Herr Pilawa, wir haben uns länger nicht gesprochen. Wie geht’s? Oder anders gefragt: Wie war eigentlich Ihre Woche so?

(lacht) Ich habe jeden einzelnen Tag der vergangenen Woche in den Knochen. Das waren in den 20 Jahren, in denen ich Fernsehen machen darf, sicherlich die spannendsten fünf Tage. Wenn Sie mir vor einer Woche gesagt hätten, wo wir heute sind, hätte ich Sie wahrscheinlich für verrückt erklärt. Wir sind mit großer Klappe gestartet und haben gesagt, wir erfinden quasi das interaktive Fernsehen neu und nach einer Woche spielen wir immer noch eine unplugged-Version des Quizduells wie in den ´80er Jahren.

Das ist schon peinlich.
 
Da müssen wir uns jede Häme, jeden Spott gefallen lassen. Aber ich glaube, wir haben aus der Not eine Tugend gemacht, sehr spontan reagiert und eine am Ende ganz ansehnliche Sendung auf die Beine gestellt.


Es ist ja ohnehin sehr interessant: Auf die erste Überraschung darüber, dass technisch gar nichts klappt, folgte die zweite Überraschung: Das Publikum war zu großen Teilen amüsiert.

Ich war auch ganz überrascht. Wobei, am Montag war es so als ob  du dir in der Küche nach dem Bücken beim Hochkommen den Kopf an einer offenen Schranktür stößt. Das tut weh und du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du verfluchst denjenigen, der die Tür offen gelassen hat oder du schüttelst dich einmal, lachst drüber und machst weiter. Zum Glück haben wir uns beim „Quizduell“ für die zweite Variante entschieden. Dass die Menschen nach den 20 Jahren, die ich im Fernsehen bin, so erstaunt sind, dass ich improvisieren kann, überrascht dann schon ein bisschen. Aber vielleicht liegt es daran, dass wir in Deutschland längst viel zu steriles Fernsehen machen, in dem keine Fehler mehr zugelassen werden.
 
Sehr interessanter Punkt. War die letzte Woche also ein Beleg dafür, dass Live-Fernsehen ein Segen oder ein Fluch ist?
 
Live-Fernsehen sorgt bei allen, nicht nur beim Moderator sondern beim ganzen Team für eine völlig andere Stimmung. Nehmen sie den „Torfall von Madrid“, ein Highlight der Fernsehgeschichte, 76 spannende Minuten Fußball mit ruhendem Ball für die  Marcel Reif und Günther Jauch zu Recht den Bayrischen Fernsehpreis bekommen haben. Mir macht Live-TV inklusive Improvisation, ehrlich gesagt größeren Spaß, als diese bis zur Perfektion wiederholten Voraufzeichnungen, die einfach steril wirken müssen.
 
Die Show-Idee sollte natürlich trotzdem funktionieren, aber darüber hinaus: Volle Zustimmung.
 
Mir fällt in dem Zusammenhang ein Beispiel aus meiner Zeit bei Sat.1 ein, als ich die tägliche Talkshow gemacht habe. Da bin ich einmal spektakulär die letzten drei Stufen der Studio-Treppe runtergeflogen und auf dem Hintern gelandet. Der Regisseur hat sofort abgebrochen und den Auftritt wiederholen lassen. Ich habe zu ihm gesagt: „Das sind doch die Szenen, die die Menschen sehen wollen.“ Wir müssen - unabhängig vom „Quizduell“ - aufpassen, dass durch die industrielle Herstellung von Fernsehen heutzutage nicht alles komplett steril wird. Diese Woche beim „Quizduell“ war alles andere als steril.
 
So kann man es formulieren
 
Was ich sehr interessant fand: Ich kenn die ARD jetzt seit 15 Jahren und ich habe über die Anstalten hinweg noch nie so viel Zuspruch erfahren, wie jetzt. Jan Fedder aus dem „Großstadtrevier“ steht bereit für einen Einspieler, Frank Plasberg, Florian Silbereisen und Tim Mälzer schicken Grußbotschaften und sogar die „heute show“ vom ZDF hat gesagt: Komm, da machen wir mit und schicken was. Das war echt klasse. Für solche Momente muss man der technischen Panne fast dankbar sein.
 
Gab es denn vor der ersten Sendung keinerlei Anzeichen, dass die Technik versagen könnte?
 
Nein, gar nicht. Wir haben am vergangenen Wochenende einen Probedurchlauf gemacht mit Testkandidaten und da lief alles reibungslos. Wir haben dann irgendwann mal angeregt, für das Studiopublikum Abstimmungsgeräte bereit zu halten. Da sagten die Software-Entwickler und der Produzent zuerst: „Das Geld könnt Ihr Euch sparen. Technisch werden wir keine Probleme haben.“ Mit dieser Aussage stand ich dann am Montag um 17.55 Uhr im Studio.
 
Eine These angesichts des Umgangs mit dem Technik-Desaster und den Einspielern: Hätte alles funktioniert, wäre „Quizduell“ nur halb so lustig geworden.
 
(lacht) Vielleicht haben Sie Recht. Die Sendung lebt von der Interaktivität und die haben wir einfach mit dem Studiopublikum umgesetzt. Mit den namen- und gesichtslosen App-Mitspielern ist das per se schwieriger. Deswegen wollten wir ja - und das wurde uns zum Verhängnis - möglichst viele Daten unserer App-Mitspieler erheben und auswerten, um so die Ergebnisse irgendwie unterhaltsam in die Show einbauen zu können. Also etwa die Frage, ob Männer oder Frauen klüger waren, Junge oder Alte. Wenn man all diese Daten nicht erhebt, dann haben sie zwar eine interaktive Show, aber können dieses Alleinstellungsmerkmal in der Fernsehsendung nicht besonders spannend abbilden.