Gut drei Jahre ist es her, dass die UFA ihre strategische Neuausrichtung unter dem Motto "One UFA" startete, um die kreative Zusammenarbeit zwischen den Produktionseinheiten zu stärken. Am Dienstagabend zog UFA-CEO Wolf Bauer eine positive Bilanz. Derzeit sei das Produktionshaus für elf Sender tätig, liefere rund 2400 Programmstunden im Jahr, darunter 800 Erstausstrahlungen, und verfüge über 25 langlaufende Formate. Durch die Auflösung der unterschiedlichen Labels und die klarere Aufteilung in UFA Fiction, UFA Serial Drama und UFA Show & Factual hat sich auch die Sichtbarkeit der Marke erhöht. "Wir sehen weiter ein gutes Wachstum in einer von digitaler Transformation geprägten Medienwelt", sagte Bauer in Berlin und erklärte zugleich: "Wir müssen noch innovativer sein, um die neuen Chancen zu nutzen."

Das soll unter anderem dadurch gelingen, dass die Units stärker übergreifend gesteuert werden. UFA-Fiction-Co-Geschäftsführer Joachim Kosack ist auch in die Leitung von UFA Serial Drama gerückt, aus der sich Rainer Wemcken im kommenden Jahr zurückziehen wird. Seine Position dort übernimmt Markus Brunnemann, ebenfalls Co-Chef bei UFA Fiction, wo zuletzt Benjamin Benedict, Sebastian Werninger und Jörg Winger Verantwortung übernommen haben (DWDL.de berichtete).

"Charité", Luther, "Deutschland 86"

Zu den Prestige-Projekten der Fiction-Unit gehören unter anderem die sechsteilige historische Krankenhausserie "Charité" von Sönke Wortmann, die im Frühjahr am Dienstagabend im Ersten laufen soll. Das ZDF zeigt die drei mal 90 Minuten lange Oliver-Hirschbiegel-Produktion "Der gleiche Himmel", ein Gesellschaftsporträt in Zeiten des Kalten Krieges. Außerdem steht im Luther-Jahr der Zweiteiler "Himmel und Hölle" von Uwe Janson auf dem Programm (ebenfalls ZDF). UFA-Co-CEO Nico Hofmann will zudem das Leben von Siegfried & Roy verfilmen. "Die UFA ist im High-End-Drama-Bereich gut aufgestellt für den internationalen Wettbewerb", gab sich Wolf Bauer überzeugt.

Das liegt nicht zuletzt auch am Schub, den zwei weltweit beachtete Produktionen gebracht haben: Zum einen das KZ-Drama "Nackt unter Wölfen" von Philipp Kadelbach, zweifach Emmy-nominiert und bei Netflix auch für amerikanische Zuschauer abrufbar. Und natürlich der Serienhit "Deutschland 83", für den endgültig die Fortsetzung "Deutschland 86" bestätigt wurde.

Bereits im August hatte DWDL.de berichtet, dass Amazon Prime Video dabei als neuer Hauptauftraggeber gehandelt wird. Eine offizielle Bestätigung dazu steht weiter aus. Auf die Frage, wie wahrscheinlich es sei, dass "Deutschland 86" Premiere bei einem großen Privatsender feiere, antworten Gesprächspartner aber: eher klein. Klar ist: Die Drehbücher sind in Arbeit, aber noch nicht fertig; und Jonas Nay soll auch in der zweiten Staffel die Hauptrolle übernehmen. Wahrscheinlich ist, dass RTL als Partner beteiligt bleibt, allerdings mit einem geringeren Investment – und Amazon dafür den Vortritt lässt. Im linearen TV liefe "Deutschland 86" dann verzögert und wohl nicht mehr zur Hauptsendezeit. Im Erfolgsfall wäre das ein interessantes Modell für weitere Kooperationen zwischen Streaming-Anbietern und TV-Sendern – und auch aus Produzentensicht reizvoll, um aufwändigere Projekte zu verwirklichen, die nicht unmittelbar auf den Mainstream zielen.

