Das RTL-Programm steht wie eine Eins. In den meisten Zeitfenstern ist der Kölner Sender Marktführer. Kaum ein Programmschema eines deutschen Senders ist so fest im Bewusstsein der deutschen Zuschauerschaft verankert, wie das der Kölner. Dienstags US-Krimis, donnerstags auch deutsche Ware, montags und freitags Jauch, samstags Casting, sonntags Blockbuster. Wozu braucht man da eigentlich Programmplaner, mag man sich auf den ersten Blick fragen. Doch auf den zweiten wird klar: So einheitlich, wie es wahrgenommen wird, ist das RTL-Programm gar nicht – oder wissen Sie auf Anhieb, wie sich der Mittwochabend mit "DSDS", "Einspruch" und "Die 10" im Wechsel mit "Super Nanny" und Schuldenberter Zwegat auf einen Nenner bringen ließe?
Hinzu kommt: Auch der Erfolg ist keine Selbstverständlichkeit. So musste sich zum Beispiel Quotengarant "Dr. House" mittlerweile mehrfach der Sitcom "Two and a half men" bei ProSieben geschlagen geben. „Programmplanung findet nicht am Reißbrett statt, sondern ergibt sich aus vielfältigen und sich laufend verändernden Herausforderungen“, sagt Jan-Peter Lacher. Er verantwortet als Bereichsleiter die Programmplanung bei RTL.
Anders als beim Mitbewerber ProSiebenSat.1 sind in der Mediengruppe RTL Deutschland die Sender RTL, Vox und Super RTL in ihrer Planung unabhängig voneinander. Jan Peter Lacher hat die Leitung über die gesamte Programmplanung von RTL erst vor wenigen Monaten übernommen. Er folgte als Bereichsleiter auf Klaus Henning. Der hat RTL verlassen und wird ab März die Verantwortung für die senderübergreifende Programmplanung bei der RTL-Konkurrenz ProSiebenSat.1 TV Deutschland übernehmen.
Lachers Job bei RTL: In enger Zusammenarbeit mit Geschäftsführerin Anke Schäferkordt und den anderen Bereichen entwickelt er mit seinem Team eine Programmstrategie, aus der sich dann der kurz-, mittel- und langfristige Programmbedarf ergeben. Es sei ein „permanenter Prozess des Optimierens“, sagt Lacher. „Unsere Arbeit ist vergleichbar mit dem Portfolio-Management: Es geht um eine möglichst hohe Gesamtperformance“.
Und die will man mit einem möglichst geschmeidigen Fluss der Zuschauer von Sendung zu Sendung – dem sogenannten Audience Flow – erreichen. „Wenn einem Zuschauer eine Sendung gefallen hat, bieten wir ihm mit dem nachfolgenden Programm im Idealfall etwas an, das sein Interesse aufgreift“, erklärt Lacher. Dabei schaut man sich die Übergabewerte von einer zur anderen Sendung sehr genau an. „Es ist sehr viel Feintuning dabei“.
Ablaufplanung, Werbekoordination, Promotionplanung und Sendeleitung gehören strukturell zur Programmplanung – hier geschieht die Umsetzung der Planung auf Tagesbasis. Auch die internationale Programmbeobachtung ist an die Programmplanung angedockt. Hier werden täglich internationale Märkte analysiert und entsprechende Impulse über Trends und Themen in die Redaktionen gegeben. Die Kölner beschäftigen sich schon seit Anfang der neunziger Jahre intensiv mit der Analyse des Zuschauerverhaltens. Die zentrale Frage lautet: In welcher Stimmung und Alltagssituation befinden sich die Zuschauer zu welcher Tageszeit?
RTL hat es – wie auch die anderen privaten Anbieter – leichter, den Programmablauf auf die Bedürfnisse des gerade vor dem Fernseher versammelten Publikums zuzuschneiden. Anders als ARD und ZDF gibt es keinen Programmauftrag, der zur Abdeckung bestimmter Themen und zum Erreichen aller gesellschaftlichen Gruppen verpflichtet. Der Programmauftrag von RTL lautet: Masse.
Lacher zu Folge brauche man als Programmplaner bei RTL „neben viel Empathie und Spaß für das Medium Fernsehen auch ein vielfältiges Interesse für relevante Themen jenseits des Bildschirms“. Kernaufgabe sei es, „den Bedürfnissen, Themen und Sorgen der Zuschauer auf die Spur zu kommen“ und das dann so im Programm abzubilden, dass man „den Zuschauer in seiner jeweiligen Alltagssituation zu jeder Uhrzeit dazu einlädt, ins Programm zu kommen und ihn dann weiter durch den Tag führt“.
Planen könne man ein gute Quote nicht, sagt Jan-Peter Lacher. „Es gibt aber eine Reihe von Faktoren, die für einen Programmerfolg entscheidend sind und ihn wahrscheinlicher machen“. Dazu gehören für den RTL-Planer: „Ein relevantes Thema und Protagonisten, die dem Publikum in stark erzählten Geschichten Identifikationspotential bieten“. Beides sollte dann „in einer hohen Qualität umgesetzt und möglichst ideal eingeplant werden“, erklärt er.
Eine wichtige Basis für den Erfolg des Programms sieht man bei RTL auch in den Nachrichten- und Magazinformaten. Starke Informationsprogramme seien „wichtige Strukturelemente, die das Publikum durch den Tag geleiten“, so Lacher. Dadurch wissen die Stammzuschauer, welches Programm sie zu welcher Zeit erwartet. „Darüber hinaus spielen die Magazinformate eine entscheidende Rolle in der begleitenden Bewerbung der Unterhaltungsformate“, erklärt Lacher. Schließlich sind die Höhepunkte der Primtetime-Sendungen von RTL vorher und nachher auch in Magazinen wie „Punkt 12“ zu finden.