Foto: International EmmyAn diesem Donnerstag werden in der Kölner Marienburg die Semi-Final-Judgings zu den diesjährigen International Emmy Awards veranstaltet, die im November in New York City verliehen werden. Fünf Jurys, jeweils besetzt mit zehn Branchen-Experten, entscheiden über das Weiterkommen der 60 verbliebenen Wettbewerbsbeiträge aus ganz Europa in den sechs Kategorien Best Actor/Actress, TV-Movie/Mini-Series, Telenovela, Arts Programming und Documentary.

Gastgeber der Jury-Sitzungen und des anschließenden Empfangs sind Academy-Botschafter Leopold Hoesch und die Academy-Mitglieder Michael Smeaton, das ZDF sowie ZDF.enterprises. DWDL.de traf Leopold Hoesch, der 2005 mit seiner Produktionsfirma Braodview TV und der Dokumentation "Das Drama von Dresden" einen International Emmy gewann, und Filmproduzent Michael Smeaton ("Rosamunde Pilcher") vorab und sprach über den International Emmy und die Möglichkeiten des internationalen Marktes für deutsche Produktionen.
 
Herr Hoesch, Herr Smeaton. Am Donnerstag fallen in Köln die Vorentscheidungen für den diesjährigen International Emmy. Dabei findet die Preisverleihung erst Ende November statt...

Foto: Broadview.tvLeopold Hoesch (Foto): Wenn Sie den weltweit vielleicht wichtigsten Fernsehpreis verleihen und den Anspruch haben, auch das gesamte weltweite TV-Programm von Australien bis Kanada, von Chile bis Japan abzudecken, dann bedarf das einer enormen Logistik rund um den Globus. Mit unserem Judging-Event unterstützen wir diesen Auswahlprozess in Europa, die vorletzte Etappe in dieser Region, bevor dann die finalen Entscheidungen in New York fallen.

Michael Smeaton: Die Veranstaltung sehen wir als eine Leuchtturm-Veranstaltung, die den International Emmy in Deutschland propagieren soll. Deswegen haben wir versucht, möglichst hochkarätige Gäste aus der Branche für den Event zu gewinnen. Dazu gehören Kreative, bekannte Persönlichkeiten, Programmverantwortliche wie auch medienpolitisch bedeutsame Personen. Wir wollen eine Emmy-Community in Deutschland schaffen. Der Preis hat es verdient.

Wie genau geht es denn nach den Jury-Sitzungen in Köln weiter?

Leopold Hoesch: Das was die Jurys auswählen, zwei Beiträge pro Kategorie, ist dann schon das, was in Europa das Beste der Einreichungen ist. Aus Deutschland sind übrigens auch starke Programme dabei. Asien/Afrika, Südamerika und die englischsprachige Welt liefern noch mal je zwei Beiträge dazu. Und in New York werden dann aus den acht Beiträgen in jeder Kategorie noch einmal die vier besten ausgesucht, die dann im Oktober nominiert werden.

Wie viele deutsche Produktionen wurden denn in diesem Jahr eingereicht?

Leopold Hoesch: Es ist sehr erfreulich, dass es jedes Jahr etwas mehr wird, was die Chancen auf einen deutschen Emmy-Gewinn steigert.

Woran liegt die geringe Beteiligung aus Deutschland?

Leopold Hoesch: Ich glaube es wird in Deutschland unterschätzt wie viele Möglichkeiten der internationale Markt bietet und wie sehr ein international wahrgenommener Erfolg dabei helfen kann. Es liegt natürlich auch daran, dass deutsche Produzenten in den meisten Fällen alle Rechte an den auftraggebenden Sender abgeben und keinen echten Nutzen z.B. in einer internationalen Vermarktung sehen. Als Preisträger kann ich nur sagen: Der International Emmy ist vielleicht der einzige internationale Fernsehpreis, der wirklich überall hoch geschätzt und auch erkannt wird. Selbst so bedeutende Preise wie ein Bambi oder ein deutscher Fernsehpreis zählen im Ausland leider wenig.

Und auf das Ausland kommt es Ihnen sehr an, entnehme ich Ihrer Aussage.


Leopold Hoesch: Deutsche Produzenten haben das Privileg des großen Heimatmarktes. Wenn es uns gelingt, zusätzliches Geld für unsere Produktionen aus dem Ausland aufzutreiben, können wir international bedeutsame Größenordnungen viel leichter stemmen als Wettbewerber aus kleineren Länden wie z.B. England. Es wäre doch auch vor dem Hintergrund, dass Programmexport Kulturexport ist äußerst erfreulich, wenn wir mehr davon auf die Beine stellten.

Woran liegt die Trägheit der deutschen Produzenten? Allzu laut vernimmt man das Stöhnen der Produzenten bzw. den Wunsch nach Auslandsvermarktung noch nicht.

Foto: BrunomediaMichael Smeaton (Foto): Wir sind einfach gewohnt, als Auftragsproduzenten zu arbeiten, also im Auftrage der Sender aber dafür auch voll finanziert. Wir sind nicht darauf angewiesen gewesen, das Programm selbst zu vertreiben. Wir sind auch gar nicht gewohnt, Erlöse zu erzielen, wie das sonst in der ganzen Welt üblich ist. In Frankreich oder England zum Beispiel finanziert ein Sender nie 100 Prozent eines Films. Die Produzenten brauchen dort Partner, die sie dann wiederum durch die Einnahmen z.B. aus dem internationalen Vertrieb bezahlen. Das deutsche System der 100 Prozent-Auftragsfinanzierung will mancher vielleicht aus Bequemlichkeit nicht durchbrechen. Die Kehrseite ist: So kann sich kein genuines Interesse am internationalen Markt entwickeln. Das führt  übrigens auch dazu, dass ein Großteil des aktuellen deutschen Programms gar nicht exportierbar ist, weil die Produzenten beim Generieren des Programms darauf keinen Wert legen mussten.

Leopold Hoesch: Wir müssen die Spielregeln verändern, weil sonst bleibt das ähnlich erfolglos wie der Versuch in einem runden Raum etwas in die Ecke zu stellen. Das Problem ist doch: Wenn es keine Autobahnen gibt, können Sie die schönsten Autos bauen und es nützt nix. Und die Autobahnen kontrollieren momentan noch die Sender. Insbesondere die ins Ausland.

Michael Smeaton: Wobei man fairerweise sagen muss, dass es ja schon Beispiele für deutschen TV-Export im kontinental-europäischen Rahmen gibt. Jan Mojto zeigt, wie es gehen kann. Aber die Tatsache, dass in diesem Zusammenhang immer sein Name fällt, zeigt ja, dass es noch nicht genügend andere gibt, die es auch machen.