Wenn man sich nun ein bisschen vom Genre Krimi aus öffnen will, welche Richtungen gibt es denn dann, die für RTL geeignet also massenkompatibel sind?

Barbara Thielen: Es gibt noch das klassische Genre des Medicals, auch wenn hier in Los Angeles in der Richtung wenig dabei war. Und bei Eigenproduktionen ist die Frage, wie man Family bei RTL definiert. Im Grunde genommen ist „Doctor‘s Diary“ auch keine Arztserie. Sie spielt zwar im Krankenhaus, aber es geht ja eher um die Figuren. So muss man Familiengenre bei RTL definieren.

Wenn wir nochmal von Lizenzware sprechen: Wo ist der Bedarf größer? Bei RTL oder bei VOX?

Jörg Graf: Bezogen auf die Anzahl der Sendeplätze haben wir bei VOX einen höheren Bedarf an Kaufprogramm als bei RTL. Der Bedarf ist aber wegen der unterschiedlichen Positionierungen von VOX und RTL auch inhaltlich verschieden. Nicht jedes Format was für RTL gut ist, ist automatisch für VOX geeignet oder umgekehrt und nicht bei allem, was wir hier in L.A gesehen haben, möchte man sofort zugreifen. Wie ich es anfangs erwähnt habe: Das wenigste ist schlecht, vieles würde dennoch bei uns nicht funktionieren, speziell in der PrimeTime. 

Während die Mediengruppe RTL Deutschland sehr auf Crime abonniert ist, sind die Wettbewerber in Unterföhring thematisch etwas breiter aufgestellt. Wie verrückt darf eine Serie sein, dass sie noch tauglich ist für RTL?

Jörg Graf: Ich habe keine Angst vor verrücktem Programm, ich habe bisher nur kein gutes verrücktes Programm gesehen. Mit verwirrenden Plots und unverständlichen Charakteren macht das keinen Sinn. Es kann gerne etwas Besonderes sein, was sich von dem Vorhandenen komplett abhebt. Dennoch muss es gewissen Qualitätsansprüchen genügen und dem Zuschauer die Chance lassen, die Geschichte zu verstehen.

Die meisten Serien der LA Screenings sind ja je nach Studio durch Output-Deals mehr oder weniger schon vergeben. Sind diese Deals Segen oder Fluch?

Jörg Graf: Für die Sender ist es nach wie vor kein einfaches Geschäft. Dass ein Studio, das einmal tolle Sachen im Portfolio hatte, diese auch automatisch in Zukunft hat, kann ich aus meiner Erfahrung nicht generell bestätigen. Ich empfand die einzelnen Studios in der Masse ihrer Pilotierungen als für die Mediengruppe RTL unterschiedlich geeignet. Einen Output Vertrag über 3 oder 4 Jahre kann niemand exakt vorhersagen. Deshalb bauen wir beispielsweise mit „Transporter“ eine dritte Säule neben Eigenproduktion und Output-Deals auf. Wir werden weiterhin mit den US-Studios kooperieren und kombinieren verschiedene Kauf- und Produktionsmodelle zu einer gemischten Strategie.

Frau Thielen, Herr Graf, herzlichen Dank für das Gespräch