
Die WM war das Ereignis des Jahres in Deutschland. Denken Sie an die Stimmung und an die vielen Millionen Menschen, die mobilisiert wurden. Wir haben dieses Happening nachrichtlich intensiv begleitet und die Liveberichterstattung dafür bewusst ausgebaut. Was man auch nicht vergessen sollte, wenn man auf 2006 zurückblickt, ist der Krieg im Libanon. Wir waren in dieser Zeit mit zwei Korrespondenten vor Ort - in Beirut und Nordisrael. Und dann gab es noch einige kleinere Ereignisse: der Papstbesuch in Bayern, der Stefanie-Prozess, Natascha Kampusch oder der Besuch von George W. Bush in Deutschland. Aber das waren eher Themen, wie es sie jedes Jahr gibt.
Dann hat die WM mit der Regel gebrochen, dass nur schlechte Nachrichten Quote machen können?
Ich sehe das anders. Ich würde sagen, dass Nachrichten immer dann hohe Quoten machen, wenn sie die Menschen berühren und bewegen.
Hat die Internationale Luftfahrt Ausstellung in Berlin, von der sie mehrere Tage stundenlang live übertragen haben und Mario M. auf dem Gefängnisdach die Zuchauer auch berührt? Wonach misst sich die Wertigkeit einer Meldung, sie auch live zu begleiten?
Da gibt es keine pauschale Antwort. Die Live-Berichterstattung von der ILA hier in Berlin hat hervorragende Einschaltquoten gebracht. Wir haben aber gelernt, dass nicht jede Flugshow funktioniert. Vielleicht lag es bei der ILA am Airbus A380, vielleicht auch daran, dass die Veranstaltung in Deutschland stattfand. In der Programmierung sind wir jedenfalls den Zuschauerinteressen gefolgt. Aber das muss sich so nicht zwingend wiederholen. Letztlich versuchen wir redaktionell, das Interesse des Zuschauers zu antizipieren. Mario M. auf dem Dach war nur aufgrund der Tatsache, dass er der deutschen Öffentlichkeit durch sein abscheuliches Verbrechen bekannt war und es sich um eine weitere, peinliche Justizpanne in diesem Fall handelte, derart prominent im Programm vertreten. Wir werden aber sicher nicht über jeden Gefangenen, der auf ein Gefängnisdach steigt, live berichten.
Auf der anderen Seite hört man häufig die kritische Frage, wie wichtig eine Meldung wohl sein muss, damit N24 Dokus und Magazine unterbricht, die vielleicht bessere Quote bringen würden als eine Live-Berichterstattung...
Generell finden Sie bei uns jedes Thema, dass für unser Publikum relevant ist. Bei der Frage, ob wir außerhalb der großen Nachrichtenflächen unser Programm unterbrechen, um live zu berichten, haben wir selbstverständlich abzuschätzen, wie groß das Interesse unserer Zuschauer an einer Liveberichterstattung wäre. Beispiel Thailand: Der überraschende Militärputsch im September war ein Ereignis, das man zweifellos bringen muss. Wir haben im Laufband und in den Nachrichten darüber berichtet. Aber wir haben uns gegen eine Live-Strecke zu diesem Thema entschieden, unter anderem auch deshalb, weil sehr wenig Bildmaterial vorhanden war. Außerdem war recht schnell abzusehen, dass das Ganze recht friedlich verlaufen würde. Kurzum: Die Entscheidung es nicht live zu machen und im normalen Programmschema zu bleiben, würden wir auch heute wieder so treffen.