Sie haben diese Woche in München 15 Jahre Tele 5 gefeiert. Seit 12 Jahren sind Sie dabei.
 
Genau, das dreckige Dutzend ist voll! Habe neulich Fotos aus den zwölf Jahren gesammelt. Das dokumentiert den Verfall.
 
Schlaucht Tele 5 so sehr? Was motiviert denn nach so vielen Jahren noch, jeden Tag in den Sender zu gehen?
 
Manchmal habe ich gar keinen Bock und dann bleibe ich auch zuhause. Wir haben ja weitgehend freie Hand, weil wir halten, was wir versprechen. Mein Risiko ist eher persönlich, weil kein Mensch in der Branche mich mehr nehmen wird. Ich habe aber auch keine einzige Sekunde je an Wechsel gedacht.


 
Wie fällt Ihr Fazit zum Jubiläum aus?
 
Tele 5 war ein ziemlich zerzaustes Baby als ich kam und ist jetzt ein strahlender Teenager. Die Zeit vergeht schnell, aber die Entwicklung ist hervorragend in jedweder Bedeutung des Wortes.
 
Zum Jubiläum gibt es auch ein neues Logo. War mal wieder Zeit für ein Redesign?
 
Wir spielen gerne mit den Dingen, warum auch nicht? Zuletzt waren wir sehr wild, sehr roh, sehr ruppig. Wir werden im Markenauftritt und Programm etwas ruhiger und wollen mehr Style reinbringen. Der neue Auftritt ist retro-modern. Und es gibt eine wundervolle, stille, schwarzweiße Imagekampagne von ADC-Ikone Feico Derschow.
 
Kleine Ernüchterung zum Jubiläum: Tele 5 hatte schon mal höhere Marktanteile als jetzt zum 15. Geburtstag.
 
Der Vergleich anderer war mir immer egal. Der Werbemarkt funktioniert, wir sind voll mit Spots obwohl wir so unverschämt sind und verlangen, dass unsere Kunden alle Zuschauer bezahlen und nicht nur die in irgendeiner Zielgruppe. 14-19-Jährige sind nicht die, die im Supermarkt das große Geld ausgeben und letztlich ist das Privatfernsehen gemacht um Supermarkt-Ware, die Schnelldreher, zu verkaufen. Und das wird auch noch lange so weitergehen. Ohne Privatfernsehen wüsste doch niemand, dass Philadelphia nicht nur eine Stadt im Osten der USA ist.
 
War das ein Plädoyer für das Privatfernsehen?
 
Wenn es mit Freude gemacht wird. Ich denke an Sport1, die sind sehr viril. Bei Vox sehe ich, trotz der Einbettung in eine Sendergruppe, stetiges Bemühen um gutes Fernsehen. Da spürt man sogar Liebe zu dem, was man tut. Die fehlt mir sehr oft und für die Kollegen aus Unterföhring schäme ich mich regelrecht.
 
Warum?
 
Mir fehlt die Liebe. Die lassen ihre Fernsehsender regelrecht verwahrlosen und nehmen bei der seit Jahren währenden Hochkonjunktur mit, was sie auf dem Werbemarkt bekommen können - ohne sich Gedanken zu machen - über ihre Marken und das Programm von morgen. Wenn ein Stefan Raab oder Joko & Klaas aufhören - dann freut man sich über die gesparten Kosten. Das treibt kurzfristig ja die Rendite nach oben. Das was Leo Kirch immer wollte - die Pipelines stopfen - bewahrheitet sich nun.
 
Die Antipathie gegenüber der ProSiebenSat.1 Media AG sitzt scheinbar tief.
 
Wenn das stimmt, was ich oben sage, kann man es kaum sympathisch finden. By the way widerspricht ja auch kaum jemand. Ich sehe überall Stillstand und Selbstreduktion. Das schadet unserer Branche. Das mag ich ganz und gar nicht, denn es geht viel leichter, wenn man Geld und Lust hat. Und ehrlich: Es hat wohl kein Sender gemessen an seiner Größe so viel bewegt wie Tele 5.
 
