In den neun Monaten zwischen September 2016 und Mai 2017 lief es für Vox in keinem Monat schlechter als im Jahr zuvor. Und während in der vorhergehenden Saison 7 Prozent das höchste der Gefühle waren, kratzte Vox insbesondere im Herbst diesmal schon an der 8-Prozent-Marke. Davon ist man inzwischen wieder ein Stück weit entfernt - doch mit Blick auf die Quoten fällt die Saisonbilanz für Vox rundum positiv aus. Das liegt daran, dass man nun gewissermaßen die Ernte vieler in den Jahren zuvor gesäten Programmentscheidungen einfährt.

Die Grundlage des breiten Aufschwungs findet man dabei schon am Nachmittag. Obwohl "Verklag mich doch" ein Garant für starke Quoten war, entschied die Vox-Führung um Bernd Reichart schon zum Jahreswechsel 2015, künftig auf Scripted Reality mit Laiendarstellern zu verzichten und stattdessen auf Dokusoaps mit echten Menschen zu setzen. Durch konsequente Entwicklungsarbeit hat man es inzwischen geschafft, der schon lange erfolgreichen "Shopping Queen" weitere erfolgreiche Formate wie "4 Hochzeiten und eine Traumreise" und "Zwischen Tüll und Tränen" zur Seite zu stellen, die allesamt regelmäßig für zweistellige Marktanteile gut sind. Auch "Mein Kind, dein Kind" schlägt sich um 14 Uhr ordentlich. Vox kann tagsüber damit nun auf ein homogen wirkendes Line-Up bauen, das trotzdem unterschiedliche Themen - von Kindererziehung über Mode bis Hochzeit - bedient und damit keine so gefährliche Monokultur ist wie man sie andernorts beobachten kann.

In der Primetime wiederum erwies sich Vox als Meister der Pflege seiner in den letzten Jahren Stück für Stück aufgebauten Eigenproduktions-Riege. Viele davon konnten in der letzten Saison nochmal eine Schippe drauf legen. Die zweite Staffel "Club der roten Bänder" hatte im Schnitt nochmal fast 3 Prozentpunkte mehr als die erste Staffel, die Quoten der "Höhle der Löwen" explodierten zur dritten Staffel regelrecht, "Kitchen Impossible" wurde zum neuen Hit am Sonntag, auf "Sing meinen Song" kann sich Vox auch ohne den ohnehin umstrittenen Xavier Naidoo verlassen und "Ewige Helden", das in der ersten Staffel noch blass blieb, mauserte sich in der zweiten Runde doch noch zum schönen Erfolg.

Was Vox in dieser Saison allerdings nicht gelang war, sich ein weitere Genre zu erschließen und diesem doch ziemlich beeindruckenden Portfolio hinzuzufügen. Die Hoffnungen lagen auf dem Talk-Genre, doch sowohl "Fremde Freunde - Die unerwartete Begengung" als auch "The Story of my Life" fielen beim Publikum durch. Bei der Konkurrenz dürfte man fast erleichtert gewesen sein, dass Vox eben doch nicht alles gelingt. "The Story of my Life" hätte beinahe noch "Meylensteine" und "One Night Song" mit in die Tiefe gerissen, ersteres läuft nun nach "Sing meinen Song" aber deutlich besser. Nicht der große Hit, aber zumindest recht respektabel schlug sich unterdessen "6 Mütter", das im Anschluss an "Geschickt eingefädelt" zu sehen war - ebenfalls ein Format, das solides Mittelmaß lieferte.

Und Eigenproduktionen, selbst wenn sie nur solide laufen, kann Vox dringend gebrauchen - denn das große Sorgenkind sind wie bei vielen anderen deutschen Sendern auch die Lizenz-Serien. Auch wenn man inzwischen einen der vorher drei Serienabende abgeschafft hat, machen auch die anderen beiden Probleme. "Rizzoli & Isles", lange Zeit der Stützpfeiler des Mittwochabends, ist zu Ende gegangen und hatte zuletzt ohnehin schon nachgelassen, der "Chicago"-Serien-Dreierpack konnte dem Freitag nicht wie erhofft neuen Schwung verleihen. Und internationale Serien-Koproduktionen sind auch nicht das Allheilmittel, wie das inhaltlich wie aus Quotensicht enttäuschende "Ransom" zeigte. Dass Vox heute bei einem ähnlichen Quotenniveau steht wie vor zehn Jahren - was ohnehin kaum ein Konkurrent von sich behaupten kann - ist angesichts dessen um so bemerkenswerter. Damals dominierten nämlich zugekaufte US-Formate die Quotencharts, heute sind es die Sorgenkinder, während Vox von Eigenproduktionen nach oben gezogen wird.

Damals gehörte übrigens auch das "Perfekte Dinner" noch zu den größten Quotenhits von Vox. Heute zählt es eher zu den Schwachstellen des Programms und kann ähnlich wie "Hautnah: Die Tierklinik" nicht ganz mit dem glänzenden Nachmittag mithalten. Akuter Handlungsdruck besteht hier noch nicht, die Quoten sind solide. Aber das ein oder andere Experiment am Vorabend käme in absehbarer Zukunft auch nicht überraschend.