Es ist unter anderem auch die parallele Nutzung des Fernsehens gemeinsam mit anderen Medien - vor allem dem Internet - die die unterschiedlichen Wirkweisen miteinander koppeln kann. In seinem Vortrag "Die geheime Reichweite und die Vervielfältigung der TV-Verfassung" führte Dirk Ziems vom Marktforschungsunternehmen Concept M die Wechselwirkungen am Beispiel von Mediennutzern, die während ihres Konsums beobachtet wurden, vor. Es ist vor allem der Nebenbei-Konsum, der laut Ziems nicht in die Messergebnisse der GfK eingeht, der neue, bislang weitgehend ungenutzte Wirkungen erzielen könne.

So diene die Werbung denjenigen, die sich auf der Couch - gerüstet mit Fernbedienung, Zeitschrift und Laptop - berieseln lassen, nicht selten als Impulsgeber, um den Blick auf die "lebendige Tapete" zu werfen, sobald die Aufmerksamkeit durch bekannte oder überraschende Sounds kurzzeitig gebunden wird. Die Resultate sind vielfältig: Sei es das Mitsummen einer bekannten Werbemelodie, die Erinnerung, noch einmal das Punktekonto beim Rabattkarten-Anbieter zu checken oder der Entschluss, ein in der Werbung angepriesenes Produkt spontan online zu kaufen.
 

 
Vor allem die Werbung biete den Parallel-Nutzern, bei denen das Fernsehen - zumindest zeitweilig - zum Nebenbei-Medium degradiert wird, mit kurzen dramaturgischen Abfolgen die Möglichkeit, kurzfristig die Aufmerksamkeit zu fokussieren und wieder zu entziehen. Aus dem "aversiven Block" werde eine "freundliche Insel". Ziems' konkrete Handlungsempfehlung, um auch diese nur sporadisch anwesende Zielugruppe zu erreichen: Bereits in der Kreation soll auch die Tonspur ein entscheidender Faktor sein, so dass der Spot zum akustischen "Hingucker" werde und entsprechende Bilder im Kopf entstehen lasse.

Wo die Rede war von neuen Zielgruppen und Reichweiten, die sich derzeit noch jenseits der allgemein anerkannten Messbarkeit bewegen, wurde in Frankfurt hingegen wenig gesprochen über die Neuerungen in der Reichweiten-Messung der GfK, die ab diesem Sommer umgesetzt werden soll, und mit der unter anderem auch die zeitversetzte Nutzung mit in die zu ermittelnden Einschaltquoten einbezogen wird. Ein Thema, dass auf Grund des hohen Erklärungsbedarfs wohl nicht die Auwahl für die rund achtstündige Tagung gepasst hätte.
 
Statt dessen gaben unter anderem Regisseur Detlev Buck und Jung van Matt-Werber Armin Jochum Einblick in die kreative Arbeit, für die Ralf Langwost, Mastertrainer im Institut IdeaManagement gleich noch die passenden Techniken für die Übertragung der Erkenntnisse des Qualitätsmanagements auf kreative Prozesse lieferte.

Als großen Erfolg werten die Veranstalter den TV-Wirkungstag in diesem Jahr. Mit rund 1.100 Besuchern sei die Zahl der Teilnehmer in diesem Jahr noch einmal gestiegen. Die zusätzlichen Gäste kämen tatsächlich aus dem Markt und nicht aus den Reihen der neuen Mit-Veranstalter, betont das Tagungs-Team.
 
Hört man sich bei den Besuchern um, so stößt man auf positive Resonanz. Die Mischung aus Branchentreff mit hohem Netzwerkfaktor und Info-Input scheint sich mehr und mehr zu einer Pflichtveranstaltung der Media-Szene zu entwickeln. Großes Small-Talk-Thema während der Tagung und auf der anschließenden TV AD Night in der Frankfurter Kamehameha Suite: Die Krise und der vorsichtige Optimismus, dass es bald schon wieder aufwärts gehen möge.