Man hätte es kaum für möglich gehalten, doch es tut sich etwas bei Das Vierte - jenem Sender, der sich einst anschickte, mit dem Glanz von Hollywood den deutschen Fernsehmarkt aufzumischen. Doch dann kam Dmitry Lesnewsky. "Ich werde so viel investieren wie nötig, vielleicht 10 Millionen, vielleicht 40." Mit diesem Satz dürfte der russische Medienmann noch eine Zeit lang in Erinnerung bleiben. Er sagte ihn, kurz nachdem er Das Vierte kaufte. Das war Mitte 2008. Viel passiert ist bis heute nicht. Dabei sollte sich der Sender fest im deutschen Fernsehmarkt etablieren - schon lange bevor Lesnewski das Ruder übernahm.

Fast gleichzeitig bekam Deutschland im September 2005 zwei neue "Spielfilmsender" - und nicht wenige sagten Das Vierte eine deutlich erfolgreichere Zukunft voraus. Tele 5, das zwar schon 2002 wiederbelebt worden war, 2005 dann aber zum Spielfilmsender umgewandelt wurde, werde ein Abspielkanal für Kloibers Film-Archiv werden, war die in diesen Tagen vorherrschende Branchen-Meinung. Hinter Das Vierte hingegen stand schließlich der internationale Medien-Konzern NBC Universal, der endlich auch im Free-TV-Bereich in Deutschland richtig Fuß fassen wollte. Man gab sich großspurig bei Das Vierte, setzte auf den Claim "Wir sind Hollywood" und meinte: "Sie werden staunen, wie viel Hollywood in einen einzigen Sender passt".

Gestaunt hat man in den folgenden Jahren über Das Vierte tatsächlich so einige Male - aber eher aufgrund anderer Entwicklungen. Die Marktanteile stiegen zwar stetig an, allerdings längst nicht so schnell, wie man sich das bei NBC Universal vorgestellt hatte. Mit Kinderprogramm, Call-In, Erotik, Poker und selbst Kochsendungen versuchte sich Das Vierte schon gut ein Jahr nach dem Sendestart. Geholfen hat all das wenig, doch die Erkenntnis reifte, dass allein mit Hollywood - zumindest mit den Filmen, die NBC Universal zur Verfügung stellte - die Quotenziele nicht erreichbar waren. Die Lust auf den Sender hatten die Verantwortlichen auch angesichts ausbleibender Werbebuchungen wohl schon längst verloren.

Hinter den Kulissen streckte man um den Jahreswechsel 2008 bereits die Fühler nach Kaufinteressenten aus. Die Mission Eigenproduktion, mit der man sich ein neues Image aufbauen wollte, ging man dementsprechend halbherzig an. Heraus kam eine Schnipselshow wie "Autsch TV... das gibt's doch gar nicht." Tele 5 hielt zu diesem Zeitpunkt hingegen Kurs und erfreut sich noch heute wachsender Beliebtheit. Von Das Vierte kann man das nicht sagen: Die Quoten liegen inzwischen im kaum messbaren Bereich, ein Großteil des Programms besteht aus Ramsch und Wiederholungen. Dabei hatte Dmitri Lesnewski, der den Sender fortan leitete, noch großspurigere Ankündigungen im Gepäck als NBC Universal.

Im Eifer des Gefechts kündigte er den Ausbau zum Vollprogramm an, natürlich inklusive Nachrichten. Dass man mit der anfangs genannten Summe von zehn oder 40 Millionen Euro nur schwer ein Vollprogramm aus dem Boden stampfen kann, wird Lesnewski später wohl selbst bewusst geworden sein. Immerhin: Unter seiner Führung entstand die eigenproduzierte Sitcom "Ein Haus voller Töchter", die mit Grit Boettcher und Götz Otto sogar recht prominent besetzt war - ihr Publikum fand sie in der Nische aber erwartungsgemäß nicht. Auch Lesnewski, der zwischenzeitlich auch an N24 Interesse zeigte, schien nicht mehr weiter zu wissen.

2010 wollte er seinen Sender daher wieder verkaufen. Als neuer Eigentümer war die Spirit on Media Group im Gespräch: Deren deutsche Tochter Phoenix Medien sollte den Sender wieder in die Spur bringen, konnte jedoch die Kaufsumme offensichtlich nicht aufbringen. Und so hat Dmitri Lesnewski auch weiterhin das Sagen bei Das Vierte - bei einem Sender, dessen Programm nur noch Fassade ist. "Wir haben den Sender innerhalb von zwei Jahren profitabel gemacht", sagte Lesnewski einmal. Das mag er erreicht haben. Den Anspruch auf gutes Programm scheint er dabei jedoch auf der Strecke gelassen zu haben. Für die Inhalte hat sich aber ohnehin schon lange niemand mehr interessiert. Umso gespannter darf man sein, welche Pläne der neue Eigner Disney hat. Klar ist aber schon jetzt: Eigentlich kann es nur besser werden.

Dieser Artikel erschien schon einmal im Jahr 2011 in ähnlicher Form.

Mehr zum Thema