
Uns erreichten in jenen Wochen viele Videos via YouTube oder andere Verbreitungswege, die Szenen und Eindrücke aus dem Iran schilderten, was die Kollegen vor Ort - für uns war ja Antonia Rados im Iran - so bestätigen konnten. Dass aber auch jemand vor Ort nicht bei jedem Vorfall dabei sein kann, wie etwa der Ermordung von Neda, bringt für uns dann die Verantwortung mit sich, dass wir unseren Zuschauern sagen „Diese Bilder haben uns erreicht, aber wir können nicht hundertprozentig verifizieren wo und wann sie entstanden sind.“ Mit solchen Einschränkungen haben es alle Nachrichtensendungen gezeigt. Ich halte es für legitim in unserer neuen Medienwelt, wenn wir unsere Restzweifel deutlich artikulieren. Es ist nicht verwerflich, nicht alles zu wissen. Es wäre nur verwerflich, dies nicht zu betonen. Das gilt übrigens genauso für Leser-Fotos und Videos, die wir zugeschickt bekommen.
Wenn Alfred Neven DuMont nicht als erster Verlagsvertreter Staatshilfen für Zeitungen fordert, um den Qualitätsjournalismus in Deutschland zu retten - stimmen Sie da zu?
Ich will mich in die Diskussion der Print-Kollegen nicht einmischen. Aber wenn es um die Frage staatlicher Unterstützung geht, die immer auch staatliche Einmischung bedeutet, bin ich grundsätzlich sehr zurückhaltend. Qualitätsjournalismus wird dann eine Chance haben, wenn er seinen Markt findet, egal ob das nun in Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Radio oder Online geschieht. Wir bei RTL brauchen kein Geld vom Staat. Wir produzieren jeden Tag fast sechs Stunden live Nachrichten- und Informationsprogramme, und wir finanzieren das gerne und bewusst aus eigener Tasche. Aber offenbar wird es immer wichtiger darauf hinzuweisen, dass die Spielregeln für alle Marktbeteiligten die gleichen sein sollten – und auch dass sie einen fairen Wettbewerb zulassen. Aus ordnungspolitischer Sicht sind wir davon noch immer weit entfernt.
Ist es nicht der Treppenwitz des Jahres, dass die Verlage nach der Politik rufen, während die lautstarke und kritische Debatte um den politischen Einfluss beim ZDF geführt wird?
Jeder, der in diesem Jahr zum ersten Mal feststellt, dass die Politik mitspielt beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, muss die letzten 40 Jahre geschlafen haben. Zum politischen Einfluss in den Medien sage ich nur: Wer die Politik im Boot hat, muss damit rechnen, dass sie auch rudern will.
Ist es also angenehmer, dem Druck von Quote und Finanzierung ausgesetzt zu sein, als politischem Druck?
Wir sind in der guten Situation, mit Anke Schäferkordt eine Geschäftsführerin zu haben, die den Wert von Journalismus hoch ansieht. Und das war bei allen Chefs unseres Unternehmens so, seit der Gründung von RTL 1984. Nur so konnten wir in den vergangenen 25 Jahren kontinuierlich eine Informationskompetenz aufbauen, die manchen anderen Sendern fehlt. Und was den Druck von Quote und Finanzierung angeht: der hat uns immer angespornt und nie gelähmt.