Herr Schablitzki, eine Definitionsfrage zu Beginn. Ist RTL Nitro ein Männersender?

Wir sind ein Premium-Unterhaltungssender, der seinen Schwerpunkt auf die männliche Zielgruppe gelegt hat.

Ahja.

Wir sehen da schon einen Unterschied. Dieser feine Unterschied ist wichtig, denn ein reiner Männersender würde sich mit seinem Angebot ausschließlich an die männliche Zielgruppe richten. Aber bei uns sind Frauen natürlich auch willkommen. Wir programmieren aber eben mit den Interessen der Männer im Blick und positionieren uns so klar komplementär zu den anderen Free-TV-Sendern der Mediengruppe aber natürlich auch zum Markt.

Wer sind eigentlich Ihre engsten Wettbewerber? Sei es bei Programmakquise oder im Publikumsmarkt?

Im Programmmarkt sind es aufgrund der ökonomischen Möglichkeiten natürlich die Sender der vierten und fünften Generation. Also Tele 5, DMAX, aber auch die öffentlich-rechtlichen Digitalprogramme, wobei wir da schon wieder die Vergleichbarkeit verlassen, wenn man sich die Budgets anschaut, die dort ausgegeben werden.

Der Sender wird am 1. Januar neun Monate alt. Da stellt sich die Frage: Wann lernt der Sender laufen? Und welche Reichweite braucht er dazu?

Die Marktanteile von RTL Nitro lagen bisher weit über unseren Erwartungen. Über konkrete Zielvorgaben in Jahren haben wir uns für RTL Nitro bewusst bedeckt gehalten. Für mich als Programmacher sind die guten Marktanteile von RTL Nitro allerdings ein kurzes Glück, denn wir wollen natürlich weiter wachsen. Der zweite Aspekt ist die Kapitalisierung. Da werden wir allerdings 2013 erst verlässliche Zahlen haben und sehen wie RTL Nitro auch am Werbemarkt funktioniert. Die ersten Indikationen sind allerdings positiv. Die Entwicklung eines Senders verläuft nie linear - sowas gibt es nur in Businessplänen. In der Realität sieht das eher aus wie ein Bergsteigen. Gerade wenn man vor so einer kritischen Marke wie dem 1-Prozent-Marktanteil steht, fragt man sich natürlich wie es jetzt weiter gehen soll mit dem Sender. Wir machen uns keinen Druck, aber wir wollen natürlich an den Wettbewerb der vierten und fünften Sendergeneration anschließen.

Dazu brauchen Sie neues Programm, denn die zum Start verfügbaren Serien waren bislang in der Gruppe ungenutzte Rechte. Baut man weiter allein darauf? Wie aktiv investieren Sie ins Programm?

Wir haben sehr früh angefangen ins Programm zu investieren. Das hat man von außen vielleicht nicht so wahrgenommen, aber wir haben verhältnismäßig viel Geld in die Hand nehmen müssen um zum Beispiel die Daytime überhaupt programmieren zu können. Rund 80 Prozent unserer Daytime besteht aus zugekauften Programmen. Am Ende versuchen wir eine ausgeglichene Programmbilanz aus zugekauften Programmen und Archivware zu haben. Für eine eingeführte Programmmarke wie "CSI" muss jeder Sender dankbar sein - diese Programme sind Selbstläufer und viel leichter zu programmieren als Premieren. Aber dazu sehen wir RTL Nitro als Plattform für Kultserien, die im breiten Markt noch nicht angekommen sind.

Hat RTL Nitro die gleiche Primetime wie die großen Sender? Welche Sendestrecken sind für Sie besonders wichtig?

Wir sehen in der Nutzung von kleineren Sendern, dass die eigentliche Primetime unabhängig von der Programmqualität das schwerste Umfeld für kleinere Sender ist. Nach der eigentlichen Primetime kommt unsere Primetime ab 22 Uhr. In dieser Zeit steigern sich RTL Nitro und andere kleinere Sender sehr deutlich. Wir haben teilweise lineare Entwicklungen von 0,5 Prozent auf bis zu 4 Prozent gegen Mitternacht. Unsere Aufgabe ist es dann entsprechend etwas anzubieten und die Zuschauer bis in den späten Abend und die Nacht mitzunehmen. Das muss man erstmal lernen.

Welche Rolle spielt die Daytime? Früher haben kleinere Sender sich ja immer auf die Abendstunden konzentriert, weil die TV-Nutzung dort nun mal am höchsten ist....

Wir wollen mit der Daytime natürlich auch eine Alternative zum Markt anbieten. Gegen das, was in der Breite am Nachmittag stattfindet, nämlich Scripted Reality, setzen wir bewusst Fiction. Wir setzen da auch auf Fiction mit einem gewissen Alter. Ein Programm was in den 80ern groß war, bringt bis zu drei Generationen vor den Bildschirm. Das gelingt uns auch sehr gut. Am Nachmittag sind wir deshalb überproportional stark und natürlich auch etwas älter. Wir nehmen das gerne in Kauf, denn wir sind im ersten Jahr und brauchen Relevanz. Das eigentliche Feintuning in den Kernzielgruppen ist ein Projekt für die kommenden Jahre.

Und bei dieser Relevanz helfen Klassiker?

Absolut. Nach unserer Erfahrung würde ich sagen, dass es ein dutzend TV-Serienklassiker auf dem Markt gibt, die das Potential haben langfristig in der Daytime zu tragen. Nicht alle, weil manche auch nur vom kurzen Nostalgie-Effekt leben aber Serien wie "Knight Rider" und "Walker, Texas Ranger" sind für uns eine sichere Bank.

Um aber nochmal zur Primetime zurückzukommen: Gestartet sind Sie mit „Modern Family“ als Leuchtturm-Programm. Braucht es so etwas auch in Jahr 2? Oder wollen Sie über die Breite wachsen?

Ich antworte erst einmal erwartungsgemäß: Beides. Aber natürlich brauchen wir auch im zweiten Jahr neue Leuchtturm-Programme mit denen wir Aufmerksamkeit generieren können. Nicht immer klappt das. "Alcatraz" hat zum Beispiel große und gute Presse bekommen, performt aber eher durchschnittlich. Andere Programme wie "Cobra 11" tragen da mehr zum Senderschnitt bei. Wir werden im kommenden Jahr sehr gezielt nachlegen. Wir sehen sehr gut, wo unsere Strategie funktioniert und welche Stellschrauben wir weiter drehen müssen.