Im Programm und mancher strategischen Frage wird es also Kontinuität geben. Den Ausbau der Senderfamilie sieht Bellut wie Schächter mit dem Relaunch von ZDFinfo in diesem Herbst als abgeschlossen an. "Ich habe nicht den Ehrgeiz neue Kanäle zu gründen", sagte Bellut und erteilte einem gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Jugendkanal von ARD und ZDF damit vom Lerchenberg aus eine klare Absage. Aber gerade ZDFneo brauche mehr Aufmerksamkeit. Es gebe Anfangserfolge, aber: "Das muss besser werden". Der junge Sender solle eine "spürbare Stimme im Konzert der Fernsehsender" werden. Und generell gilt für Bellut: "Die Gebührenzahler müssen das Gefühl bekommen, bei uns etwas Besonderes zu bekommen." Das klang fast so als räume er ein, dass dem nicht immer so sei.

 

 

Die wirklichen Versäumnisse des ZDF liegen jedoch hinter den Kulissen. Noch eine Ebene hinter der Frage, wer Intendant auf dem Lerchenberg ist. Kern allen Übels der Öffentlich-Rechtlichen ist ein Fernsehrat, der so träge wie zahnlos ist. Der sich nur dann erregt, wenn es parteipolitisch gewollt ist wie bei der Frage des ZDF-Chefredakteurs. Sonst aber schweigt der Fernsehrat zu drängenden Fragen. Als ein Kontrollgremium über das, was mit den Geldern der Gebührenzahler veranstaltet wird, versagt er kläglich. Die Intendantenwahl zog jetzt plötzlich die Aufmerksamkeit aller auf sich, die gerne im ZDF etwas geändert sehen würden.

Doch kein Intendant würde ohne Zwang etwas ändern. Er ist immerhin auch der Kopf des Unternehmens ZDF und hat - ein selten betrachteter Blickwinkel -   Verantwortung für seine Mitarbeiter. Es ist ja gerade diese manchmal vielleicht verklärte Innensicht, die Beobachter von außen so erregt. Dass Intendanten nicht handeln, ist da schon eher nachvollziehbar. Eine grundlegende Veränderung der öffentlich-rechtlichen TV-Apparate müsste woanders beginnen. Doch in der Medienpolitik regiert die Gemütlichkeit, so auch im ZDF-Fernsehrat. Seit 2002 unter Vorsitz von Ruprecht Polenz beschäftigt sich der Fernsehrat mit dem Abnicken der vorgelegten Präsentationen. Natürlich gibt es immer wieder auch mal Kritik, heißt es an dieser Stelle immer wieder.

Aber wirklich Zähne gezeigt hat die Medienpolitik nur als es bei der Brender-Frage um handfeste eigene Interessen ging. Sonst sind die Sitzungen des Fernsehrats nur dazu da, abzunicken, was sie vom Lerchenberg vorgesetzt bekommen. Meist sofort, mal nach Detailänderungen im zweiten Durchgang. Doch der Fernsehrat reagiert nur statt zu agieren. Leider ist so ein Gremium nicht so sexy, nicht so greifbar in der Berichterstattung wie eine Intendantenwahl. Deswegen kocht die Aufregung darüber so selten hocn. Dabei wäre das dringend nötig. Vielleicht wird es künftig ja etwas einfacher: Immerhin kündigte Ruprecht Polenz am Freitag an, man überlege, ob Teile der Fernsehratssitzungen öffentlich gemacht werden sollten. Das wäre dann mal wirklich spannend: Zu sehen wie die Kontrolleure so kontrollieren - oder auch nicht.