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Programmqualität lässt sich nicht von einem Elfenbeinturm aus bewerten. Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei uns Kritiken zu Filmen und TV Programmen im Vergleich zum angelsächsischen Markt weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Dort basieren Bewertungen auf nachvollziehbaren Kriterien aus denen man Schlüsse ableitet. Es gibt klare Maßstäbe. Das haben wir hier selten, bei uns spielt das persönliche Geschmacksurteil des Autors eine größere Rolle und deswegen interessieren die Kritiken die Zuschauer häufig nicht. Es gibt ja schon fast die Regel: Von Kritikern gelobte Serien und Filme werden Quotenflops. Und umgekehrt: Gescholtene Formate werden vom Publikum geliebt. Da ist, glaube ich, noch ein deutlicher Optimierungsbedarf.
Wie beim deutschen Fernsehen allgemein...
Wir haben das beste Fernsehen der Welt – im Vergleich zu anderen Märkten quasi ein programmliches Schlaraffenland. Und neben der großen Programmvielfalt haben wir zahlreiche ambitionierte Versuche wie im „Das kleine Fernsehspiel“ oder „Debüt“ im Ersten oder auch Experimente der Privaten wie Sat.1 mit "Die Grenze". Auf ein derartiges Angebot an Programmen könnten wir als Branche gemeinsam stolz sein.
Und wie passt da Scripted Reality ins Bild? Ihr Kollege Nico Hofmann verblüffte mit der Aussage, dass das hervorragend produziertes Fernsehen sei. Teilen Sie die Ansicht?
Man muss jedem Genre auf seine Art gerecht werden. Wenn wir Factual Entertainment bewerten wollen, dann müssen wir schauen, ob die Formate innerhalb ihres Genres gute ausgedachte und gemachte Programme sind. Ist handwerklich sauber produziert worden, ist die dramatische Struktur gelungen? Wenn das Publikum damit nachmittags regelmäßig vor den Fernseher gelockt werden kann, wurde da wohl etwas richtig gemacht Aber es gibt ja manche die glauben zu wissen, was gut oder schädlich für’s Volk ist.
Keine Einwände?
Natürlich hätten wir es lieber, dass nachmittags Telenovelas oder Daily Dramas laufen - für werbefinanzierte Sender ist das jedoch nicht refinanzierbar. RTL hat nach den Courtshows eine Reihe von unterschiedlichen Programmideen unter Live-Bedingungen getestet. Am Ende konnte man so die Formate identifizieren, die beim Publikum auf die beste Resonanz gestoßen sind. Das war eine sehr ordentliche Programmoptimierung.
Die gute alte Ufa, aus der klassischen Fiction kommend, hat also ihren Frieden geschlossen mit Scripted Reality?
Die gute alte Ufa gibt es schon lange nicht mehr – die moderne UFA ist das erfolgreichste Programmunternehmen im Markt. Wir sind sowohl was unsere Sendepartner angeht, aber auch was das Genreportfolio betrifft, breit aufgestellt. Dabei sind wir sicherlich mit Abstand der leistungsfähigste Fiction-Produzent mit vier darauf spezialisierten Firmen in Deutschland. Wir sind aber auch der stärkste Entertainmentproduzent und produzieren ja mit der UFA Entertainment auch unter anderem im Bereich Dokusoaps und Factual Entertainment. Da werde ich natürlich nicht unsere Produktionen untereinander werten und sagen das eine Genre ist wertvoller als das andere.
Sie kommen gerade aus Cannes zurück. Hellt sich die Stimmung in der Branche insgesamt wieder auf?
Ich glaube, die Voraussetzungen für eine optimistische Stimmung sind da. Wenn man die Nachrichten der letzten Zeit verfolgt hat, dann wissen wir, dass sich die werbefinanzierten Sender in Deutschland aber auch in den wichtigsten europäischen Ländern überraschend schnell erholt haben von den Auswirkungen der Rezession. Wir freuen uns, wenn unsere wichtigsten Partner gut dastehen, aber sie haben natürlich in der Zeit der Krise erheblich Kosten und dabei auch Programmbudget reduziert. Auf diesem reduzierten Niveau – bei verstärktem Wettbewerb - die programmliche Zukunft zu gestalten, halte ich für eine Illusion. Wir schauen mit Sorge auf eine verringerte Gesamtmenge der Programmbudgets aller Sender.