Herr Limbourg, mitten in der Eurokrise ein Interview beim Mittagessen. Wieviel Zeit haben wir denn?

Wenn jetzt in den nächsten 60 Minuten etwas passiert, dann würde das Gespräch wahrscheinlich schneller enden, aber es sieht heute mal nicht danach aus. Und das Gute ist ja, dass ich in drei Minuten drüben bin und für eine Sondersendung bei Sat.1 bedarf es ohnehin ein bisschen Vorlauf. Es ist etwas anderes als einen Nachrichtensender zu verantworten.

Da ist es bei Sat.1 entspannter als bei N24?

Das wäre eine gewagte Aussage. Und wir sind ja auch aktuell mit Sondersendungen im Tagesprogramm unterwegs. Zum Tode Gaddafis oder zum Bundestagsmandat für den EU-Gipfel in Brüssel. Wenn etwas Wichtiges passiert, dann bekommt der Zuschauer bei Sat.1 nicht nur früh morgens und abends Nachrichten, sondern auch tagsüber und nachts.

 

 

Nehmen Sie es mir übel, wenn Sat.1 trotzdem nicht meine erste Wahl bei aktuellen Nachrichten ist?

Nein, da würden Sie als Newsjunkie wahrscheinlich erst zu den Nachrichtensendern gehen oder ins Internet. Das ist klar. Sat.1 ist auch kein Nachrichtensender, sondern ein Unterhaltungsprogramm. Aber uns ist wichtig, dass der Sat.1-Zuschauer weiß, dass wenn etwas Wichtiges passiert, dann muss er nicht hektisch rumschalten, sondern wird auch bei uns gut informiert.

Am Vormittag hat Sat.1 eine lange Live-Strecke mit dem Frühstücksfernsehen – und dann nur noch die Nachrichten um 20 Uhr. Wünscht sich der Informationschef nicht ein weiteres festes Format im Tagesprogramm?

Es ist klar, dass jeder Nachrichten-Verantwortliche so viele Nachrichtensendungen wie möglich haben möchte und am besten noch eine Nachtsendung, aber man muss der Realität ins Auge sehen und auch die Kosten betrachten. Dafür haben wir ja den Weg gewählt zu sagen, kurze Sondersendungen machen zu können. Das geht auch relativ fix: Zwei bis drei Mails, ein Anruf und dann wird das umgesetzt. Uns ist es wichtig, dass wir das inhaltliche Niveau halten und unsere Marktanteile ausbauen, besonders bei den „Sat.1 Nachrichten“ um 20 Uhr. Das ist gelungen.

Die Entscheidung mit den Nachrichten gegen die „Tagesschau“ anzutreten war sehr gewagt. Gab es einen konkreten Moment an dem Sie gemerkt haben, dass die Entscheidung richtig war?

Sie merken es, wenn Sie von mehreren Leuten darauf angesprochen werden und damit meine ich nicht Medienkritiker. Wenn Sie merken, dass Sie wahrgenommen werden, ist das der wichtigste Erfolg. Und dann dauert es sicherlich über ein Jahr, bis Sie wirklich das Gefühl haben, sich frei geschwommen zu haben und sich zuhause fühlen. Es ist schwer den Tag festzumachen, an dem ich gesagt habe „Jetzt funktioniert es“. Aber das erste Jahr war kein leichter Gang. Unsere Branche kennt ja meistens immer nur totale Verlierer oder strahlende Sieger und gute Motive werden auch grundsätzlich nicht unterstellt, insofern muss man dann einfach sagen „Augen zu und durch“ oder so wie Tom Petty singt „You need rhino skin“. Dann ist es schön, wenn es funktioniert. Wir haben jetzt im Jahresschnitt über zwei Millionen Zuschauer. Wir spielen damit in der ersten Liga der Nachrichtenangebote in Deutschland. 

Also über alle Medien hinweg?

Ein Vergleich der unterschiedlichen Mediengattungen ist schwierig. Aber es gibt wohl nicht viele Nachrichtenangebote, die an einem Tag zwei Millionen Menschen informieren. Es ist eine erhebliche Masse an Leuten. Die Hälfte davon aus der Zielgruppe, aber bei Nachrichten kommt es, wie ich finde, nicht nur auf die Zielgruppe an, sondern auf die Frage, wie sie auf die Wahrnehmung des Senders wirken. Haben die Leute das Gefühl, ich brauche nichts anderes zu gucken? Das ist für mich selbst ein Ziel, wenn wir es geschafft haben das Programm so zu gestalten, dass wir unsere Geschichten am nächsten Tag sowohl auf der Seite eins der „Bild“, als auch aus Seite eins der „FAZ“ wiederfinden.

Wenn die „Tagesschau“ als Non-Plus-Ultra unter den Nachrichtenangeboten gilt und sich zwei Millionen Zuschauer dennoch jeden Abend dagegen und für die „Sat.1 Nachrichten“ interessieren. Was erwarten die von Sat.1 Besseres?

Ein Unterschied liegt schon in der Frage, ob sie einen festen Moderator oder wechselnde Sprecher haben wollen. Bei der „Tagesschau“ gibt es keine Identifikation mit dem einen Gesicht der Sendung. Und dann hat die „Tagesschau“, ganz wertfrei gesagt, eine Verlautbarungs-Anmutung. Es ist also auch die unterschiedliche Herangehensweise. Was wir versuchen, ist, die Dinge möglichst verständlich zu erklären. Ich glaube das ist die Hauptchance, die wir haben. Wir haben weder das Personal noch das  Geld der ARD, also müssen wir sehen, wie wir es anders aufarbeiten können. Wir können auch das Rad nicht völlig neu erfinden, aber wir können uns immer wieder fragen, wie können wir es möglichst einfach, dennoch klar, seriös und verständlich erklären.