Seit Frühjahr feiert Tele 5 das Festival der Liebe und betont: Das sei weder Image-Kampagne noch Programm-Promotion. Es ist ein Vergleich mit dem ZDF, der beim Verständnis am ehesten hilft: Sender-Gesicht Friedrich Liechtenstein und der weitere Cast des "Festival der Liebe" sind die Mainzelmännchen von Tele 5. In mehr als 150 Episoden werden in den Werbepausen des Senders kurze Geschichten aus einem fiktiven Grand Hotel erzählt, die mal knackig, mal sperrig daherkommen.

Produziert wird das "Festival der Liebe" von Enrico Pallazzo, der 2012 von Klaus Kranewitter, Philipp Walulis und Tobias Klose gegründeten Produktionsfirma. Klose führte auch Regie bei den im österreichischen Bad Gastein gedrehten Szenen, für deren musikalische Begleitung Malakoff Kowalski verantwortlich ist. DWDL.de war zu Besuch bei den Dreharbeiten und sprach mit dem Team des "Festivals der Liebe".

Herr Liechtenstein, eine Klärung zu Beginn: Wer sind Sie?

Friedrich Liechtenstein: Ich bin ein positiver Mensch mit der professionellen Absicht, die Welt schöner zu machen. Ich merke auch oft, wie der Funke überspringt auf Leute. Wir werden doch alle schöner, wenn man sich mal sagt „Mensch, Du siehst heute aber besonders schön aus.“ Selbst in den schlimmsten Zeiten, man könnte sagen in der Obdachlosigkeit, war ich heiter. Das hat meine Umgebung damals zur Raserei gebracht. Rumsitzen und Lächeln ärgert mehr Menschen als man denkt.

Und das fiel nie schwer?

Friedrich Liechtenstein: Nein. Ich weiß, dass alles gut ausgeht. Das hat etwas mit meiner Geburt zu tun. Ich sollte am 31. Dezember geboren werden, aber niemand wollte an Silvester bei Unterbesetzung ein Kind gebähren also wurde ich hinausgezögert, dramatisch lang sogar und kam am 2. Januar zur Welt, alles andere als gesund und munter. Ich muss nicht schön anzuschauen gewesen sein. Das war nicht ohne, meine Mutter lag dann auch erstmal im Koma. Als dann meine Mutter mit mir im Arm - und ich hatte so süße Stricksachen an - das Krankenhaus verlassen konnte, sollen die Krankenschwestern gesagt haben: „Guck mal, angezogen sieht er eigentlich ganz süß aus.“ Und das hat sich bis heute nicht geändert: Angezogen sehe ich ganz gut aus.

Rückblickend ist der 2. Januar immerhin ein günstigerer Geburtstag als Silvester…

Friedrich Liechtenstein: Ein Profi, ich merke das. Silvester ist ja jedes Jahr ein Krampf, erster Januar ist immer Rekonvaleszenz und am 2. Januar habe ich die getroffen, die sich wirklich für mich interessieren - und wieder schön getrunken.

Ist der öffentliche Friedrich Liechtenstein Kunst für sich oder lassen Sie sich je nach Auftraggeber zu dem machen, was gewünscht wird?

Ich bin schon froh, wenn sich Leute Gedanken machen. Aber manchmal fülle ich nicht nur Gefäße. Auf dem Zenith meiner Aufmerksamkeit kam ja Arte zu mir und fragte mich, was mich interessiert und ich sagte, ich find Tankstellen ganz toll. Tankstellen als die romantischsten Orte unserer Zeit. Profane Orte, aber wenn man genauer hinguckt sind sie die Nippel unserer Moderne. Heranwachsende aus der Provinz wissen: Ohne Tankstelle keinen Sex. Und gleichzeitig sind sie ein Problem und wir alle verlieren unseren Unschuld, wenn wir tanken. Mit dem Gluck, Gluck, Gluck tanken wir Schuld und verbrennen sie. Ein Riesenthema, wollt ich mal sagen.

An die Sendung erinnere ich mich. Aber abseits dieser Sendung: Wen bekommen ihre Kunden, für die sie vor der Kamera stehen? Eine Projektionsfläche?

