Es darf im Talk bei "Stern TV" also inzwischen etwas härter zur Sache gehen?

Das fällt mir schwer zu vergleichen, weil ich auch weit davon entfernt bin, Haltungsnoten an Günther Jauch zu verteilen. Aber wenn ich die Chance habe, mit jemandem sechs oder acht Minuten über ein möglicherweise umstrittenes Thema zu sprechen, dann verdienen gerade die Medienprofis eine zupackende Art. Auch bei einem Interview mit einem Commerzbank-Vorstand war kürzlich vielleicht zu spüren, dass Gast und Gastgeber nicht immer in Eintracht auseinandergehen müssen.

Der gute Mann wirkte am Ende beinahe verstört...

Ich weiß nicht, ob er verstört war, aber er hat wohl gemerkt, dass wir bei der Darstellung der fragwürdigen Geschäfte im Vorfeld gründlich gearbeitet haben. Mit so viel Kritik und Betroffenheit hat er vielleicht nicht gerechnet.

Stichwort Austausch: Inwiefern mischt sich Günther Jauch, der das Format immerhin über 20 Jahre lang moderierte, heute noch in "Stern TV" ein?

Er ist nach wie vor der Produzent der Sendung und das ist auch schön und beruhigend zu wissen. Jedes Feedback von ihm höre ich gerne, weil niemand anderes kompetenter über "Stern TV" sprechen kann als der Mann, der es über zwei Jahrzehnte geprägt hat. Einmischung erfahre ich nicht, weil er gelassen genug ist, die Moderation abzugeben. Seine Schwerpunkte liegen derzeit ganz klar in Berlin bei seinem Talk. Insofern ist er niemand, der am Mittwochnachmittag zum Hörer greift und Anweisungen gibt. Ganz davon abgesehen, ist Günther Jauch schlau genug zu wissen, dass auch ein Nachfolger laufen lernen und seine eigene Handschrift entwickeln muss. Dafür war Günther Jauch selbst oft genug Nachfolger.

Das macht ja Hoffnung für die "Wetten, dass..?"-Nachfolge...

Ich habe mal gehört, dass man sich auch beim ZDF diese Nachfolge-Geschichte bei „Stern TV“ aufmerksam angesehen hat. Wenn daraus der Schluss kommt, dass man prominente Fernsehplätze auch mit Menschen besetzen kann, die noch keinen großen Namen und keine große Prominenz mitbringen, würde mich das freuen. Die Zuschauer sind nämlich bereit, auch solchen Menschen einen Platz in ihrem Wohnzimmer zu geben – vielleicht nicht nur trotz ihrer geringeren Prominenz, sondern gerade deswegen.

Ist „Stern TV“ nun die Erfüllung aller Träume oder soll da noch mehr kommen? Ein Polittalk zum Beispiel?

(lacht) Naturgemäß wird der Polittalk erst wieder in 20 Jahren neu besetzt, aber das ist völlig in Ordnung. Ich bin jedenfalls nahezu wunschlos glücklich und habe mir dieses Jahr auch ganz bewusst für „Stern TV“ freigehalten, weil auch nicht klar war, wie viel Arbeit auf mich zukommen würde. Dabei muss es in Zukunft natürlich nicht bleiben. Ich möchte nicht ausschließen, dass wir noch weitere Ideen neben „Stern TV“ entwickeln werden.

Vielleicht auch mal für die große Show-Bühne?

Ich habe mich eigentlich immer im Infotainment-Bereich bewegt und das Unterhaltsame im Ernsten entdeckt – diese Mischung ist wohl meine Schlüsselqualifikation. Gut möglich, dass ich mich künftig wieder mal einem unterhaltenden Format widmen werde, wie ich es früher schon im Radio getan habe. Aber dafür nehme ich mir alle Zeit der Welt.

Viel Erfolg dabei und herzlichen Dank für das Gespräch.