War es ein gutes Jahr fürs deutsche Fernsehen? Die nun schon seit längerem anhaltenden wirtschaftlichen Probleme der Branche und der grundlegende Wandel der Bewegtbildnutzung sind jedenfalls zwei Dinge, die auch am Angebot, das dem Publikum geboten wird, nicht ganz spurlos vorbei gingen, wie der Jury-Vorsitzende Wolf Bauer anlässlich der jetzt erfolgten Vorstellung der Nominierungen konstatierte. "Die Gesamtleistung an programmkreativem Schaffen ist dieses Jahr einmal mehr von der digitalen Transformation geprägt, die nochmals an Tempo zugelegt hat. Das führt zu enormen Veränderungen, die sich beispielsweise darin zeigen, dass sich klassische lineare Sender und Streaming-Unternehmen systemisch einander angleichen", so Bauer.

Ein Klagelied will er aber keineswegs anstimmen. Wolf Bauer: "Dabei bleibt die Programmwirtschaft zentraler Impulsgeber für Innovation. Doch auch wenn der wirtschaftliche Druck größer geworden ist, haben wir als Jury wieder die Ergebnisse mutiger Entscheidungen und beeindruckender kreativer Prozesse sehen dürfen: Es gab Ungewöhnliches, Andersartiges, Neues und nicht zuletzt Bewährtes in erneuerter, zeitgemäßer Form."

Wolf Bauer © IMAGO / Sven Simon Wolf Bauer
In der Fiction habe man "zahlreiche herausragende Produktionen gesehen, die sich auf beeindruckende Art und Weise mit gesellschaftspolitisch relevanten Themen auseinandersetzen", so der Jury-Vorsitzende weiter. "Da gibt es psychologische Tiefenbohrungen in unsere Gesellschaft und nicht zuletzt Geschichten, die innovativ und teilweise mit naturalistischer Härte, zum Teil skurrilen Erzählfarben und immer wieder durch herausragende Einzelleistungen erzählt werden. Wir konnten beobachten, dass der Mut gewachsen ist, ungewöhnliche Themen anzugehen und neue Perspektiven einzunehmen."

Das Ranking der Sender und Plattformen

Dominiert wird das Feld der Nominierten in der Fiktion dabei in diesem Jahr von der Serie "KRANK Berlin" - die einst noch von Sky beauftragt wurde, nach dessen Rückzug aus der deutschen Fiction dann aber vom ZDF und Apple TV+ übernommen wurde. Dieser kluge Zukauf bescherte Apple TV+ nun einen starken ersten Aufschlag beim Deutschen Fernsehpreis. Allein die sechs Nominierungen für "KRANK Berlin" reichten, um im Ranking der Sender und Plattformen vor Netflix (5), Magenta TV und Prime Video (je 3) zu landen. Sky brachte es ohne "KRANK Berlin" noch auf eine Nominierung, ebenso wie Phoenix.

Ganz vorne im Ranking gibt's aber einen neuen Spitzenreiter: Nachdem zuletzt stets die ZDF-Familie die meisten Nominierungen auf sich vereinen konnte, liegt die ARD mit in Summe 27 Nennungen - sechs mehr als 2024, sogar 13 mehr als 2023 - diesmal vorn. Das ZDF folgt mit 25 Nennungen aber schon hauchdünn dahinter. RTL Deutschland verteidigt mit 18 Nominierungen seine Position als mit Abstand stärkster privater Anbieter beim Fernsehpreis, ProSiebenSat.1 liegt mit acht Nennungen aber immerhin beim Doppelten des Vorjahres.

Unterhaltung in der Wartehaltung

Ein ganz anderes Bild als in der Fiction hat die Jury in der Unterhaltung: Wolf Bauer konstatiert hier eine "Wartehaltung", die schon seit einiger Zeit anhält. "Es gab kaum große Innovationen, stattdessen haben wir viel Bewährtes gesehen. Allerdings ist auch das eine enorme Leistung, beispielsweise, wenn es darum geht, ein langlaufendes Format immer wieder neu zu erfinden, sodass die Relevanz erhalten bleibt und der Erfolg weiterhin anhält. Ein solches Format zu modernisieren und die nächste Generation von Zuschauern abzuholen, ist ebenfalls eine kreative Arbeit, die sehr lobenswert und preiswürdig ist." So sind diesmal beispielsweise Langläufer wie "Wer wird Millionär?" oder (erstmals seit 17 Jahren!) "Germany's Next Topmodel" unter den Nominierten.

Alle Nominierten in den einzelnen Kategorien

Das Programmangebot in der Information ordnet der Jury-Vorsitzende so ein: "Der Bereich Information war geprägt von den großen Themen der Gegenwart, die alle exzellent bearbeitet wurden: der Angriffskrieg gegen die Ukraine, die politischen Umbrüche in den USA, die deutsche Innenpolitik, der Nahe Osten – all das wurde immer wieder brillant, schnell und hintergründig abgebildet. Hier wie auch bei den dokumentarischen Formaten ist inhaltlich wie formal ein beeindruckender kreativer Schub zu beobachten. Wir haben eine ganze Reihe von Programmen gesehen, die auf der Grundlage toller Rechercheleistungen entstanden sind. Durch den zunehmenden Wettbewerb von linearen Sendern, Streamern und Mediatheken haben sich neue Erzählweisen eröffnet, was zu mehr Mut zum Neuen und zum Experiment geführt hat."

Verliehen wird der Deutsche Fernsehpreis wie schon in den letzten Jahren wieder an zwei Abenden. Am 9. September findet die "Nacht der Kreativen" statt, in der im Rahmen eines gesetzten Dinners in der Kölner Flora bereits die Auszeichnungen in den unterschiedlichsten kreativen Gewerken verliehen werden. Durch diesen Abend wird Gisa Flake führen, die im vergangenen Jahr schon mit einer tollen Laudatio beeindruckte. Am Tag darauf folgt dann die Award-Gala im Fernsehen, die in den MMC Studios stattfindet. Als Stifter ist in diesem Jahr zwar die Telekom an der Reihe, für die Übertragung arbeitet man aber mit dem ZDF zusammen, das die Gala am gleichen Abend ab 20:15 Uhr zeigen wird. Durch den Abend führt wie üblich Barbara Schöneberger.

Über Nominierungen und Preise entscheidet wie jedes Jahr eine unabhängige Fachjury, die in diesem Jahr erneut unter der Leitung des Produzenten Wolf Bauer tagt. Daneben gehören dieser Jury die Journalistin Siham El-Maimouni, Hanna Huge (Serienjunkies), die Moderatorin Laura Karasek, die Schauspielerin Valerie Niehaus, der Produzent Michael Souvignier (Zeitsprung), die Moderatorin und Schauspielerin Collien Ulmen-Fernandes, der Autor David Ungureit sowie DWDL.de-Redakteur Alexander Krei an. Zudem haben auch die Stifter je einen Platz in der Jury, ihre Vertreter sind aber nur bis zur Nominierung dabei und nehmen nicht an der finalen Abstimmung über die Preisträgerinnen und Preisträger teil. Das sind: Udo Grätz (WDR), Daniel Guhl (Magenta TV), Florian Hellenkamp (RTL), Milena Seyberth (ZDF) und Bernhard Sonnleitner (ProSiebenSat.1). Ursprünglich gehörten der Jury auch Stephan Lamby und Iris Bettray an - als sich allerdings abzeichnete, dass Produktionen von ihnen zu den Nominierten gehören, schieden sie aus der Jury aus.