Sie meinen bezogen auf die schrägen Eigenproduktionen?
 
Es geht nicht nur um Eigenproduktionen, die acht Prozent unseres Outputs darstellen. Wir haben sehr viel geilen Scheiß im Programm und den handgepflückt aus aller Welt zusammengestellt. Wie eine gute Manufaktur. Und: Wir experimentieren viel. Ich habe Fernsehen so gelernt: Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren. Im Zweifelsfall scheitern, Mund abputzen und weitermachen.
 
Was haben Sie durch Ihre Eigenproduktionen gelernt?
 
Es war sehr interessant zu sehen wie wenig aus der Branche kommt, wenn man sie lässt.
 
Sie sind ja richtig gut drauf heute.
 
Man merkt sofort, wenn man kein Gremien-Fernsehen macht. Woanders geht jede Idee ja durch so viele Instanzen, dass man sich danach berechtigterweise streiten kann, wer jetzt welchen Beitrag zu Erfolg oder Misserfolg geleistet hat. Bei uns dürfen die Künstler einfach machen. Wir mischen uns nicht ein. Dann kommt die Quote - und es ist das ehrliche Feedback auf die Idee der Kreativen.
 
Sie haben viel probiert, wenig hat geklappt. Welcher Sendung weinen sie noch nach?
 
Den Quoten nach mag das stimmen, den Inhalten nach widerspreche ich erheblich. „Der Klügere kippt nach“ hatte das größte Potential, das leider am wenigsten ausgeschöpft wurde.

"Am Anfang wussten viele vielleicht nicht, was sie sich damit antun aber nach zwölf Jahren hat sich wohl jeder an mich gewöhnt."

Warum hat Hugo Egon Balder neulich eigentlich in einem „Bild“-Interview gegen Tele 5 geschossen. Sind Sie im Streit auseinander gegangen?
 
So sehe ich das nicht. Ich glaube, dass das ganze Projekt „Der Klügere kippt nach“ eine Aneinanderreihung von positiven Missverständnissen war. Ich wollte mit ihm ja eigentlich eine Neuauflage von „Genial daneben“ machen, aber vor zwei Jahren hieß es: An die Formatrechte kommt man ganz schwer ran, vielleicht nie wieder. Da hat er vorgeschlagen, „Der Klügere kippt nach“ zu machen. Er trägt den Gag ja seit zwanzig Jahren vor sich her und hat nie eine andere Reaktion erlebt als „Haha, Du bist so witzig“. Und ich entgegnete aber: „Gut, dann machen wir das.“ Und ich glaube, dass er seinen Witz zuvor nie wirklich zu Ende gedacht hat. Und wir haben ihm plötzlich alles ermöglicht, was er wollte. Rückblickend scheint es mir so als habe er die Tragweite seiner eigenen Idee unterschätzt.
 
Man merkt, warum Sie als sehr direkt, impulsiv und meinungsfreudig gelten. Gab es in ihren 12 Jahren bei Tele 5 nie Ärger mit Herrn Kloiber?
 
Warum sollte er sich denn einmischen solange ich das tue, wofür ich eingestellt wurde. Am Anfang wussten viele vielleicht nicht, was sie sich damit antun aber nach zwölf Jahren hat sich wohl jeder an mich gewöhnt.
 
Und das obwohl Sie sich immer sehr weit aus dem Fenster lehnen.
 
Aber womit denn?
 
In der Auseinandersetzung zwischen Erdogan und Böhmermann haben Sie im vergangenen Jahr beispielsweise über die offiziellen Kanäle von Tele 5 den Rücktritt der Bundeskanzlerin gefordert.
 
Und zwar als Vertreter einer Kreativbranche, die von Künstlern lebt. Und die Meinungsfreiheit gilt auch für GmbH-Geschäftsführer.