Seit 1999 wird der Deutsche Fernsehpreis als gemeinschaftliche Auszeichnung der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender für besonders herausragende kreative Leistungen verliehen. ARD und ZDF trennten sich damals vom "Telestar", RTL vom "Goldenen Löwen". Im Rahmen unseres Specials zum Deutschen Fernsehpreis werfen wir einen Blick auf die Historie der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger in den am längsten existierenden Werkskategorien der drei Kategorien Fiktion, Unterhaltung und Information. In wessen Fußstapfen treten die diesjährigen Nominierten und wie fällt die bisherige Bilanz der Sender in den Kategorien aus?

Und wir beginnen mit der Fiktion. Bei der 24. Verleihung in diesem Jahr (2015 gab es keine Verleihung) werden beim Deutschen Fernsehpreis wie schon in den Vorjahren in gleich vier Werkskategorien die Leistungen deutscher Fernsehschaffenden in der Fiktion ausgezeichnet: Beste Drama-Serie, Beste Comedy-Serie, Bester Fernsehfilm und Bester Mehrteiler. Doch das war nicht immer so: Bei der Gründung des gemeinschaftlich verliehenen Deutschen Fernsehpreises gab es lediglich Bester Fernsehfilm und Beste Serie. Während das "TV Movie" bei den Emmys in den USA nur eine Nebenrolle spielt, weil das Genre wenig verbreitet ist im US-Fernsehen, spielte es in der deutschen Fiktion vor allem bei den Öffentlich-Rechtlichen über Jahrzehnte sogar die Hauptrolle.

Diese öffentlich-rechtliche Dominanz in diesem Genre spiegelt sich auch bei den Auszeichnungen wider: Nur zwei von 23 verliehenen Fernsehpreisen für den besten Fernsehfilm gingen bislang an einen privaten Sender - und das ist auch schon lange her: 2001 war Sat.1 mit dem "Tunnel" nominiert, 2002 mit "Der Tanz mit dem Teufel". Und sie tauchen auch nur deswegen hier auf, weil es damals keine eigene Kategorie für Mehrteiler gab und diese stattdessen beim "Fernsehfilm" mitliefen. Inzwischen produziert ganz ProSiebenSat.1 keine Fernsehfilme mehr, dementsprechend wird man dieser Historie nichts hinzufügen können.

Ausgezeichnet in der Kategorie "Bester Fernsehfilm"
1999 Sperling und der brennende Arm ZDF
2000 Warten ist der Tod ZDF
2001 Der Tunnel* Sat.1
2002 Der Tanz mit dem Teufel* Sat.1
2003 Unter Verdacht: Eine Landpartie ZDF
2004 Stauffenberg ARD
2005 Marias letzte Reise ARD
2006 Dresden* ZDF
2007 Rose ARD
2008 Contergan ARD
2009 Mogadischu ARD
2010 Tatort: Weil sie böse sind ARD
2011 Homevideo ARD
2012 Das Ende einer Nacht ZDF
2013 Operation Zucker ARD
2014 Männertreu ARD
2016 Nackt unter Wölfen ARD
2017 Familienfest ZDF
2018 Eine unerhörte Frau ZDF
2019 Aufbruch in die Freiheit ZDF
2020 Bist du glücklich? ARD
2021 Für immer Sommer 90 ARD
2022 Die Wannseekonferenz ZDF
Anmerkung: Erst im Jahr 2009 gab es eine eigene Kategorie "Bester Mehrteiler". Bis dahin sind entsprechende Produktionen in der Kategorie Bester Fernsehfilm mitgelaufen. Das betrifft die mit * gekennzeichneten Produktionen.

Stattdessen wird auch in diesem Jahr das Fernsehpreis-Konto der ARD, die bislang zwölf Mal in dieser Kategorie gewann, oder des ZDF, das neun Mal siegreich war, weiter wachsen. Das ZDF ist mit "Die Bürgermeisterin" und "So laut du kannst" gleich zwei Mal im Rennen, die ARD hat mit "Ramstein - Das durchstoßene Herz" eine Chance. RTL Deutschland wird mangels Nominierung sicher auch in diesem Jahr kein erster Eintrag auf der Gewinner-Liste der besten Fernsehfilme winken.

Wie eingangs schon erwähnt, gab es lange keine eigene Kategorie für Mehrteiler, sie wurde erst 2009 eingeführt und fehlte auch 2014 bis 2016. Ohnehin steht man hier immer wieder aufs Neue vor Definitionsproblemen: Wann spricht man von einem Mehrteiler, wann ist es eher eine (Mini-)Serie - zumal es häufig unterschiedlich konfektionierte Versionen für TV- und Mediatheken-Auswertung gibt. Ob die zehnteilige Produktion "Im Angesicht des Verbrechens", die 2010 ausgezeichnet wurde, nun wirklich eher ein Mehrteiler als eine Serie war? Teils wird die Fortsetzbarkeit als Kriterium herangezogen, doch wirklich konsequent war der Fernsehpreis hier in der Vergangenheit nicht.

