Herr Luger, was genau machen Sie am 2. September gegen zehn vor sieben? 

Ich werde mich im Funkhaus Köln einfinden, wo die "Lindenstraße" vor geladenen Gästen läuft, während das WDR-Orchester live die Filmmusik spielt. Große Leinwand, großer Saal, danach große Party – ich bin ehrlich gesagt ein bisschen überwältigt, welchen Abschied man mir bereitet.

Und wie fühlen Sie sich um 19.20 Uhr, wenn nach 33 Jahren Ihr letzter Schlussakkord erklingt?

Ganz ruhig, nehme ich an. Wenn überhaupt Anlass zur Wehmut bestanden hätte, dann Ende Mai, als wir die letzte Folge im Kasten hatten. Da ich ab Anfang Juni einen Theatervertrag in Dresden hatte, musste alles sehr schnell gehen. Hans Geissendörfer hielt im Studio eine sehr anrührende Rede, meine Kollegin Irene Fischer hat mir ein wunderbares Abschiedsgeschenk gemacht.

Nämlich?

Sie hat mir ein Theaterstück geschrieben. Aber weil ich gleich danach nach Dresden gefahren wurde, hatte ich gar keine Zeit, melancholisch zu werden. Das kam dann erst im Juli, als ich bei einigen Nachdrehs nochmals durch die Kulissen lief; da wurde mir schon bewusst, welch großen Teil meines Lebens die Serie ausmacht.

Können Sie sich noch an deren Debüt erinnern, den 8. Dezember 1985?

Genau sogar. Die Premiere habe ich gemeinsam mit allen Kollegen geschaut und in der Serie übrigens für den ersten Cliffhanger gesorgt. Es war nur ein Wort: "Marion!", zu meiner Filmtochter, die plötzlich blutüberströmt in Flur stand.

War damals denn denkbar, dass Stand heute 1677 Cliffhanger hinzukommen würden?

Absolut nicht! Als Hans Geissendörfer sagte, ich sei für ein Jahr engagiert, könne aber nebenher kein Theater spielen, kam mir schon das sehr, sehr lang vor. Aber als der Vertrag verlängert werden sollte, wollte ich schon deshalb nicht abbrechen, weil die Presse uns so verrissen hatte, dass ein Ausstieg nach Flucht ausgesehen hätte – zumal ich längst den Stempel Hans Beimer weghatte. Ich wurde schon fast von Beginn an auf der Straße mit meinem Filmnamen angeredet.

Und wann kam der Punkt, an dem klar wurde: die Serie hält womöglich ewig?

Ich war eigentlich alle fünf Jahre aufs Neue überrascht, dass es weiterging, und überzeugt, dass nach 30 Jahren endgültig Schluss sein würde. Schwer getäuscht! (lacht).

Hans Geissendörfer sagte zu mir: es gibt viele Regisseure, aber nur einen Hans Beimer. Damit war meine Treue besiegelt.

Wobei die Quoten 2005 schon nicht mehr so besonders waren…

Das stimmt, da wird aber mit zweierlei Maß gemessen. Als wir anfingen, gab es nur ARD, ZDF, die Dritten und RTL. Der Kuchen wurde also noch in größere Stücke geschnitten und war Hauptnahrungsmittel für viel mehr Menschen. Mit den Jahren wurden die Stücke dünn und dünner, da ist es logisch, dass wir nicht mehr die Quoten von damals haben.

Hatten Sie persönlich denn je das Gefühl, jetzt sei aber mal Schluss.

Es gab eine Phase Anfang der Neunziger, als ich mit der damaligen Regie künstlerisch und menschlich überhaupt nicht zurechtkam. Ich stand vor die Wahl, deswegen aufzuhören, aber Hans Geissendörfer sagte zu mir: es gibt viele Regisseure, aber nur einen Hans Beimer. Damit war meine Treue besiegelt.