Ich war ja so ahnungslos. Bis jetzt. Natürlich habe ich immer ein bisschen die Nase gerümpft, wenn die Kollegen von Uebermedien.de etwas aus ihrem "Topfvollgold" präsentierten und mir sagten, welchen Unsinn die Yellows gerade wieder verzapften, wie sie auf dem Titelblatt interessante Geschichten aufpumpten, die sich dann hinten im Heft als heiße Luft erwiesen. Stets fragte ich mich, wie blöd man sein muss, um sich so etwas mehr als einmal zu kaufen. Aber auch der Gedanke, wie blöd man eigentlich sein muss, um für solch ein Medium zu arbeiten, kam mir immer wieder. Wie dumm ich war.

Bis zum Freitag. Da habe ich in meinem Rewe abgeräumt. Vier Yellows habe ich erworben und dafür sechs Euro und neun Cent hingelegt. Ich muss sagen: Es hat sich gelohnt. Ich sehe nun ganz neue Berufsperspektiven. Ich weiß genau, dass ich raus muss aus diesem verdammten Journalismus mit seinen blöden Anforderungen an Recherche und Faktentreue. Ich habe daher auf meine späten Tage beschlossen, dass ich meine Profession ändern muss. Ich werde gelber Märchenonkel.

Die Chefs dieser Blätter mögen diese Zeilen als untertänigste Bewerbung ansehen. Ich möchte gerne in ihr Reich einziehen, in ihr Märchenland, bei Ihnen als Redakteur arbeiten. Als Qualifikation kann ich angeben, dass ich in den vergangenen Jahren schon ein, zwei Mal, vielleicht auch dreimal hemmungslos übertrieben habe in meinen Texten, um sie wichtiger aussehen zu lassen und mich bedeutender zu fühlen.

Außerdem bin ich ein recht guter Märchenonkel. Ich erzähle meinen Enkeln gerne Geschichten, die nicht stimmen und freue mich dann, wenn sie die Augen weit aufreißen. Ganz offensichtlich bin ich in der Lage, Hoffnungen zu wecken und die Enttäuschung beim Verweigern der Einlösung auf besondere Art abzufedern. Bei meinen Enkeln stehe ich auf einer Stufe mit Käptn Blaubär. Sie ahnen, dass das, was ich da erzähle nicht wahr sein kann, aber sie wollen trotzdem immer mehr davon.

Wenn die Chefs mich dann im Bewerbungsgespräch fragen, was mich an ihren Magazinen fasziniert, dann werde ich sagen, dass es die vielfältigen Quellen sind, die aus diesen Blättern sprudeln.

Nehmen wir beispielsweise mal die aktuelle Geschichte über Manuel Neuer. "Was von der Liebe blieb…" titelt "die aktuelle" und beklagt, dass vom Glanz der im Juni geschlossenen Torwart-Ehe nichts mehr geblieben ist. Zum Beleg führt sie an, dass die Ehepartner jeweils einmal allein an die Öffentlichkeit getreten sind, und dass an der Neuer-Villa am Tegernsee die Rollläden heruntergelassen sind und das Haus verwaist wirkt. Daneben steht ein Foto von einem Haus mit heruntergelassenen Rollläden. Mehr Beweise gibt es nicht für die dicke Zeile, die mit "Ein Jammer" beginnt. So leicht kann man in diesen Blättern zwei Seiten und den Titel füllen. Ich bin neidisch.

Oder die Sache mit Charles und Camilla, die "Das Goldene Blatt" kurz vor der "Blitz-Scheidung" sieht. Als Quelle muss "ein gut informierter Hof-Kenner" herhalten. Außerdem wird "in Palastkreisen" gemunkelt. Ja, da kann man schon mal eine knackige Titelzeile destillieren. Erst dachte ich, das sei ja nun schwerer Schwindel, was die da reportieren, aber letztlich zeigte es mir nur, dass ich noch nichts verstanden habe, dass ich noch viel zu lernen habe im Märchen-Business.

Sollte ich am Ende trotz meines Flehens nicht bei diesen duften Zeitschriften im Rewe-Regal landen, dann will ich unbedingt "ein gut informierter Hof-Kenner" werden und mich "in Palastkreisen" bewegen. Oder ich werde ein Vertrauter von irgendwem. Dann kann ich straflos in die Welt setzen, was ich will, irgendwem die Höchststrafe im Yellow-Reich angedeihen lassen: das Liebes-Aus.

Das droht im Goldenen Blatt Al Bano & Romina Power. Also eventuell, sagt ein Vertrauter. Wem das nicht passt, der liest halt lieber "Das neue Blatt". Da hat Romina angeblich über Al Banos Geliebte gesiegt, und beide, der Al und die Romina, haben sich auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt ein Lebkuchenherz gekauft mit der Aufschrift "Ich liebe dich".

Was ist nun richtig? Was ist falsch? Ich weiß es nicht. Ich bin zerrissen zwischen Wahn und Wahrheit. Ich muss da nochmal in die Lehre. Daher ändere ich meine Bewerbung jetzt und hier spontan um. Als Redakteur für diese Blätter habe ich noch zu wenig Phantasie, bin ich noch ein Unwürdiger, aber vielleicht darf ich ja wenigstens mal Kaffee kochen für die echten Redaktionschamps und ihnen über die Schulter schauen, wenn sie gerade auswürfeln, ob Florian Silbereisen und Helene Fischer aktuell im Glück schwelgen oder doch tief in der Krise stecken.