Ausgezeichnet in der Kategorie "Bester Mehrteiler"
1999 Kategorie nicht existent
2000 Kategorie nicht existent -
2001 Kategorie nicht existent -
2002 Kategorie nicht existent -
2003 Kategorie nicht existent -
2004 Kategorie nicht existent -
2005 Kategorie nicht existent -
2006 Kategorie nicht existent -
2007 Kategorie nicht existent -
2008 Kategorie nicht existent -
2009 Wir sind das Volk Sat.1
2010 Im Angesicht des Verbrechens ARD
2011 Hindenburg RTL
2012 Der Mann mit dem Fagott ARD
2013 Unsere Mütter, unsere Väter ZDF
2014 Kategorie nicht existent -
2016 Kategorie nicht existent -
2017 Mitten in Deutschland: NSU ARD
2018 Brüder ARD
2019 Gladbeck ARD
2020 Preis der Freiheit ZDF
2021 Oktoberfest 1900 ARD
2022 The Billion Dollar Code Netflix
Anmerkung: Diese Kategorie wurde erstmals 2009 eingeführt, dann 2014 bis 2016 pausiert (2015 gab es keinen Deutschen Fernsehpreis).

Auch bei den Mehrteilern führt jedenfalls die ARD das Ranking mit bislang insgesamt sechs Auszeichnungen an, in diesem Jahr könnte mit "Lauchhammer" eine siebte dazu kommen. Das ZDF ist mit "Gestern waren wir noch Kinder" und "Der Schwarm" aber gleich zwei Mal nominiert und könnte hier nun den insgesamt dritten Fernsehpreis in dieser Kategorie gewinnen. Auch wenn diesmal nur öffentlich-rechtliche Produktionen im Rennen sind: Hier sind die kommerziellen Anbieter schon stärker vertreten: Sat.1 gewann mit "Wir sind das Volk" 2009, RTL mit "Hindenburg" 2011 und im vergangenen Jahr holte Netflix mit "The Billion Dollar Code" den Deutschen Fernsehpreis für einen "Mehrteiler" - auch wenn man die Mini-Serie dort selbst sicher nie so bezeichnen würde.

Und damit zu den Serien-Kategorien. In keiner anderen Kategorie fiktionaler Produktionen ist das Feld der Preisträgerinnen und Preisträger zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen so bunt durchmischt wie bei der Drama-Serie. Die Vorliebe zu Kriminalgeschichten ist unübersehbar inklusive der gleich drei Auszeichnungen für "Abschnitt 40", was die Frage offen lässt ob die Serie so außergewöhnlich gut oder der Wettbewerb damals so schwach war. Drei Deutsche Fernsehpreise in Werkskategorien - das schaffte bislang sonst nur noch die "heute show", dieses Jahr könnte "Wer stiehlt mir die Show?" dieses Kunststück ebenfalls noch gelingen.

Von "schwachem Wettbewerb" kann heute jedenfalls längst keine Rede mehr sein, die Zahl der produzierten Serien ist deutlich gestiegen, weil immer mehr private Anbieter mitmischen und zugleich die Öffentlich-Rechtlichen den Mediatheken sei Dank so experimentierfreudig wie nie sind. Mit Blick auf die Historie zeigt sich: Mit bisher zehn Auszeichnungen - darunter "Faking Hitler" im vergangenen Jahr, liegt RTL Deutschland mit erstaunlich großem Abstand vorn, Seven.One Entertainment und die ARD folgen mit je vier Auszeichnungen, das ZDF gewann drei Mal, Sky zwei Mal, Warner ein Mal.

Ausgezeichnet in der Kategorie "Beste Drama-Serie"
1999 Doppelter Einsatz RTL
2000 Ritas Welt RTL
2001 Der Ermittler ZDF
2002 Edel & Starck Sat.1
2003 Abschnitt 40 RTL
2004 Abschnitt 40 RTL
2005 Abschnitt 40 RTL
2006 Türkisch für Anfänger ARD
2007 KDD - Kriminaldauerdienst ZDF
2008 Doctor's Diary RTL
2009 Der Lehrer RTL
2010 Danni Lowinski Sat.1
2011 Weissensee ARD
2012 Der letzte Bulle Sat.1
2013 Zeit der Helden ARD
2014 Danni Lowinski  Sat.1
2016 Club der roten Bänder Vox
2017 Club der roten Bänder Vox
2018 Babylon Berlin Sky/ARD
2019 Bad Banks ZDF
2020 Der Pass Sky
2021 Para - Wir sind King Warner TV Serie
2022 Faking Hitler RTL+
Anmerkung: Diese Kategorie hieß bis 2017 "Beste Serie", wurde dann umbenannt in "Beste Drama-Serie", da die Kategorie Comedy-Serie wieder eingeführt wurde.