Viel läuft eigentlich über mein Aussehen: Sonnenbrille, Bart und eine bestimmte Kleidung. Auch in schlimmsten Zeiten, als es mir nicht gut ging, hatte ich dank IC Berlin teure Sonnenbrillen, die auch mal fünfhundert oder tausend Euro gekostet hätten. Ralph Anderl war auch der erste, der interessant daran war, dass ich gut aussehe. Man kann ja Leute so und so fotografieren. Der hat mit Photoshop dann machen lassen was machbar war, weil ich seine Sonnenbrillen trug - und die Anzüge von meinem Schwiegervater. Mit der Sonnenbrille und dem Bart war das Ikonische geschaffen. Von da an war es so: Ich konnte alles mögliche sagen, es kommt darauf an, wie ich es sage. Ich könnte sonst was sagen. Mache ich auch. Und das funktioniert, weil ich am Ende mit etwas Abstand ein „teilweise“ dahinter setze. Und schon ist wieder alles eingestürzt. Und diese Ambivalenz, dieses Ironische, gibt einen ganz großen Spielraum.

Und jetzt sind Sie im „Festival der Liebe“ das Mainzelmännchen von Tele 5…

Friedrich Liechtenstein: (lacht) Ich bin ja ein Freund von Beschimpfungen. Für Sie bin ich auch das Mainzelmännchen. Als Entertainer habe ich wirklich an sehr vielen verschiedenen Orten, ob auf der MS Europa, in diversen Clubs oder auf der Opernbühne gearbeitet. Ich habe gelernt, einerseits das Gefäß zu sein für die Wünsche der unglaublichsten Leute, gleichzeitig muss man sehr stabil sein und unter seinem Herzen eine Kanonenkugel tragen, die man auf das Publikum abschießen kann.

Kai Blasberg: Ein Fernsehsender hat jeden Tag zwischen nachmittags und nachts mindestens eine halbe Stunde Zeit für sich, diese Momente zwischen Werbung und Programm. Das hat bisher komischerweise nie irgendwo zu so etwas geführt. Stattdessen wurden Agenturen beauftragt, um irgendwelche Trenner, Werbeinselabbinder, FSK-Tafeln etc. zu gestalten. Das kostet unglaublich viel Geld. Das Geld haben wir genommen und haben es rüber geschoben zu Kreativen. So eine Idee kann man nicht im Sender entstehen lassen, da muss man das Geschick haben, die Leute zusammenzubringen, von denen du glaubst, dass da eine kreative Befruchtung stattfinden kann.

Festival der Liebe

Wie passt das „Festival der Liebe“ zu „Anders ist besser“? Der Claim des Senders bleibt ja unverändert, wenn ich das richtig verstehe…

Kai Blasberg: „Anders ist besser“ ist eine grundsätzliche Haltung. Egal, was alle anderen tun - ich ziehe mir den roten Anzug an, habe die Aufmerksamkeit und mache es anders. Das Versprechen muss ich dann aber auch einlösen. Das Festival der Liebe ist Meta-Ebene, eine neue Welt, die wir gestalten - stark geprägt von Friedrich, weil er das ganze Ensemble zusammengestellt hat und den Ort gefunden hat. Unser Festival der Liebe ist das Haus von Tele 5 - widergespiegelt in diesem Hotel - mit einem festen Ensemble und gelegentlichen Gastauftritten. Dieser Ort, dieses Haus, unser Festival der Liebe hat eine innere Sinnlichkeit, die das Fernsehen spiegelt: Die ganz großen Zeiten sind vorbei, eigentlich ist es schon total vorbei. Aber uns ist das egal, wir machen das Beste draus.

Friedrich Liechtenstein: Da gibts ja diesen viel zitierten Philosophen Boris Groys und seine Aussage „Es gibts nichts Neues, es gibt nur die Profanierung des Erhabenen. Heilige Relikte werden Wegwerfartikel und das Profane wird evaluiert. Und so wird nicht nur das berühmte Pissoir Ready-made-Kunst sondern auf sehr abseitigen Wegen Großes vollbringen kann. Daran glaube ich sehr, sonst hätte ich ja auch keine Chance, weil ich ja kein Megatyp sondern eine Witzfigur. Aber dadurch, dass ich das so aufwerte habe ich einen guten Platz in der Welt gefunden. Und deshalb ist es logisch, dass ich bei Tele 5 bin.

Die Logik müssen Sie mir nochmal kurz erklären…

Friedrich Liechtenstein: Es gab in unserer Familie einen Ersten Geiger und ich habe als Kind Geigenunterricht bekommen. Ich habe damals schon gesagt: Das will ich nie machen. Ich will lieber Stehgeiger werden, aber nicht sowas. Und so habe ich mir immer meine Sujets ausgesucht, die andere nicht verstehen wollen. Mittagsschlaf, Toilettenpapier-Werbung oder Pop-Musik. Ist ja auch verpönt. Schlagerfuzzi sein, ist ja auch nicht gerade angesehen. Und dann kam Tele 5 als kleinster und verrücktester Fernsehsender. Ich liebe es für den Sender zu arbeiten und nicht fürs ZDF.