Programmplanung ist weit mehr, als das Schreiben von Ablaufplänen für den Sendetag. Es geht um die strategische Entwicklung von Inhalten, Programmvermögen und dessen möglichst effizienter Verwendung. Dabei sind die Akzente und Strategien der verschiedenen Häuser unterschiedlich gelagert. Während die privaten Sender sich mit der Notwendigkeit konfrontiert sehen, die Reichweiten auf allen Sendeplätzen möglichst hoch zu halten, dürfen ARD und ZDF auch ihren Programmauftrag nicht aus den Augen verlieren. „Wir versuchen mit einem profilierten Programm, das von Substanz und Interessantheit geprägt ist, möglichst alle Zielgruppen zu erreichen“, beschreibt Martin Berthoud, Leiter der Hauptabteilung Programmplanung beim ZDF, das Ziel seiner Arbeit. Aufgabe sei es, quantitative Ziele zu erreichen und dabei die besonderen Qualitäten und die Vielfalt der Themen hervorzuheben.
Das Kriterium, nach dem das ZDF seinen Programmerfolg bemisst: „Können wir das Publikum, das wir erreichen wollen, auch tatsächlich erreichen?“, so Martin Berthoud. Durch diese Fragestellung werde die quantitativ messbare Reichweite auch zu einer wichtigen Dimension bei der Beurteilung des Erfolgs im qualitativen Sinne, erklärt der Programmplaner. Das Minimalziel ist für die Mainzer ist ein „Platz auf dem Treppchen“ im Gesamtmarktanteil – also unter den ersten drei. „Das ist die Messlatte, die wir zu Grunde legen“, so Berthoud. Wie der Platz auf dem Treppchen zu beziffern ist, ändert sich im Laufe der Jahre mit den Marktgegebenheiten. Momentan liegt der Korridor bei 12 bis 12,5 Prozent. „Luft nach oben ist immer“, sagt Berthoud. Vor rund zehn Jahren in einem weniger fragmentierten Markt seien die Ziele noch höher gewesen.
Das Spannungsfeld zwischen Programmqualität und quantitativen Zielen schlägt sich auch in der Programmstruktur nieder. „Sie finden bei uns nach wie vor in der Sendezeit mit der höchsten Sehbeteiligung eine Vielzahl an Informationsangeboten“, sagt Martin Berthoud. Dazu gehört zum Beispiel das „heute journal“, das die Mainzer früher positionieren als die ARD ihre „Tagesthemen“ – zu einer Zeit, in der die Fernsehnutzung noch höher ist. „Wir erreichen damit zwar eine gute, aber nicht die höchstmögliche Zuschauerzahl“, so Berthoud. Ginge es nur um die Zahlen, würde man das Programm anders bauen.
In der Strategie der Programmplaner wird mit einer Mischkalkulation gearbeitet. Die Programme sollen sich ergänzen – inhaltlich, aber auch mit ihren Reichweiten. Holt eine Sendung auf Grund ihrer inhaltlichen Ausrichtung erwartbar niedrige Marktanteile – zum Beispiel das Kulturmagazin „Aspekte“– , ist diese Delle im Abendverlauf rein zahlenmäßig letztlich nicht wieder auszugleichen. „Eine solche Sendung steht aber im Programmablauf am Freitag bewusst zusammen mit den erfolgreichen Krimis, die wir ab 20.15 Uhr ausstrahlen“, erklärt der Planungschef.
Die jeweilige Zielvorgabe ist immer auch im Verhältnis zum Genre und seinen Möglichkeiten zu sehen. So hätte man beim Kulturmagazin „Aspekte“, das sich an eine sehr spitze Zielgruppe wendet, zwar ein Problem, wenn es plötzlich statt einer Million durchgängig nur noch 500.000 Zuschauer hätte. „Aber wir wissen auch, dass mit dem Programm viel mehr Zuschauer als eine Million nicht zu erreichen sind“, sagt Berthoud.
Zur Schärfung des Profils bei einem möglichst breiten Publikum will man mit populären Sendungen Gesprächsstoff liefern. Dazu gehören derzeit zum Beispiel die Reihe „Terra X“ und die Verfilmungen der Stieg Larsson-Romane. „Terra X“ ist auch ein Beispiel dafür, wie Berthoud und sein Team das Programm des Senders abseits der großen Reformen – wie zum Beispiel im nahenden Frühjahr – behutsam verändern, ohne dem Zuschauer allzu viel Neuorientierung abzuverlagen. Mit den Reihen „Superbauten“ und „Deutschland von oben“ wurden innerhalb von „Terra X“ neue Akzente gesetzt.