Als sich im März diesen Jahres die Corona-Beschränkungen in Deutschland von Tag zu Tag verschärften, begann alles mit dem Verbot von Veranstaltungen, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Erst traf es die größeren, dann auch kleinere - mit entsprechenden Konsequenzen auch für TV-Shows, die normalerweise vor einem Studiopublikum von meist mehreren hundert Zuschauerinnen und Zuschauern produziert werden. Selbst die zwischenzeitlich ausprobierte Idee, nur Family & Friends auf den Rängen zu platzieren, war nach einer Woche kassiert. 

Es war die Zeit, in der das Toilettenpapier knapp wurde und das Mehl auch. Geschlossene Schulen und Kindergärten sorgten binnen weniger Tage millionenfach für organisatorische Herausforderungen zuhause. Wirtschaftszweige begannen um ihre Perspektive zu bangen, entsprechend Millionen Beschäftigte ebenso. Eine Nation lernte, sich mit Einschränkungen zu arrangieren, wie sie die Bundesrepublik Deutschland noch nie erlebte. Eine Nation blieb zuhause. Ein Umstand der Streamingdiensten und dem linearen Fernsehen, mangels Alternativen, eine besonders starke Nutzung bescherte. TV-Unterhaltung wurde ein wichtiges Ventil für den Gemütszustand.

Doch von Jubel darüber war man bei den Sendern und Produktionsfirmen erstmal weit entfernt. Hinter den Kulissen sorgte man sich jedoch um die fiktionalen Programme von morgen, weil Dreharbeiten eingestellt wurden. Viel zeitkritischer aber war die Frage: Was passiert mit den laufenden Studio-Produktionen? „Let’s Dance“ bei RTL und „The Masked Singer“ bei ProSieben waren gerade erst gestartet und nur zwei sehr prominente Beispiele. Beides Shows eines Genres, bei dem der Applaus des Studio-Publikums mehr zur Atmosphäre und Dynamik beiträgt als man auf Anhieb denken mag. Den Beweis traten einzelne Shows an, die es ganz ohne Publikum und Applaus probierten.

Das eigentliche Dilemma lag nicht darin, Applaus einzuspielen. In der Postproduktion voraufgezeichneter Sendungen ist das nachträgliche Optimieren der Stimmung eine seit Jahrzehnten in der Branche geübte Praxis. Nicht selten werden dafür im Vorfeld einer Aufzeichnung vorsorglich Applause und Gelächter aufgezeichnet, um nachher ausbessern zu können, falls bei Comedian X oder Auftritt Y die Reaktionen im Laufe der Aufzeichnung unbefriedigend ausfielen. Ein Handwerk, das mal mehr und mal weniger gut gelingt. Legendär sind manche furchtbaren Laught-Tracks amerikanischer Sitcoms. Vor allem aber ein Handwerk, das bei Live-Shows leider nicht hilft. 

Hier muss in Echtzeit alles stimmig über den Sender gehen - und das ist schwieriger als gedacht. Aufgezeichneten Applaus zu nutzen, ist noch naheliegend. Auf Anhieb aber einen angemessenen Applaus auszuwählen, der für das Publikum vor den Bildschirmen nicht fehl am Platz wirkt, ist aber eine Aufgabe, für die es bis dieses Jahr keine Experten gab. Und dann kam René Travnicek, der sonst wie einige andere Kollegen als WarmUpper bei TV-Shows dafür sorgt, dass das Publikum im Studio in Stimmung kommt und bleibt. Ein Berufsbild das ohne Studiopublikum zunächst einmal entfällt. 

Rene Travnicek © Rene Travnicek René Travnicek im Einsatz bei "Denn sie wissen nicht, was passiert"

Doch ein Kniff machte Travnicek binnen Tagen zum Retter gleich mehrerer Fernsehproduktionen und das klingt so dramatisch, weil es durchaus dramatisch war: Kostspielige Shows standen auf der Kippe, weil es eine Lösung für ein Problem zu finden galt, das es zuvor noch nie gab. Glücklicherweise nutzte Travnicek in seinem WarmUp-Programm schon seit Jahren einen Sampler, um das Publikum auf Knopfdruck mit diversen Sounds zu unterhalten. Tauscht man diese gegen verschiedene Arten von Applaus aus, ergibt sich ein praktisches Werkzeug. Das verknüpft mit der jahrelangen Kenntnis, wie Studiopublikum normalerweise auf Auftritte, Jurystatements oder Gags reagiert, bescherte ihm binnen Tagen eine Vielzahl von Aufträgen. 

WarmUpper haben halt ein Gespür für die echten Zuschauer-Reaktionen wie sonst kaum jemand bei Fernsehproduktionen. Genau diese Kenntnis verlagerte Travnicek also vom Rand der nicht mehr benötigten Publikumstribünen in die Regie der Shows, von wo aus er bei zahlreichen Formaten sekundengenau für den gewohnten Sound-Teppich aus Applaus und Publikumsreaktionen sorgte. Neben „Let’s dance“ waren das nur in den ersten Wochen des Lockdowns die weiteren RTL-Shows „DSDS“ und „Denn sie wissen nicht was passiert“, Formate bei denen er ohnehin arbeiten sollte. Aber auch „The Voice Kids“, wo er kurzfristig dank seiner Lösung angeheuert wurde. 

Ein Kniff der auch im Ausland beachtet wurde

Vor den Bildschirmen gewöhnte sich das TV-Publikum in diesem Jahr schnell an den live eingespielten Applaus vom Sampler. Bei den ersten Shows war das noch in dem ein oder anderen Bericht eine Erwähnung wert, doch schnell hatte sich der Modus etabliert und einige WarmUp-Kollegen taten es Travnicek gleich, boten die Live-Applaus-Begleitung in den folgenden Wochen und Monaten ebenso an. Das kam insgesamt so gut an, dass mitunter bei Produzenten und Senderverantwortlichen kurzzeitig der Gedanke aufkam, ob es den organisatorischen Mehraufwand und den Platz im Studio für ein echtes Publikum überhaupt noch braucht. 

Doch zum Glück für Travnicek und seine WarmUp-Kollegen ist es auf Dauer nicht vermittelbar, wenn Applaus aus dem Nichts kommt. Das Publikum wird zurückkehren in die Studios. Doch bis dahin ist der Modus Operandi von René Travnicek ein Standard geworden, der übrigens auch im Ausland für Aufmerksamkeit und Interesse gesorgt hat. Für uns ein Bildschirmheld, der ein bislang  unbekanntes Problem hinter den Kulissen auf Anhieb löste und seinen Teil dazu beigetragen hat, dass TV-Unterhaltung auch in schwierigen Zeiten ein Ventil fürs Gemüt der Nation bleiben konnte.