Foto: PixelquelleEin weiteres Problem sind die zuweilen unklaren Umstände, unter denen ein Mediengestalter, der sich später an der Kamera oder im Schnitt etablieren will, ausgebildet wurde. Während eine Ausbildung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern in der Regel eine solide Vermittlung von Wissen vermuten lässt, ist das Bild der Azubis in den privaten Produktionsfirmen eher diffus.

Von der umfassenden Projektverantwortung bis hin zum Kassettenumspulen ist die Spannweite der Qualifizierung recht weit – und an beiden extremen Enden fragwürdig. Vor allem am unteren Rand der Qualifizierung wird dadurch der Wettbewerb der Freien immer größer. Wenn dann noch für einen nicht unerheblichen Anteil des Programms die abgelieferte Qualität eher unerheblich wird, setzt sich die Abwärtsspirale der Honorare in Gang. Gleiches gilt im Übrigen auch für Redakteure und Realisatoren, deren Tagessätze mit um die 400 Euro kalkuliert werden, die letztlich aber mit mehr oder weniger der Hälfte davon nach Hause gehen.
 

 
Auch die Einsparmöglichkeiten durch den technischen Fortschritt haben ihre Grenzen. Videojournalisten, die von der Recherche über den Dreh bis zum Schnitt ihren Film nicht nur verantworten, sondern auch selbst herstellen, können mittlerweile zwar beeindruckende Filme abliefern – doch nicht in allen Bereichen lässt sich das Prinzip sinnvoll nutzen. Denn wer überall gleichzeitig sein muss, verpasst schnell etwas oder hat im Zweifelsfall den entscheidenden Moment nur unscharf eingefangen.

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Hält man sich an, nur das Positive zu sehen, so läuft der Videojournalist immerhin auch nicht Gefahr, mit dem Arbeitsschutz in Konflikt zu geraten. Denn gegen die Selbstausbeutung gibt es kein Gesetz. Problematisch wird es dann allerdings bei einem Unfall infolge eines zu lang angesetzten Drehtages durch die jeweilige Produktion. Als selbstständig agierende Unternehmer handeln die Freien nicht auf Anweisung, sondern aus freien Stücken grob fahrlässig, wenn sie Ruhezeiten nicht einhalten. Beschäftigt der freiberufliche Kameramann dann zum Beispiel noch einen Assistenten als Arbeitnehmer, so trägt er auch die entsprechende arbeitsrechtliche Verantwortung – unabhängig davon, was der Auftraggeber verlangt.

Die Probleme sind nicht neu. Doch eine Lösung ist vorerst nicht in Sicht. Zwar bemühen sich die Gewerkschaften und Verbände der einzelnen Gewerke in der Film- und Fernsehbranche um Linderung und bessere Arbeitsbedingungen. Mit Connexx-AV vernetzt zum Beispiel die Gewerkschaft ver.di die Filmschaffenden und macht mit der Aktion "Horrorfilm" – einer Hotline für Mitarbeiter bei Produktionen mit unhaltbaren Zuständen – auf sich aufmerksam. Doch die Lösung des Grundproblems ist viel schwieriger, denn die Branche hat sich nach den Boomzeiten vor rund 20 Jahren spürbar verändert. Ein hoher Professionalisierungsgrad, Industrialisierung der Produktionsweise und mittlerweile riesige Bestände an Programmbibliotheken relativieren den stetig wachsenden Bedarf an Inhalten durch 24/7-Programmierung und der Neupaktierung vorhandener Inhalte in der Sparte.

Wie viele andere Geschäftsfelder auch, so wird auch die Produktion von TV-Inhalten immer hybrider. Wo einst nur wenige gut vernetzte Produzenten um die knappen Budgets gerungen haben, pitchen nun viele Unternehmen unterschiedlichster Kompetenzen und Größenordnung um ein Stück vom Kuchen. Die Zeiten, in denen das Geld mit der Schubkarre nach Hause gefahren wurde - eine Floskel, die noch vor zehn Jahren immer wieder einmal fiel - sind definitiv vorbei.

Doch auch wenn sich mancher die Frage, ob dieses Geschäft noch seine Heimat ist, ernsthaft stellen und ehrlich beantworten muss, so darf man auch nicht vergessen: Fernsehen zu machen kann eine sehr schöne Sache sein - wenn auch die Bedeutung des Begriffes Leidenschaft mittlerweile arg strapaziert wird.