Wenn es um erfolgreiche Daily-Soaps geht, schreiben Journalisten meist gern über "Gute Zeiten Schlechte Zeiten", das sich wie kein anderes Format in diesem Bereich etabliert hat. Neben dieser Daily, den anderen RTL-Formaten und den Serien im Nachmittagsprogramm des Ersten gibt es aber noch eine weitere Serie, die immer mal gerne unterschlagen wird, aber erfolgreich wie eh und je unterwegs ist: "Dahoam is Dahoam". Die Daily des BR feiert in diesen Tagen zehnjähriges Jubiläum - ein Ende des Dauerbrenners ist nicht abzusehen.

Schon als "Dahoam is Dahoam" 2007 gestartet ist, hatte man in München hohe Ansprüche, man kündigte die Serie groß als "Flaggschiff des BR" an. Das hätte natürlich auch in die Hose gehen können, denn auch vor zehn Jahren war eine tägliche Serie kein Selbstläufer. Heute ist "Dahoam is Dahoam" tatsächlich eines der BR-Flaggschiffe und eine der erfolgreichsten Marken des Senders. Und nach wie vor ist es die einzige tägliche Serie eines Dritten Programms. "Wenn man eine starke emotionale Bindung des Publikums möchte, ist eine Daily das richtige Programm dafür, allerdings mit hohem Erfolgsrisiko", sagt BR-Fernsehdirektor Reinhard Scolik im Gespräch mit DWDL.de. Die Serie schaffe Zuschauerbindung und Identifikation - "etwas, was sich gewiss jedes Dritte Programm wünscht".


Und dennoch war es für den BR 2007 natürlich ein großes Risiko, mit einer täglichen Serie on Air zu gehen. Neben dem unkalkulierbaren Zuschauerinteresse gab und gibt es auch immer wieder Kritik, warum ein öffentlich-rechtlicher Sender eine Daily-Soap im Programm haben muss. Trotzdem musste Gerhard Fuchs, BR-Fernsehdirektor zwischen 1995 und 2012, damals nicht viel Überzeugungsarbeit im Sender leisten, um grünes Licht für das Projekt zu bekommen. "Den Gremien war diese Programmidee sehr schnell nahezubringen", sagt er heute gegenüber DWDL.de. Mit dem Programm habe man nicht nur neue Zuschauer zum Sender geholt, sondern auch das Vor- und Nachprogramm gestärkt.

Fuchs war damals auch ARD-Koordinator für das Vorabendprogramm im Ersten und zuständig unter anderem für "Rote Rosen", "Sturm der Liebe", "Marienhof" und "Verbotene Liebe". Mit täglichen Serien kannte er sich damals also schon aus. "Deshalb waren meine Zweifel sehr überschaubar", sagt Fuchs heute. "Die Kunst lag darin, die Erfahrung nationaler Dailys für das bayerische Publikum zu nutzen, das mit Recht besondere Ansprüche hat." Heute kann man festhalten: Sowohl dem Sender als auch die zuständige Produktionsfirma Constantin Television ist das geglückt. An "Dahoam is Dahoam" waren übrigens heute sehr bekannte Medien-Persönlichkeiten beteiligt: So wirkte Fred Kogel damals ebenso an der Serie mit wie Bettina Reitz. Kogel wurde später Chef von Constantin Medien, Reitz Fernsehdirektorin des BR und danach Präsidentin der Hochschule für Fernsehen und Film München.

Bei der Location half der Zufall

Eine tägliche Serie war 2007 jedoch für alle Mitarbeiter im Sender neu - zudem ging damals alles ganz schnell. Um den Jahreswechsel 2006/2007 herum gab es eine Ausschreibung, bei der verschiedene Produzenten ihre Ideen einreichen konnten. Weil ab Oktober schon die ersten Folgen zu sehen sein sollten, musste schon ab Sommer gedreht werden. Die Suche nach einer passenden Location gestaltete sich zunächst aber schwieriger als gedacht. Fest stand nur von Anfang an: Im Haus des BR war für die große Produktion kein Platz. Auch ein Neubau war unrealistisch - zwischen Planungs- und Drehbeginn lagen nur zwei Monate. Und so machte sich vor allem der damalige Produktionsleiter Roland Weese mit seinen Mitarbeitern auf die Suche nach geeigneten Orten.

Weese besichtigte mehr als 30 Industriehallen in München und Umgebung, in alle hätte man aber noch massiv investieren müssen. Kurz bevor man den Vertrag für ein Grundstück in Aschheim unterschrieb, half der Zufall: Zwei Mitarbeiter des BR entdeckten auf dem Heimweg in Dachau verlassene Gebäude mit einem benachbarten aufgelassenen Industriegelände. Sofort wurde der Eigentümer kontaktiert, der schon am nächsten Tag aus Mannheim anreiste. Noch am gleichen Abend wurde der Mietvertrag unterzeichnet. "Der Mann hatte so etwas noch nie erlebt", sagte Weese damals. "Hätte man von Anfang an gewusst, dass die Serie über einen so langen Zeitraum so erfolgreich läuft, hätte man das ein Grundstück vielleicht auch kaufen können", sagt Weese im Gespräch mit DWDL.de. Nur: Dass "Dahoam is Dahoam" so ein Erfolg wird, wusste damals natürlich niemand. Man stelle sich nur die Schlagzeilen vor, wäre die Serie nach acht Wochen beendet worden und der BR hätte ein 15.000 Quadratmeter großes Grundstück am Bein gehabt. "Ich bin der Meinung, dass die Miete die richtige Entscheidung war", so der damalige Produktionsleiter.

