Herr Wieder, Sie sind viel unterwegs. Gibt es da noch so etwas wie Heimat?

Heimat ist schon zuhause in Starnberg bei München. Aber ich bin extrem gerne hier in Los Angeles und kann mir auch vorstellen, komplett hier zu leben. Mal abwarten was die nächsten Jahre so mit sich bringen, ich bin ja jetzt schon ziemlich hier, weil wir sehr viele Projekte in den USA haben.

Welche Projekte sind das? Nach „X Factor“ in UK und Deutschland vermutlich die im Herbst anstehende US-Version?

Wir planen seit Ende letzten Jahres schon die US-Version von „X Factor“. Das wird noch größer als in England, geradezu riesig werden. Es wird eine Herausforderung, weil Simon Cowell das Format in den USA noch einmal auf ein ganz neues Level bringen will. Das Studio wird definitiv spektakulärer als das von „American Idol“. Da legt Simon Cowell großen Wert drauf (lacht).
Ansonsten arbeiten wir gerade an den MTV Video Music Awards, den CMT-Country Music Awards und dieversen anderen Projekten.

 

 

Lässt sich denn die amerikanische Branche gerne von einem Deutschen erklären, wie man ihr Fernsehen besser gestalten kann?

Es war ja glücklicherweise nicht so, dass ich hierher gekommen bin und um Aufträge gebettelt hab, sondern ich wurde gefragt ob ich die Projekte machen möchte. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, was sich an die Frage gleich anschließt, der Grund warum ich so gerne hier in den USA arbeite, ist der deutlich respektvollere Umgang miteinander. Die deutsche Fernsehbranche ist teilweise schon ein bisschen grob im Umgang. Das ist hier komplett anders.

Können Sie das konkretisieren?

Es gibt einen sehr grossen Respekt vor kreativer Einzelleistung und gleichzeitig unglaublichen Teamgeist - das motiviert. Es ist vielleicht auch eine Frage der Mentalität. Ich habe das Gefühl, die Amerikaner sind in Bezug auf ihre Arbeit weniger eitel als die Deutschen. Ich meine damit nicht die oberflächliche Höflichkeit mit der man sich gegenseitig auch manchmal das Leben einfacher machen kann. Wenn etwas schief läuft, wird in Deutschland zuerst ein Schuldiger gesucht und auf ihn eingeprügelt, in den USA wird erstmal eine gemeinsame Lösung für das Problem gesucht. Deshalb macht mir die Arbeit hier eben so großen Spaß. In England ist es ähnlich.

Das klingt so als reize Sie der amerikanische Markt deutlich mehr als der deutsche...

Natürlich ist das spannend für mich, weil ich hier die Chance habe, Projekte zu machen, die es in Deutschland in dieser Dimension nicht gibt. Auch die Budget Situation ist hier, zumindest bei großen Projekten, eine deutlich andere. In Deutschland werden Sets für verschiedene Sendungen mehrfach verwendet und oft nur leicht abgeändert. Unter diesen Umständen ist es manchmal wirklich schwer, einer Sendung ein eigenes Gesicht zu geben. Es funktioniert irgendwie, aber es ist nicht optimal. Hoffen wir, dass sich das irgendwann wieder ändert. Bislang hebt leider kaum ein Sender die gesunkenen Budgets aus der Krisenzeit wieder an.