Foto: Brainpool/Andreas BerlDas Studio von Kerner sieht aber nicht gerade nach Wohnzimmer aus.

Kerner hat die geringste Wohnzimmer-Atmosphäre. Das hängt mit der Geschichte der Sendung zusammen, die ursprünglich "Die Johannes B. Kerner Show" hieß und anders ausgerichtet war. Das Set hat sich über die Jahre, wie die Sendung auch, weiterentwickelt. So etwas wie bei "Maischberger" oder "Beckmann" hingegen könnte man auch zu Hause machen. Dort habe ich versucht so viel Natürlichkeit wie möglich zu schaffen.
Wo sie gerade von Natürlichkeit sprechen: Wie kommt man dann auf den fahrbaren Schreibtisch bei „TV Total“ (Foto)?

Ich habe mich mit dem Regisseur ein paar Tage zurückgezogen und überlegt, was man Verrücktes machen kann. Auf der Suche nach einem unverwechselbaren Key-Visual-Element, das man mit der Sendung verbindet, hatten wir viele Ideen – zum Beispiel eine Rolltreppe. Irgendwann sind wir dann bei dem Schreibtisch gelandet. Gerade mit Stefan Raab ist so etwas sehr gut machbar, weil er viele Dinge selbstverständlich behandeln kann, die bei anderen absolut lächerlich wirken würden.

Haben Sie viele Ideen, von denen Sie selbst begeistert sind, die sich dann aber doch nicht realisieren lassen?

Manche Dinge scheitern einfach am Budget oder an der mangelnden Risikobereitschaft der Sender für optische Experimente. Was über die gängigen Sehgewohnheiten hinausgeht, wird selten vom Sender akzeptiert. Und der ist schließlich die letzte Instanz.

 
Sie arbeiten auch für Fernsehsender in Großbritannien oder den USA. Wie sieht es da mit dem Mut aus?

Dort kann man die Auftraggeber teilweise schon für extremere Erscheinungsbilder begeistern. Bei der Umsetzung kochen aber alle nur mit Wasser und machen vieles nicht besser als wir – eher schlechter oder unkoordinierter. Im Vergleich steht Deutschland beim Set-Design schon sehr weit vorn.

Wie groß ist der Anteil des Studio-Designs am Erfolg einer Sendung?


Das Design ist etwas, das der Zuschauer in den meisten Fällen nur unterschwellig wahrnimmt, weil es eine gewisse Selbstverständlichkeit hat. Bei einem Grossteil der Formate sticht es nicht hervor, weil in der Sendung die Inhalte dominieren sollen. Bei einer Talkshow wäre es falsch, wenn das Set wichtiger wäre als das Gespräch. Anders bei „Deutschland sucht den Superstar“, da ist das Set ein wesentlicher Teil der inszenierten Show.

Und wenn es mit der Sendung nicht läuft: Gibt man Ihnen schnell die Schuld?


Mir hat noch nie jemand direkt die Schuld für eine erfolglose Sendung gegeben. Wenn etwas nicht erfolgreich ist, wird meist an vielen Schrauben gedreht, auch am Bühnenbild. Ob das dann was nützt, kann ich nur schwer beurteilen. Eine Sendung definiert sich in erste Linie über die Inhalte und das Konzept. Aber ganz Klar, wenn ein Bühnenbild nicht zur Sendung passt, dann hat das negative Auswirkungen.

Auch bei „Anke Engelke“, für deren Late-Night-Show bei Sat.1 Sie das Set entworfen haben, hat man es vor dem Aus noch mit einem kleineren Studio versucht.

Stimmt. Das Studio war sehr groß. Es war aber damals der Wunsch, ein Studio zu haben, das viele Möglichkeiten bietet. Es gab mehrere Vorschläge: Eher weibliche und welche, die sich am Vorgänger orientierten. Es wurde so entschieden, wie es zu sehen war. Wie etwas letztendlich aussieht, entscheiden ja nicht nur die Designer, sondern auch die Auftraggeber.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich das Set-Design weiterentwickelt und welche Sendung für Florian Wieder noch eine große Herausforderung wäre.