up-Show „Nightwash“. Wie sind Sie denn auf die crazy Idee gekommen, ein Nachwuchstalent wie Atze Schröder für die Moderation zu gewinnen?

Seit drei Jahren investieren wir für Sat.1 wieder intensiv in das für uns wichtige und markenbildende Genre Comedy. Dabei ist ein wichtiger Aspekt sicherlich die Nachwuchsförderung, das zeigt ja gerade ein Künstler wie Luke Mockridge, der seine Anfänge bei „Nightwash“ hatte und dann bei uns viel Experimentierfläche nutzen konnte. Wir haben also gemeinsam mit Brainpool darüber nachgedacht, „Nightwash“ wieder ins Fernsehen zu holen und für die Moderation wollten wir einen Typ a la Grandfather of Comedy… Und da passt Atze Schröder, ohne dem jungen Mann zu nahe treten zu wollen, perfekt ins Profil (lacht). Komplettiert wird der neue Fun Freitag ab 13. September durch Faisal Kawusis neue Show, die zwischen „LUKE! Die Greatnightshow“ und „Nightwash“ sitzt und den wunderbaren Titel „Das Quiz, für das Jörg Pilawa keine Zeit mehr hatte“ trägt.

Und 2020 soll dann wie schon angesprochen mehr Reality kommen. Was bedeutet das?

Zwischen erfolgreichen Formaten wie „Das große Backen“ oder „Hochzeit auf den ersten Blick“, die beide natürlich auch wieder mit neuen Staffeln in diesem Herbst kommen, und einer Show wie „Promi Big Brother“ gibt es ein großes Spielfeld. Hier werden wir für 2020 so viel produzieren wie noch nie. „Promis unter Palmen“ wird ein ganz spannendes und sicherlich lautes Format…

…und das ist auch „Promis unter Palmen“ oder holen Sie da einfach „Adam sucht Eva“ von RTL rüber?

(lacht) Nein, bis auf das exotische Setting hat „Promis unter Palmen“ wirklich nichts mit „Adam sucht Eva“ zu tun.

Menschen unter Palmen gibt es inzwischen reichlich im deutschen Fernsehen. Was macht „Promis unter Palmen“ so besonders?

Wir wollen ergänzend zu „Promi Big Brother“ noch ein weiteres Reality-Format mit Prominenten etablieren. Die Show hat ein ganz besonderes Spielprinzip inne, was uns und den Kandidatinnen und Kandidaten viel Spaß machen wird. Dazu kommt das Format „Nur die Liebe fehlt“, was Sie ja schon angesprochen haben. Das ist die charmante Idee, tollen Menschen, die aus verschiedenen Gründen einen sehr speziellen, aber schwer vermittelbaren Lebensstil haben, eine Chance zu geben, Menschen kennen zu lernen. Dann machen wir, wie DWDL.de ja schon berichtet hat, „Mums Make Porn“. Und mit Julia Leischik, die mit „Bitte melde dich“ am Sonntagabend mit bis zu drei Millionen Reichweite fantastisch läuft, arbeiten wir an einem neuen Format mit dem Arbeitstitel „Diagnose Hoffnung“, in dem sie mit Hilfe eines Ärzteteams Menschen und ihre Diagnosen zusammenbringt. Da geht es nicht nur um schwere Geschichten. Es geht grundsätzlich um das Thema Gesundheit, ein großes Thema.

Wie kommen Sie darauf, dass es für Sat.1 ein großes Thema ist?

Zum Beispiel auch durch den Erfolg unserer „Klinik am Südring“ am Nachmittag. Natürlich schalten die Zuschauerinnen und Zuschauer auch wegen der spannenden Geschichten ein, aber Verständnis und Service rund um Gesundheitsthemen schwingt immer mit. „Klinik am Südring“ ist eines unserer erfolgreichsten YouTube-Formate mit bis zu 20 Millionen Views im Monat. Auch das zeigt, dass in dem Thema viel Musik steckt. Und kombiniert mit Julias einfühlsamer Art wird „Diagnose Hoffnung“ dazu eine sehr herzliche Sendung werden. Es wird also nicht nur noch laut in Sat.1, wir treffen auch die leisen Töne. Die richtige Mischung macht es. Nicht nur am Sonntagvorabend.

Super Überleitung Herr Pflüger. Stichwort: Vorabend. Das ist an Werktagen sicher die oberste Priorität, nehme ich an?

Ein funktionierender Vorabend von Montag bis Freitag ist sicherlich der wichtige Hebel, der dem ganzen Sender hilft. Das hat schon den ein oder anderen Sat.1-Chef vor mir beschäftigt. Ohne Frage: Wir hatten uns das vor einem Jahr anders vorgestellt. An unserem Durchhaltevermögen ist unser Magazin „Endlich Feierabend“ nicht gescheitert, wir sind mit unserem Angebot beim Zuschauer auch nach 12 Monaten schlicht nicht durchgedrungen. Jetzt gilt: Mund abwischen, Ärmel hochkrempeln und nochmal neu angreifen. Es ist die wichtigste Zeitzone im linearen Fernsehen und gleichzeitig eine, in der man nicht aktionistisch unterwegs sein darf, weil man hier von Gewohnheiten abhängig ist und sich die nicht über Nacht ändern lassen.