"Das Grundstück für die Serie herzurichten war eine wahnsinnige Arbeit", sagt Weese. So entstand innerhalb weniger Wochen der fiktive Ort Lansing, inklusive Gasthaus, Biergarten, Kirche und Apotheke. "Das Budget wurde damals gedeckelt, damit die Kosten nicht aus dem Rahmen fallen." Anfangs gab es auf dem Grundstück noch viel Vandalismus, berichtet Weese. Er stellte daraufhin Sicherheitspersonal ein und ließ einen Zaun rund um das Areal bauen. Das kam wiederum vor Ort nicht bei jedem gut an. Ein Zaun in Dachau - das sorgte für negative Assoziationen. Die Diskussion verlief sich irgendwann, auch der Vandalismus hörte auf.

So konnte man die Mitarbeiter wieder mit einer schönen Aufgabe beschäftigen.

Ex-BR-Produktionsleiter Roland Weese 

Wie zur damaligen Zeit üblich, wurden Serien und Filme verstärkt an externe Produktionsunternehmen verlagert. BR-Mitarbeiter aus den Bereichen Bühnenbild, Maske, Kulisse und einigen anderen hatten dadurch weniger zu tun. Bei "Dahoam is Dahoam" entschied sich der BR für einen Mittelweg: Drehbücher und der sonstige Inhalt kamen von Constantin, man selbst war mit eigenen Mitarbeitern für Requisite, Licht, Ton, Kamera und die Kulisse verantwortlich - bis heute ist das so. "So konnte man diese Mitarbeiter wieder mit einer schönen Aufgabe beschäftigen. Entsprechend motiviert waren alle, teilweise wurde wirklich Tag und Nacht durchgearbeitet", sagt der ehemalige Produktionsleiter Weese heute. "Wenn man das, was der BR mit seinen eigenen Mitarbeitern geleistet hat, ausgelagert hätte, hätte man mit der Produktion niemals so früh beginnen können."

Doch es gab gerade auch in den Anfangszeiten auch noch viele Probleme. Vor allem das schnelle Produzieren sorgte bei vielen am Set zunächst für Schwierigkeiten. "Wir mussten uns da völlig umstellen", sagt Weese. "Diese neue Art des Produzierens führte zunächst zu erheblichem Mehraufwand, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Die theoretisch geplante Produktionszeit haben wir am Anfang nicht einhalten können, weil sich alle erst mal einarbeiten mussten." Inzwischen hat man diese Probleme ganz gut in den Griff bekommen.

Gast-Auftritte zum Geburtstag

Für viele Bayern ist "Dahoam is Dahoam" auch zehn Jahre nach dem Start noch ein wichtiger Ankerpunkt im täglichen Programm. Bundesweit kommt die Serie immer wieder auf bis zu eine Million Zuschauer. Viele Protagonisten sind seit der ersten Folge mit dabei: Ursula Erber, Heidrun Gärtner, Brigitte Walbrun, Bernhard Ulrich, Harry Blank, Tommy Schwimmer, Werner Rom und Horst Kummeth sorgen seit 2007 für eine große Konstanz im Cast. Doch wie hält man eine solche Serie mit all den Urgesteinen nach den ganzen Jahren frisch? Daniela Boehm, Redakteurin der Serie, erklärt: "Inhaltlich achten wir auf einen ausgewogenen Mix aus Tradition sowie modernen Themen und Schicksalen, damit Zuschauer aller Generationen ihre Lebensrealität wiederfinden."

Zudem wolle man die Zuschauer in wohldosierten Mengen überraschen - beispielsweise durch Gastauftritte. Davon gibt es nun zum Jubiläum einige: Der bekannteste Gast-Darsteller ist wohl Torwart-Legende Sepp Maier. Auf Politiker-Auftritte, wie der von Markus Söder im vergangenen Jahr, der dem Sender neben Spott und Häme auch viel ernstzunehmende Kritik einbrachte, verzichtet der BR zum Jubiläum. Gast-Auftritte werden aber auch künftig die Ausnahme bleiben. Im Mittelpunkt stehen die Brunners, die Kirchleitners und die Preissingers. Gesichert ist der Nachschub an neuen Folgen noch bis Mitte 2018. Eine Verlängerung der Serie dürfte aber nur reine Formsache sein - trotz der aktuellen Sparmaßnahmen und sonstigen Probleme des Senders.

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