"Modern Soaps" für die Daytime

UFA Serial Drama bemüht sich derweil, nach dem schnellen Aus für die Sat.1-Soap "Mila" im vergangenen Jahr neue Erzählformate für Daytime und Vorabend zu entwickeln, die sich mit überschaubarem Aufwand testen und umsetzen lassen. Die so genannte "Light Fiction" erinnert an Scripted-Formate wie "Berlin - Tag & Nacht". In erster Linie geht es um eine günstige Produktionsweise, zugleich sollen die Entwicklungen aber eher in Richtung "Modern Soap" steuern.

Zu den ersten Tests gehört "Junge Polizisten"/"Die jungen Bullen", das am 21. November um 17 Uhr bei RTL II startet, vermutlich unter dem etablierten "Straßencops"-Label. Die Reihe begleitet fünf junge Polizisten beim Einstieg in den Berufsalltag. Um günstiger zu produzieren, wird mit Handlungsabläufen statt Drehbüchern gearbeitet, ein Teil der Dialoge ist improvisiert. Die Darsteller sind nicht zwangsläufig ausgebildete Schauspieler, sondern Laien, zum Teil tatsächliche Polizisten, die für die Dreharbeiten vorübergehend freigestellt wurden. Die Geschichte der "jungen Bullen" ist horizontal erzählt, dennoch biete jede Folge ein abgeschlossenes Seherlebnis, erklärt Markus Brunnemann im Gespräch mit DWDL.de: "Wir wollen Charaktere und Helden schaffen, die uns auf lange Zeit begleiten."

Für den späteren Abend bei RTL wird das britische Ermittler-Format "Suspects" (Channel 5) adaptiert, bei dem Verbrechen im Doku-Stil gelöst werden und Dialoge ebenfalls weitgehend improvisiert sind, um authentischer zu wirken. Als weiteres Projekt ist eine Daytime-Reihe für Sat.1 von Produzent und "Schulermittler"-Erfinder Dirk Scharrer in Planung, die ebenfalls im Schulumfeld angesiedelt sein soll und einen Lebenshilfe-Schwerpunkt haben wird.

Die Marke UFA wird 100

In Sachen Show & Factual verlässt sich die UFA im Wesentlichen auf langlaufende Hits wie "Das Supertalent" bzw. "DSDS", freut sich über den Erfolg des ARD-"Vorabendretters" "Wer weiß denn sowas?" und liefert bekanntermaßen mit "Familien Duell" bzw. "Ruck Zuck" zwei der Gameshow-Neuauflagen für RTL plus. Darüber hinaus sind vier weitere Folgen des neuen ProSieben-Formats "Risky Quiz" angekündigt. Die Kollegen vom UFA Lab haben nach dem Start des Reportage-Formats "Jäger & Sammler" für das ARD/ZDF-Jugendangebot funk weitere Piloten in Arbeit und setzen verstärkt auf Produktionen mit Markenpartner wie Bebe Young Care (Johnson & Johnson) und Smart, um Youtube-Inhalte zu erstellen.

Und dann stehen im kommenden Jahr auch noch zwei Jubiläen an: Zum einen wird "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" in 2017 ganze 25 Jahre auf Sendung sein. Außerdem feiert die UFA selbst als "eine der ältesten Unterhaltungsmarken der Welt" (Wolf Bauer) ihren 100. Geburtstag. Der Noch-CEO verspricht: "Wir werden das entsprechend zelebrieren." Und gibt die Leitung der Firma im Laufe des Jahres schließlich an seinen Nachfolger (und jetzigen Co-CEO) Nico Hofmann ab, der in Berlin erklärte: "Für mich ist das ein gewisser Abschied vom eigentlichen Produzentenberuf." Gleichzeitig ein Unternehmen wie die UFA zu führen und einen Job zu machen, "bei dem Sie nie zur Ruhe kommen" ("Nicht nur Maria Furtwängler ruft an. Alle anderen rufen auch an!"), sei nicht möglich.

Vermutlich muss sich Hofmann aber keine Sorgen machen, dass bei ihm als UFA-Chef künftig seltener das Telefon klingelt.