Von all den genannten könnte aber nur das ZDF seinen Zähler um eins erhöhen, wenn sich "Der Schatten" durchsetzt. Die Serie bekommt es aber gleich mit doppelter Konkurrenz durch Netflix zu tun, das hier sowohl mit "Die Kaiserin" als auch mit "Kleo" im Rennen ist und sich damit Hoffnungen auf den ersten Fernsehpreis für eine Drama-Serie machen kann. In der Vergangenheit sogar schon zwei Mal siegreich war Netflix hingegen in der Kategorie der Comedy-Serien: "How to sell drugs online (fast)" und "Das letzte Wort" räumten hier 2020 und 2021 bereits die Auszeichnung ab.

Und damit zu der Kategorie, die so deutlich in der Hand der privaten Anbieter ist wie keine andere der fiktionalen Werkskategorien. Generell wurden die Comedy-Serien nur zwischen 2003 und 2007 und wieder seit 2018 als eigene Kategorie behandelt, dazwischen gab's im deutschen Fernsehen offenbar zu wenig zu lachen - zumindest was fiktionale Produktionen anbelangt. Von den bislang vergebenen zehn Preisen ging aber nur ein einziger an eine öffentlich-rechtliche Produktion: 2004 setzte sich die ARD-Serie "Berlin, Berlin" hier durch.

Ausgezeichnet in der Kategorie "Beste Comedy-Serie"
1999 Kategorie nicht existent
2000 Kategorie nicht existent -
2001 Kategorie nicht existent -
2002 Kategorie nicht existent -
2003 Alles Atze RTL
2004 Berlin, Berlin ARD
2005 Nikola RTL
2006 Pastewka Sat.1
2007 Stromberg ProSieben
2008 Kategorie nicht existent -
2009 Kategorie nicht existent -
2010 Kategorie nicht existent -
2011 Kategorie nicht existent -
2012 Kategorie nicht existent -
2013 Kategorie nicht existent -
2014 Kategorie nicht existent -
2016 Kategorie nicht existent -
2017 Kategorie nicht existent -
2018 Magda macht das schon RTL
2019 Jerks Maxdome/ProSieben
2020 How to sell drugs online (fast) Netflix
2021 Das letzte Wort Netflix
2022 Oh Hell Magenta TV / Warner TV Comedy
Anmerkung: Diese Kategorie existierte in den Jahren 2003 bis 2007 als "Beste Sitcom", wurde dann erst 2018 wieder eingeführt als aus einer Kategorie "Beste Serie" zwei Kategorien für Drama- und Comedy-Serien wurde.

In jüngerer Vergangenheit hat sich aber das ZDF fest vorgenommen, in diesem Genre Fuß zu fassen und hat bei ZDFneo bzw. für die ZDF-Mediathek eine größere Zahl an Comedyserien in Auftrag gegeben (mehr dazu haben wir in einem eigenen Artikel aufgeschrieben: "Lustig: Wie ZDFneo zum König der Comedyserie wurde"). Mit einer davon - "Doppelhaushälfte" - könnte das ZDF in diesem Jahr nun seinen ersten Fernsehpreis in dieser Kategorie einheimsen. Die anderen zwei Nominierungen gingen mit "Die Discounter 2" (Prime Video) und "King of Stonks" (Netflix) an Streamer, was die jüngere Historie des Fernsehpreises fortsetzt: In den letzten vier Jahren waren es stets Comedyserien von Streamingdiensten, die sich in der Kategorie "Beste Comedyserie" durchsetzen konnten, wobei hinter "Oh Hell" aus dem vergangenen Jahr neben Magenta TV mit Warner TV Comedy auch ein klassischer Pay-TV-Anbieter stand.

Nimmt man nun alle vier Werkskategorien zusammen, dann führt die ARD mit insgesamt 23 Auszeichnungen das Feld weiterhin an, auch wenn im vergangenen Jahr keine weitere dazu kam. ZDF und RTL Deutschland liegen mit jeweils 14 Fernsehpreisen gleichauf dahinter, RTL vor allem dank seines starken Abschneidens im seriellen Bereich. Allerdings ist RTL in diesem Jahr in den fiktionalen Werkskategorien gar nicht im Rennen, droht nun also hinters ZDF zurückzufallen, das in allen vier Kategorien Chancen hat. Seven.One kommt auf zehn, Netflix, das ja erst seit wenigen Jahren überhaupt mit im Spiel ist, hat inzwischen drei Fernsehpreise auf seinem Konto, Sky und Warner jeweils zwei, Magenta TV einen. Prime Video ging bislang noch leer aus und könnte mit "Die Discounter 2" erstmals erfolgreich sein.