Eine tägliche Serie zu starten, war schon immer riskant. In diesen Tagen scheint das Risiko allerdings noch ein wenig größer zu sein. Seit Wochen schwächelt die RTL-Soap "Freundinnen - Jetzt erst recht!" und Sat.1 hat zuletzt mit "Alles oder nichts" am Vorabend mitunter nicht mal drei Prozent Marktanteil eingefahren. Ungeachtet dessen steht bei RTL II jetzt das nächste Projekt bevor: "Leben. Lieben. Leipzig." soll nach Möglichkeit die dritte erfolgreiche Daily des Senders werden, der vor einigen Jahren erst mit "Berlin - Tag & Nacht" und schließlich mit "Köln 50667" den Soap-Markt nachhaltig aufmischte.

"Eine Daily zu etablieren, war schon immer eine Herausforderung", sagt Tom Zwiessler, Bereichleiter Programm bei RTL II, im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de, auf die Frage, wie er den Markt bewertet. "Es kommt primär darauf an, mit dem Inhalt und den Charakteren einen Nerv zu treffen. Der Wunsch nach gut gemachten Serien ist ja auf jeden Fall da. Inhalte, die explizit für den deutschen Markt gemacht sind, haben meiner Meinung nach Potenzial." Eben dieses Potenzial sieht Zwiessler in "Leben. Lieben. Leipzig", auch wenn man schon zwei Serien mit ähnlicher Ausrichtung zeigt.

Tom Zwiessler© RTL II
Doch der Erfolg gibt dem Sender recht: "Berlin - Tag & Nacht" erreicht im siebten Jahr im Schnitt 15,6 Prozent Marktanteil in der jungen Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen, "Köln 50667" liegt sogar noch etwas darüber. "Wir glauben, dass es in diesem Erzählkosmos noch Platz für weitere Städte gibt", zeigt sich Zwiessler (Foto) überzeugt. Es passe zu RTL II als Reality-Sender, "wenn unsere Formate eine regionale Identität haben und damit Identifikationsflächen und -figuren bieten, nach denen gerade die junge Zielgruppe vermehrt sucht". Damit nichts schiefgeht, spendiert man "Leben. Lieben. Leipzig" zum Start sogar einen Sendeplatz direkt nach "Berlin - Tag & Nacht" - in der Primetime.

Dem Zufall wollen RTL II und die Produktionfirma Filmpool, die schon die Soaps aus Berlin und Köln verantwortet, also nichts überlassen, weshalb die Zuschauer in der neuen Soap über eine Leipziger WG auf Janine Pink treffen werden, die zuvor schon mehrere Jahre in "Köln 50667" zu sehen war und der neuen Soap möglichst viel Aufmerksamkeit bescheren soll. Und doch soll sich der Neustart abgrenzen von den bestehenden Serien. "Leben. Lieben. Leipzig" soll "teils noch ein wenig schneller und krasser als 'BTN' und 'Köln 50667"' daherkommen, sagt Felix Wesseler, Head of Operations bei Filmpool, "mit teils fast schon absurden und dennoch hochemotionalen Geschichten".

Felix Wesseler© filmpool
Wie schwer es ist, eine tägliche Serie zu etablieren, weiß man aber auch in Köln. "Kaum ein anderes Format als die Dailysoap garantiert einem Sender - und übrigens theoretisch auch einem VoD-Anbieter - auf Jahre täglich so verlässliche Einschaltimpulse", betont Wesseler (Foto) gegenüber DWDL.de. "Der Haken ist, dass Soaps länger brauchen, um ihre Zuschauer zu binden, und der Erfolg natürlich nie garantiert ist. Dennoch: Jeder Programmanbieter, der eine Differenzierungsstrategie wählt, tut gut daran, mindestens eine Soap im Portfolio zu haben." Ein Blick auf den internationalen Content-Markt bestätige das. "Daran ändern auch Misserfolge nichts, die wir alle mal haben."

Und doch stellt sich die Frage, weshalb RTL II zunächst nur 15 Folgen von "Leben. Liebe. Leipzig" in Auftrag gegeben hat, wenn möglicherweise ein langer Atem vonnöten ist. Programmchef Tom Zwiessler erklärt, die Serie gehöre zu mehreren Formaten, die man am Vorabend teste. "Nach Abschluss dieser Pilotphase entscheiden wir über die Zukunft." Klar ist jedoch schon jetzt, dass  "Krass Schule" weitergehen wird. Die soapige Scripted Reality hat sich auf dem Sendeplatz vor "Köln 50667" gut entwickelt und zählte jüngst sogar zu den beliebtesten Formaten beim Abrufdienst TVNow. Zurücklehnen will sich der Sender aber nicht. Sollte auch "Leben. Lieben. Leipzig" funktionieren, hätte RTL II also im besten Fall ein Luxus-Problem.