Und wo sehen Sie im VoD die größere Perspektive: Bezahlt oder werbefinanziert?
Nun, die Deutschen zahlen nicht gerne (lacht). Also traditionell haben es Bezahlangebote in Deutschland schwieriger, weil der deutsche Fernsehzuschauer mit einer enormen Vielzahl an FreeTV-Sendern verwöhnt ist und anders als die Briten das Gefühl für guten Content eben zahlen zu müssen, noch nicht so verinnerlicht hat. Aber wir drücken all unseren Geschäftspartnern natürlich die Daumen. Übrigens hat das VoD-Geschäft bislang die DVD- und Bluray-Umsätze in keiner Form beeinträchtigt. Auch eine spannende Beobachtung, wie ich finde. Da werden offenbar zumindest zum Teil unterschiedliche Zielgruppen angesprochen und die einzelnen Auswertungsfenster befruchten sich.
Wenn wir über Factual Programming sprechen...
...dann ist das für uns das absolute Kerngeschäft und unser Herz hängt an tollen Koproduktionen. Traditionell haben wir Koproduktionen, Pre-Sales und Katalogverkäufe angeboten. Da kommt jetzt relativ neu das Reversioning hinzu, also die passgenaue Anpassung von Factual-Programmen auf die Bedürfnisse unserer deutschen Kunden, was Verpackung, Länge oder Vertonung angeht. Das haben wir aktuell ja mit VOX umgesetzt bei „Die Geschichte des Menschen“ - und es war wirklich perfekt für den deutschen Markt konfektioniert mit Dieter Moor als Gastgeber, überarbeitetem Ton und nur für die deutsche Fassung produzierten Infografiken. Das hat bewiesen, dass wir auch britische Produktionen, die vielleicht unbearbeitet nicht einfach so nach Deutschland geholt werden könnten, mit unserer Expertise für den jeweiligen Sender passend umsetzen können. Das kommt sehr gut an und hat schon Einiges an neuem Interesse geweckt. Das manchmal angeführte Argument „Das ist zu british“ zählt nicht mehr (lacht).
Was meinen die Sender dann mit „das ist zu british“?
Den Moderator oder die aktuelle Aufhängung des Themas. Manchmal stellen auch banale Dinge, wie auf Großbritannien konzentrierte Infografiken und Animationen in den Programmen, ein kleines Problem dar. Aber das können wir ja ändern, wenn die Produktion an sich überzeugt.
Wer sind da Ihre wichtigsten Abnehmer in Deutschland?
Das ZDF bleibt mit seinem „Terra X“-Sendeplatz für Koproduktionen wie „Frozen Planet“ oder das in der Produktion befindliche „Great Bear Stake Out“, sowie mit Ankäufen für die Digitalkanäle ein wichtiger Kunde für uns. Viele Naturfilm-Highlights der BBC entstehen zudem in enger Zusammenarbeit mit der ARD, auf dem Erlebnis Erde Sendeplatz am Montagabend fahren wir mehrmals im Jahr starke Quoten ein. Aber wir haben auch RTL als Koproduzent für „Hidden Kingdom“ gewonnen, wovon es in Liverpool ja erste Bilder zu sehen gab. Das Projekt ist von Beginn an gemeinsam mit RTL entwickelt worden und wird mit Sicherheit neue Akzente für den Naturfilm setzen.
Was sind davon abgesehen im Bereich Factual die wichtigsten Programme im Portfolio dieses Jahr?
Ich denke neben den grossen Blue Chip Produktionen schaffen es vor allem Formate mit starken Charakteren die Grenzen eines nationalen Fernsehmarktes zu überschreiten. Natürlich zählen dazu auch die klassischen Dokumentationen über das Britische Könighaus und mit „Our Queen“ haben wir sicher einen Erfolgsgaranten in unserem Katalog. Mein Geheimtipp ist aber „The Incredible Mr. Goodwin“, ein Factual Entertainment Format mit Jonathan Goodwin – ein moderner Houdini und Stuntman, der noch von sich reden machen wird.
Frau Helle, herzlichen Dank für das Gespräch.