In der Regel findet man auf dem iPlayer Fernsehsendungen aus den letzten sieben Tagen. Anders als in Deutschland ist dies jedoch nicht durch die Politik erzwungen, sondern einzig eine Frage, in welchem Umfang die BBC bereit und in der Lage ist, die entsprechenden Lizenzgebühren für das Onlinestellen von Programminhalten zu zahlen. Bei dem schon erwähnten „Doctor Who“, der neben dem Automagazin „Top Gear“ zu den mit Abstand erfolgreichsten Inhalten auf dem iPlayer zählt, leistet sich die BBC zum Beispiel ein 30-tägiges Zeitfenster für die einzelnen Episoden.

Der große Erfolg des iPlayers geht einerseits natürlich auf die Attraktivität der Inhalte, andererseits aber auch auf die clevere Verbreitungsstrategie der BBC zurück. Der iPlayer ist mittlerweile auf so ziemlich jedem Endgerät verfügbar, das man sich nur vorstellen kann: Vom Mobiltelefon bis zur Spielekonsole. Sogar über Sky Anytime+, das Video-on-Demand-Portal von Sky, kann man seit einer in diesem Jahr getroffenen Vereinbarung zwischen BBC und Sky, auf den iPlayer zugreifen. Mögen Sky-Haupteigner Rupert Murdoch und sein Sohn James auch ideologisch ihre Differenzen mit der BBC haben. Auf deren Inhalte wollen sie aber keinesfalls verzichten.

Dank entsprechend ausgestatteter Set-Top-Boxen und internetfähiger Fernsehgeräte wird die Catch-up-Funktionalität der Online-Mediatheken auch dem TV-Zuschauer auf der Wohnzimmercouch zugänglich gemacht. Besonders hervorzuheben ist dabei das nach vielen Verzögerungen in diesem Jahr gestartete Projekt YouView. Dabei handelt es sich um eine gemeinsam von BBC, ITV, Channel 4 und Channel 5 in Kooperation mit verschiedenen Telekommunikationsanbietern entwickelte Plattform, die – in einer Set-Top-Box vereint – einen Zugriff auf sämtliche Sender-Mediatheken erlaubt und einen sogenannten Backwards-EPG bietet, also die Möglichkeit, nach Belieben im Fernsehprogramm der letzten Tage zu stöbern. Mehr noch als das amerikanische Hulu war eigentlich YouView das Vorbild für die Bemühungen der Mediengruppe RTL und ProSiebenSat.1 um eine gemeinsame VoD-Plattform, die jedoch bislang am Widerstand des Kartellamts und des Gerichts gescheitert ist. Solche Probleme hatten die Briten nicht.

Den Sendern stellt sich eher die Frage, wie sie damit umgehen sollen, dass die Flexibilisierung der TV-Rezeption im Internet mittlerweile so weit geht, dass sie selbst als Mittelsmänner mehr und mehr ersetzt werden. Nach der Amazon-Tochter Lovefilm ist in diesem Jahr mit Netflix ein weiterer der – in Deutschland so gefürchteten – internationalen Player auf den britischen Online-Markt getreten. Und konnte dank seines preisgünstigen Angebots (zwischen fünf und sieben Pfund im Monat) bereits nach wenigen Monaten die Marke von einer Million Abonnenten passieren. Dabei half sicherlich auch das Programmpaket mit britischen Fernsehproduktionen, das man Ende letzten Jahres bei BBC Worldwide lizenziert hatte – und welches Netflix gestattet, Serienfolgen sechs Monate nach ihrer TV-Ausstrahlung online zu stellen.

In Konkurrenz zu Netflix sieht sich derweil vor allem Sky, welches in diesem Sommer mit einem eigenen preisgünstigen Online-Angebot (für 15 Pfund im Monat) an den Start gegangen ist: NowTV bietet Zugang zu insgesamt elf TV-Kanälen von Sky (allen voran Sky Movies) und beinhaltet die Option, gegen eine Zusatzgebühr Filme auch on demand anschauen zu können. Sky hat mit dieser neuen Webseite vor allem jene Zuschauer im Blick, die bislang – nicht zuletzt wohl aus ökonomischen Gründen – nicht für ein Sky-TV-Abo zu gewinnen waren. Und jetzt nicht als Kunden an Netflix verloren gehen sollen.

Nun soll an dieser Stelle den Fernsehsendern keineswegs der allgemeine Untergang in der Online-Welt prophezeit werden. Es ist wohl vielmehr so: Wer wie Sky (zumindest bislang) sehr stark auf Lizenzware gesetzt hat, dem muss natürlich etwas angst und bange werden, wenn plötzlich nicht minder mächtige Player vor der Haustür stehen, die ebenfalls sehr gut darin sind, Lizenzware an den Mann zu bringen. Wer dagegen ein Renommee für eigene Qualitätsproduktionen besitzt, der wird wie die BBC mit seinen eigenen Online-Angeboten Erfolg haben und dem werden die internationalen Player die Tür einrennen, weil sie seine Produkte lizenzieren wollen. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es für Sky ein sehr weiser Entschluss gewesen, künftig verstärkt auf Eigenproduktionen setzen zu wollen. Denn gerade in einer Welt, die nicht mehr durch ein fixes Programmschema zusammengehalten wird, sondern dem Zuschauer nie dagewesene Freiheitsgrade in der Programmauswahl und -rezeptionsweise eröffnet, wird es um so wichtiger mit eigenen Programmmarken aus dem Einerlei herauszustechen und Aufmerksamkeit zu finden.

Mit dem anbrechenden Herbst endet auch unsere Reihe "British Summer" unseres Kolumnisten Christian Junklewitz. Alle Beiträge zum Nachlesen gibt's noch einmal unter dwdl.de/britishsummer.