Tim Mälzer, war es Zufall, dass „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“ und „essen & trinken - Für jeden Tag“ vor gut 15 Jahren praktisch zeitgleich entstanden sind?

Überhaupt nicht, wir haben beides parallel entwickelt. Ich weiß gar nicht mehr, was zuerst da war, glaube aber, dass die Initiative zur Zusammenarbeit von mir ausging. Eine eigene Redaktion neben der Muttermarke hatte „essen & trinken - Für jeden Tag“ da noch nicht. Leider bin ich als Ideengeber ganz passabel, aber als Rezeptschreiber beschissen und brauchte daher einen Unterbau. Herausgekommen ist eine der besten Medienkooperationen, die ich mir vorstellen kann. Unser gegenseitiges Verständnis ist blind, ohne die Kritikfähigkeit zu verlieren.

Und was gab es nun zuerst – den Fernsehkoch oder den Kochmagazin-Macher Mälzer?

Ich war auch vorher schon am Bildschirm zu sehen, das Kochheft kam dann dazu. Und beides war unbedingt nötig. Denn die Fernsehküche war damals vor allem Trüffel hier und Filet dort, alles gehoben, wenig für den Hausgebrauch. Ohne die Kolleginnen und Kollegen im gehobenen Segment verächtlich zu machen, ging es bei uns endlich konsequent um den Alltag. Heute ist das absolut etabliert.

Schließt sich demnach ein Kreis, wenn Sie elf Jahre nach „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“ mit einer alltäglichen Küchenshow auf den Bildschirm zurückkehren?

Kann man so sagen. Neben all dem Halligalli, der andauernd ums Kochen gemacht wird, bedarf es einfach mal wieder unterhaltsamer, am Ende aber banaler Informationen um die richtige Zubereitung von Essen. Dafür ließ „Kitchen Impossible“ bislang einfach keinen Raum. Den nehme ich mir jetzt. Dennoch bleibt mein Restaurant weiter ungemein wichtig für mich, weil es mir zeigt, dass ich noch einen echten Beruf habe.

Woran zeigt sich das?

Ich komm da manchmal aus der Schampuswelt rein und muss mich darum kümmern, dass das Klo verstopft ist, eine Mitarbeiterin Liebeskummer hat oder sich jemand beschwert, weil das Rinderfilet drei Grad zu kalt ist. Das holt mich ebenso auf den Boden zurück wie eine tägliche Kochsendung. Ohne sowas würde ich mich in der Medienwelt völlig verlieren.

Trotzdem bleiben Sie bei „essen & trinken - Für jeden Tag“ im Hintergrund. Hatten Sie keinen Bedarf, vor die Kamera zu gehen?

Ich hab immer das Bedürfnis, vor die Kamera zu gehen, aber dazu bin ich zeitlich im Moment nicht in der Lage. Und am Ende fehlt auch mir die Kreativität, in 500 Sendungen 500 Gerichte vorzustellen. Ich will neben dem Beruf ja auch noch was erleben.

Könnte es dennoch sein, dass Sie mal aufpoppen im Format?

Das kann sogar gut sein, auch wenn da nichts geplant ist. Ich hab‘ Bock auf Fernsehen, mache mit „Kitchen Impossible“ aber ja schon das geilste Kochformat, das ich je gemacht habe und vermutlich je machen werde. Diese Kreativität, diese Vielfalt, diese Produktion, diese Musik, dieses Storytelling, diese Geschichten, diese Liebe zum Detail, aber auch diese Bereitschaft, lustvoll zu scheitern – alles einmalig.

Lustvoll zu scheitern?

Es gab kürzlich eine Sendung, in der ich amtlich verkackt habe und drei Stunden paralysiert war – was die Kamera auch volle drei Stunden gefilmt hat, um genau jenen Moment zu erwischen, an dem ich diesen Kokon wieder verlasse. Das hätte auch noch sechs Stunden dauern können, das Team versteht sich da fast als Tierfilmer, die tagelang auf der Lauer liegen, bis die Schlange die Maus frisst. Da merkt man: wir alle nehmen das Thema gleich ernst.

Wie erklären Sie sich, dass dieses eigentlich sehr gewöhnliche Thema Kochen seit mittlerweile mehr als 15 Jahren zum absoluten Zugpferd der Fernsehunterhaltung zählt?

Ach, das ist wie Fußball oder Pornografie – man hat doch auch da schon tausendmal gesehen, wie irgendwas irgendwo versenkt wird, trotzdem gucken die Leute weiter. Kochen ist Alltag, Kochen ist Unterhaltung, Kochen ist schön. Wobei es genügend Leute gibt, die meine Fresse und die vieler Kollegen nach 15 Jahren nicht mehr sehen können. Wichtig ist, dass wir die Formate und damit uns selbst weiterentwickeln.

Was bei Ihnen heißt?

Privat bin ich mir treu geblieben, aber am Bildschirm habe ich vom lauten Larry zum ruhigen Familienmensch mehrere Persönlichkeitsentwicklungen vollzogen. Auch weil ich bestimmte Stresssituationen zu bewältigen hatte.

Ihr Burnout.

Genau. Aber als Pinneberger war ich schon immer geerdet, da gab es kein Abheben, keinen Höhenflug, ich bin wie ich bin und hatte immer ein festes Fundament.